Rz. 34

Nach Abs. 2 Nr. 1 tritt die Zinspflicht auch dann ein, wenn sich das gerichtliche Rechtsbehelfsverfahren durch Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts oder durch Erlass des beantragten Verwaltungsakts erledigt hat. Die Vorschrift ist eine Verweisungsnorm sowohl bezüglich des Rechtsgrunds als auch der Rechtsfolgen.[1] Prozesszinsen können jedoch nur zuerkannt werden, wenn der erledigte Rechtsstreit für die Herabsetzung der Steuer ursächlich war.[2]

Nach § 132 S. 1 AO sind Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten auch während eines finanzgerichtlichen Verfahrens möglich. Ob die Änderung oder Aufhebung den ursprünglichen Bescheid oder einen Änderungs- oder Berichtigungsbescheid betrifft, ist ohne Bedeutung. Auch Grund und Motiv der Änderung spielen keine Rolle. Sie können auf einer höchstrichterlichen Entscheidung in einem Musterprozess, auf der besseren Erkenntnis der Finanzbehörde, auf der Anweisung einer vorgesetzten Behörde oder auf irgendeinem anderen Grund beruhen. Auch kommt jede Rechtsgrundlage für die Aufhebung oder Änderung in Betracht. Regelmäßig wird die Rechtsgrundlage in § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO zu finden sein, sie kann aber auch in §§ 129, 164, 165, 172ff. AO und anderen Vorschriften liegen. Entsprechendes gilt für den Erlass eines Verwaltungsakts zur Erledigung des Klageverfahrens, der regelmäßig in Gewährung einer Steuervergütung bestehen wird.

Im Fall der vollständigen Erledigung des Rechtsstreits durch Änderung, Aufhebung oder Erlass des Verwaltungsakts ist es nicht von Bedeutung, in welcher Form das Klageverfahren beendet wird. Wird anstatt der Erledigungsklärung vom Kläger die Klage in Verkennung der Rechtslage zurückgenommen, so beeinträchtigt dieses die Erstattungszinsen nicht. Die Kostenpflicht des Klägers in diesem Fall lässt wegen des zwingend anzuwendenden § 136 Abs. 2 FGO den Zinsanspruch wegen Unanwendbarkeit des Abs. 3 nicht entfallen.[3] Etwas anderes gilt nur, wenn dem Kläger gem. § 236 Abs. 3 AO die Kosten nach § 137 S. 1 FGO tatsächlich auferlegt worden sind.

Erledigt sich der Rechtsstreit durch Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts nur teilweise, so ist der insoweit anfallende Erstattungsbetrag noch nicht zu verzinsen.[4] Dies soll sich daraus ergeben, dass der Teilabhilfebescheid den Rechtsstreit noch nicht beendet. Dies gilt in jedem Fall dann, wenn es sich um einen nicht teilbaren Klagegegenstand handelt. Bei einem teilbaren Klagegegenstand ist jedoch eine Verzinsung[5] auszusprechen, wenn sich die Sache durch Teilurteil gem. § 98 FGO oder Endurteil erledigt hat.[6]

[1] BFH v. 15.10.2003, X R 48/01, BStBl II 2004, 169. FG Hamburg v. 22.2.2019, 4 K 123/18, EFG 2019, 1062, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, AZ. des BFH: VII B 40/19.
[2] BFH v. 15.10.2003, X R 48/01, BStBl II 2004, 169; FG Hamburg v. 22.2.2019, 4 K 123/18, EFG 2019, 1062, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, AZ. des BFH: VII B 40/19.
[3] BFH v. 11.4.2013, III R 11/12, BStBl II 2013, 665; ebenso Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 236 AO Rz. 16; vgl. auch Weigel, AO-StB 2012, 181.
[5] Vorbehaltlich § 236 Abs. 3 AO.
[6] Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 236 AO Rz. 22.

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