Rz. 30

Über den Verzicht entscheidet die Finanzbehörde aufgrund eines Antrags oder von Amts wegen. Die Entscheidung ist eine Ermessensentscheidung (dazu Rz. 21). Die Entscheidung über den Zinsverzicht kann bereits zusammen mit dem Zinsbescheid getroffen werden. Da dieser schon vor dem Beginn des Zinslaufs ergehen kann und in der Praxis meist mit dem Stundungsverwaltungsakt verbunden wird (vgl. Rz. 30), kann sich aus späteren Umständen die Rechtfertigung eines Zinsverzichts ergeben.

Grundsätzlich sind aber das Verfahren auf Zinsfestsetzung und das Verfahren wegen Zinsverzichts jeweils eigenständig, sodass ggf. das Verfahren wegen Zinsverzichts selbstständig wegen dem Verfahren auf Zinsfestsetzung zu betreiben ist (Zweigleisigkeit des Verfahrens).[1] Insoweit bedarf es ggf. einer isolierten Entscheidung über den Zinsverzicht nach § 234 Abs. 2 AO. Der Verzicht führt zum Erlöschen des Zinsanspruchs. Ein Verzicht ist in entsprechender Anwendung des § 227 Abs. 1 Hs. 2 AO auch nach Zahlung der Zinsen möglich, sodass die Zinsen zu erstatten sind. Im Verfahren wegen der Zinsfestsetzung können keine Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung erhoben werden.[2]

 

Rz. 31

Zuständig für den Verzicht ist die Finanzbehörde, die den Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis gestundet hat und die Zinsen festsetzt. Nachdem die allgemeine Befugnis zu den Billigkeitsmaßnahmen beim FA liegt, hat es doch noch beim Überschreiten bestimmter Grenzen die Zustimmung vorgesetzter Dienststellen einzuholen. Bei Beträgen über 20.000 EUR ist die OFD, bei Beträgen über 200.000 EUR ist bei Steuern, die im Auftrag des Bundes verwaltet werden, das BMF zuständig. Verzichtet das FA auf Stundungszinsen unter Missachtung der Zustimmungsvorbehalte, so ist die Billigkeitsmaßnahme wegen der allgemeinen Zuständigkeit des FA dennoch wirksam.

Rz. 32–36 einstweilen frei

4.5.1 Anrechnung der Zinsen (Abs. 3)

 

Rz. 37

Nach Abs. 3 i. d. F. des StMBG v. 21.12.1993 sind Zinsen nach § 233a AO auf die Stundungszinsen für denselben Zeitraum anzurechnen. Damit werden die Folgen einer Überschneidung der beiden Zinsvorschriften beseitigt. Wegen der hier nicht passenden, verunglückten Inkrafttretensvorschrift des Art. 97 § 15 Abs. 6 EGAO, die die Anrechnungsregelung offensichtlich übersehen hat, muss von ihrer Anwendbarkeit ab Inkrafttreten des StMBG am 30.12.1993 ausgegangen werden. Die Anrechnung hat im Übrigen bereits bei der Festsetzung der Zinsen, nicht erst bei ihrer Erhebung zu geschehen.[1] Sind in einem Bescheid bereits Stundungszinsen festgesetzt, sind Billigkeitsmaßnahmen angebracht.[2] Für eine Änderung gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO fehlt es an dem Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid.[3]

[3] Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 234 AO Rz. 29; a. A. etwa Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 234 Rz. 24.

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