4.6.1 Einspruchsverfahren
4.6.1.1 Allgemeines
Rz. 29
Gegen den Haftungsbescheid ist nach § 347 Abs. 1 S. 1 AO der Einspruch gegeben.[1]
Hierbei ist zu beachten, dass mit dem Haftungsbescheid andere Verwaltungsakte verbunden sein können[2], die trotz der äußeren Verbindung rechtlich selbstständig sind. Bei der Einspruchseinlegung gem. § 357 AO muss zweifelsfrei bestimmt werden, welche Regelung angefochten wird.[3] Wenn sich der Haftungsschuldner sowohl gegen den Haftungsbescheid wie auch gegen die Zahlungsaufforderung mit dem Einspruch wendet, so liegen zwei selbständige Rechtsbehelfe vor.[4] Bei einem "Sammelhaftungsbescheid"[5] ist der Einspruch rechtlich selbstständig gegen jeden "Einzelhaftungsbescheid" zu führen, auch wenn die Einsprüche äußerlich in einem Schreiben zusammengefasst sind.[6]
Vorläufiger Rechtsschutz gegen den Haftungsbescheid kann durch einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 361 AO bzw. § 69 FGO erlangt werden.[7]
4.6.1.2 Inhalt der Einwendungen
Rz. 29a
Im Einspruchsverfahren kann der Beteiligte alle Einwendungen gegen den festgesetzten Haftungsanspruch bzw. dessen Geltendmachung erheben. Er kann z. B. einwenden, dass
- die haftungsbegründenden Tatbestandsmerkmale der Haftungsnorm[1] nicht erfüllt seien[2];
der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis, für den gehaftet werden soll[3], nicht entstanden[4]. , zu hoch festgesetzt[5] oder berechnet[6] bzw. erloschen sei.[7]
Eine Bindung des Haftungsschuldners an eine vorliegende Festsetzung besteht regelmäßig nicht[8], eine Ausnahme ist allerdings in den Fällen des § 166 AO gegeben.[9] Der Beteiligte kann gegen den der Haftung zugrunde liegenden Anspruch[10] sämtliche Einwendungen erheben, auch wenn infolge der Bestandskraft des Steuerbescheids der Steuerschuldner selbst diese Einwendungen nicht mehr geltend machen kann.[11] Insoweit besteht die Haftung nur für den kraft Gesetzes entstandenen Primäranspruch[12]
Behauptet der Haftungsschuldner das Erlöschen des Primäranspruchs[13], so trifft ihn hierfür die Beweislast.[14] Die Finanzbehörde muss nur darlegen, welche Zahlungen auf die Schuld geleistet wurden.[15] Auf das Erlöschen des Primäranspruchs durch Verjährung oder Erlass kann sich aber nach § 191 Abs. 5 S. 2 AO nicht der Steuerhinterzieher oder Steuerhehler als Haftungsschuldner berufen.[16];
- die Geltendmachung des Haftungsanspruchs nach § 191 Abs. 2 AO gehemmt[17] oder nach § 191 Abs. 3 und 5 AO ausgeschlossen sei[18] ;
- bereits ein Haftungsbescheid für denselben Sachverhalt vorliegt und demgemäß die weitere oder ergänzende Geltendmachung eines Haftungsanspruchs ausgeschlossen sei[19];
- die Ermessensausübung der Finanzbehörde[20] bei der Geltendmachung des Haftungsanspruchs fehlerhaft sei oder eine solche überhaupt nicht vorliege.[21] Bei der Haftung für Gewerbesteuer aber auch ggf. für Kirchensteuer entsprechend den landesrechtlichen Bestimmungen in den KiStG ist das Widerspruchsverfahren nach §§ 68ff. VwGO gegeben.[22]
Rz. 29b
Im Einspruchsverfahren gegen den Haftungsbescheid sind Einwendungen gegen andere mit dem Bescheid verbundene Verwaltungsakte[23] nicht zulässig. Die Nichtbeachtung der sich aus § 219 AO ergebenden Einschränkung für den Erlass des Leistungsgebots ist mit dem Einspruch gegen das Leistungsgebot selbst geltend zu machen.[24] . Im Verfahren gegen das Leistungsgebot[25] sind umgekehrt Einwendungen gegen den Haftungsbescheid auch nicht zulässig.[26]
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