Rz. 30

Zinsschuldner ist nach Abs. 1 S. 2 grundsätzlich derjenige, zu dessen Vorteil die Steuern hinterzogen worden sind. Dies ist der Schuldner der verkürzten Steuern, nicht jedoch die anderweitig an der Steuerverkürzung interessierte Personen. Als Vorteil kann – wie bei der Formulierung des § 371 Abs. 3 AO zur Selbstanzeige – nur ein steuerlicher Vorteil gemeint sein.[1] Derjenige, der tatsächlich den Vorteil aus der verspäteten Steuerentrichtung nach Aufdeckung hat, soll diesen Vorteil wieder herausgeben.[2]

 

Rz. 31

Eine GmbH schuldet daher Hinterziehungszinsen für Steuern, die ihr Geschäftsführer zu ihrem Vorteil hinterzogen hat.[3] Der Hinterzieher und Täter sowie der Steuerschuldner müssen nicht ein und dieselbe Person sein. Auch der gutgläubige Tatmittler, der aufgrund fingierter Rechnungen Vorsteuern in Anspruch genommen hat, ist Schuldner von Hinterziehungszinsen.[4]

Hinterziehungszinsen können auch nach dem Tod des Stpfl. festgesetzt werden.[5] Im Übrigen kommt es auf die wirtschaftlichen Vor- oder Nachteile nicht an.[6] Daher ist auch bei einer Hinterziehung von USt durch zu hohen Vorsteuerabzug die mögliche oder tatsächliche Steuerzahlung kein Grund zum Entfallen der Hinterziehungszinsen.[7] Zu betrachten ist ausschließlich der unmittelbare steuerliche Vorteil.

 

Rz. 32

Der nach § 71 AO haftende Steuerhinterzieher ist nicht Zinsschuldner nach § 235 AO; deswegen sieht § 71 AO ausdrücklich seine Haftung auch für die Hinterziehungszinsen vor.[8] Die nach §§ 34, 35 AO verpflichteten Personen gehören dabei nicht zu den Zinsschuldnern, da die Steuerhinterziehung nicht ihnen selbst, sondern der Person bzw. dem Gebilde unmittelbar zuteil wird, für die bzw. das sie tätig sind.[9] Das vorschriftswidrige Verbringen von Gegenständen in das EU-Zollgebiet erfolgt nicht zugunsten einer Person i. S. d. § 235 Abs. 1 S. 2 AO, die die Waren erst nach Abschluss des Verbringens ankauft und dadurch eine Steuerhehlerei begeht.[10]

 

Rz. 33

Da die Steuerhinterziehung auch zugunsten eines anderen begangen werden kann[11], braucht der Zinsschuldner weder als Täter noch als Teilnehmer an der Steuerhinterziehung beteiligt gewesen zu sein.[12] Der Zinsschuldner braucht an der Steuerhinterziehung in keiner – z. B. strafrechtlich nicht relevanter – Weise mitgewirkt zu haben.[13] Umgekehrt schuldet daher auch nicht jeder Steuerhinterzieher Hinterziehungszinsen, er haftet allerdings nach § 71 AO für sie. Im Fall des Todes des Steuerschuldners oder im Fall einer anderen Gesamtrechtsnachfolge ist der Gesamtrechtsnachfolger Zinsschuldner.

 

Rz. 34

Werden durch Verkürzung einer Haftungsschuld Steuern hinterzogen, so ist der Haftungsschuldner derjenige, zu dessen Vorteil Steuern hinterzogen worden sind. Er ist also der Zinsschuldner.

[2] Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 235 AO Rz. 29; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 235 AO Rz. 14.
[3] BFH v. 18.7.1991, V R 77/87, BFH/NV 1992, 150; Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 235 AO Rz. 29..
[5] BFH v. 27.8.1991, VIII R 84/89, BStBl II 1992, 1; Klein/Rüsken, AO, 15. Aufl. 2020, § 235 Rz. 9.
[8] Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 235 AO Rz. 31; BFH v. 11.5.1982, VII R 97/81, BStBl II 1982, 689; BGH v. 22.7.1987, 3 StR 224/87, HFR 1988, 244.
[9] Im Ergebnis ebenso Hild/Hild, BB 1984, 2059.
[10] FG Hamburg v. 13.9.2018, 4 K 122/17, BeckRS 2018, 31703.

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