Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Inanspruchnahme eines Steuerhehlers für Hinterziehungszinsen nach § 235 AO

 

Leitsatz (amtlich)

Die durch das vorschriftswidrige Verbringen von Gegenständen in das EU-Zollgebiet erfüllte Steuerhinterziehung erfolgt nicht "zugunsten" im Sinne von § 235 Abs. 1 S. 2 AO einer Person, die die Waren nach Abschluss des Verbringens ankauft und dadurch eine Steuerhehlerei begeht.

 

Normenkette

AO §§ 235, 374

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Zinsen auf Zoll.

Nach den polizeilichen Ermittlungen hätten am 26.05.2014 zwei Zeugen beobachtet, wie der gesondert verfolgte A auf einem näher bezeichneten Parkplatz an der Autobahnabfahrt B an den Fahrer eines Kleintransporters Ford Transit, dessen Halterin die Mutter des Klägers ist, Zigaretten gegen eine größere Menge an Geldscheinen ausgetauscht habe. Noch am selben Tag sei die Anschrift der Halterin des Ford Transit aufgesucht worden. Dort sei der Kläger als Nutzer des Fahrzeugs festgestellt worden. Das Haus des Klägers sei anschließend mit seiner Einwilligung in Augenschein genommen worden. Keinen Zutritt habe er jedoch zu einem Heizungsraum seiner Mutter gewährt. Es sei nichts Relevantes festgestellt worden.

Im Zuge der sich daran anschließenden steuerstrafrechtlichen Ermittlungen gegen den Kläger und den A ordnete das AG B auf Antrag der Staatsanwaltschaft B mit Beschluss vom 25.03.2015 die Überwachung der Telekommunikation des A an.

Bei der Durchsuchung der Wohnung des Klägers am 17.02.2016 wurden insgesamt elf Schachteln XX mit weißrussischer Steuerbanderole gefunden. Bei der sich anschließenden Vernehmung des Klägers räumte dieser ein, von dem A XX zum Preis von 25 € pro Stange für den Eigenverbrauch angekauft zu haben. Es sei ihm bekannt, dass der Ankauf von unversteuerten Zigaretten strafbar sei.

Das Steuerstrafverfahren der Staatsanwaltschaft B gegen den Kläger (YY-1) wegen des Verdachts der Steuerhehlerei vom 26.05.2014 wurde gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 800 € gem. § 153a StPO eingestellt.

Neben dem Einfuhrabgabenbescheid vom 15.06.2016, mit dem der Beklagte insbesondere Zoll in Höhe von 898,56 € festsetzte und der Gegenstand des Urteils des Senats vom 13.09.2018 (4 K 124/17) ist, setzte der Beklagte mit Zinsbescheid für hinterzogene Einfuhrabgaben vom 15.06.2016 (...) Zinsen in Höhe von 56 € auf den mit festgesetzten Zoll fest. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass eine vollendete Steuerhinterziehung (§ 370 AO) vorliege. Durch das vorschriftswidrige Verbringen bzw. die Einfuhr der Zigaretten seien die Einfuhrabgaben entstanden, nicht rechtzeitig festgesetzt und deshalb hinterzogen worden. Der Zinslauf beginne mit dem Eintritt der Steuerverkürzung (12.04. bzw. 19.05.2015) und ende am Tag der Fälligkeit der Einfuhrabgaben (30.06.2016). Die Zinsen betrügen für jeden vollendeten Monat 0,5 %. Der Kläger hafte gesamtschuldnerisch mit dem A.

Die ebenfalls mit dem Zinsbescheid festgesetzten Zinsen auf die Einfuhrumsatzsteuer wurden mit Änderungsbescheid vom 01.07.2016 aufgehoben.

Mit Schreiben vom 27.06.2016 legte der Kläger Einspruch gegen den Zinsbescheid ein. Zur Begründung bezog er sich auf die Begründung seines Einspruchs gegen den Einfuhrabgabenbescheid vom 15.06.2016, mit dem Zoll und Einfuhrumsatzsteuer festgesetzt wurden (4 K 124/17).

Mit Einspruchsentscheidung vom 08.06.2017 (ZZ-1) wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Der Kläger sei Zollschuldner. Hieraus resultiere seine Inanspruchnahme als Zinsschuldner gemäß § 235 AO. Zinsschuldner sei die Person, die einen Vorteil aus der Steuerhinterziehung habe. Der Kläger sei auch Nutznießer der Steuerhinterziehung.

Mit der am 27.06.2017 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Ihm werde vorgeworfen, am 26.05.2014 im Austausch gegen ein Bündel Geldscheine einen augenscheinlich mit Zigaretten befüllten Müllsack erhalten zu haben. Zehn Monate später seien bei der Durchsuchung seiner Wohnung elf Schachteln XX gefunden worden. Dies lasse den Beklagten schließen, dass er im April 2015 30 Stangen und im Mai 2015 100 Stangen von dem A geordert und empfangen habe. Dieser Schluss sei falsch. Es gebe keine Beweise für diese Taten. Die Ortung seines Mobiltelefons allein belege keinesfalls, dass es zur Übergabe der Zigaretten gekommen sei. Es gebe keinen Erfahrungssatz, nach dem immer von Stangen gesprochen werde, wenn unverzollte und unversteuerte Zigaretten bestellt würden.

Auch die Akte des angeblichen Lieferanten des Klägers enthalte keine Beweise für die dem Kläger vorgeworfenen Taten. Insbesondere habe der A am 19.05.2015 nicht 100 Stangen an den Kläger liefern können, da er - der A - von seinen Lieferanten keine ausreichende Menge erhalten habe.

Der Kläger habe stets nur XX gekauft und geraucht.

Der Kläger beantragt,

den Zinsbescheid für hinterzogene Einfuhrabgaben vom 15.06.2016 (...) in der Fassung des Änderungsbescheids vom 01.07.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.06.2017 (ZZ-1) aufzuheben.

Der ...

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