5.2.3.1.1 Übersicht über den Tatbestand

 

Rz. 116

§ 1 der VO zu § 180 Abs. 2 AO sieht die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vor, wenn Wirtschaftsgüter, Anlagen oder Einrichtungen

  • von mehreren Personen betrieben, genutzt oder gehalten werden oder
  • ein "Gesamtobjekt" darstellen.

Voraussetzung für eine Feststellung von Besteuerungsgrundlagen in beiden Fallgruppen ist, dass Wirtschaftsgüter, Anlagen oder Einrichtungen vorliegen, die der Erzielung von Einkünften dienen.

Durch VO v. 22.10.1990[1] ist die Zulässigkeit von Feststellungen ausgedehnt worden auf Wohneigentum, das ein Gesamtobjekt bildet, das aber nicht der Einkunftserzielung dient. Angesprochen wird damit vor allem selbstgenutztes Wohneigentum, das über § 10e EStG und § 34f EStG Einfluss auf die Einkommensbesteuerung hat. Die Feststellungen können ab 1.1.1991 vorgenommen werden (vgl. Rz. 135).

Nachdem § 10e EStG (Abzug der Eigenheimförderung als Sonderausgabe) durch die EigZul nach dem EigZulG ersetzt worden ist, ist Abs. 1 S. 2 durch Gesetz v. 15.12.1995[2] erneut ergänzt worden. Die EigZul nach dem EigZulG wird, anders als die Steuervergünstigung nach § 10e EStG, außerhalb der Besteuerung gewährt; die Feststellung kann jetzt auch erfolgen, wenn die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen zwar nicht für die Besteuerung, wohl aber für die Festsetzung der EigZul von Bedeutung ist.

[1] BStBl I 1990, 724.
[2] BStBl I 1995, 775.

5.2.3.1.2 Wirtschaftsgüter, Anlagen oder Einrichtungen

 

Rz. 117

Der Begriff des "Wirtschaftsguts" ist der Gleiche wie der im ESt-Recht verwendete Begriff. Ein Wirtschaftsgut ist danach ein nach der Verkehrsanschauung im Wirtschaftsleben selbstständig bewertbares Gut, das in seiner Einzelheit von Bedeutung und bei einer Veräußerung greifbar ist. Es kann sich sowohl um materielle als auch um immaterielle Wirtschaftsgüter handeln.

Im Einzelnen zum Begriff des Wirtschaftsgutes vgl. Frotscher, in Frotscher/Geurts, EStG, § 4 Rz. 21ff.

Der Begriff der "Anlage" und der "Einrichtung" ist im Gegensatz zu dem Begriff des Wirtschaftsgutes zu sehen. Eine Anlage ist danach die Zusammenfassung mehrerer (mindestens zweier) materieller Wirtschaftsgüter, wobei die Funktionen der einzelnen Wirtschaftsgüter in irgendeiner Weise aufeinander bezogen sind (z. B. die Zusammenfassung mehrerer Einzelmaschinen bildet eine Anlage). Von einem Wirtschaftsgut unterscheidet sich die Anlage dadurch, dass sie nur aus materiellen, nicht auch immateriellen Wirtschaftsgütern besteht, und dass mindestens zwei dieser materiellen, beweglichen oder unbeweglichen, Wirtschaftsgüter zusammengefasst und in ihrer Funktion aufeinander bezogen sind. Eine Anlage i. d. S. bilden etwa verschiedene Eigentumswohnungen in einem Wohnblock oder Reihenhäuser (nicht aber Einzelhäuser, diese sind Wirtschaftsgüter, die nicht zu einer Anlage zusammengefasst sind), eine Viehherde usw.

Eine "Einrichtung" besteht demgegenüber nicht oder nicht ausschließlich aus materiellen Wirtschaftsgütern, sondern stellt eine Zusammenfassung von immateriellen Wirtschaftsgütern, Know-how, Organisation, Personal usw., u. U., aber nicht zwingend, auch mit materiellen Wirtschaftsgütern dar. Einrichtung i. d. S. ist ein Betrieb, eine Laborgemeinschaft usw.

5.2.3.1.3 Dienen der Einkunftserzielung

 

Rz. 118

Diese Wirtschaftsgüter, Anlagen oder Einrichtungen müssen der Einkunftserzielung dienen. Das bedeutet, dass diese Wirtschaftsgüter usw. dazu bestimmt sein müssen, positive oder negative Einkünfte zu erzielen, und dass diese Einkünfte dem Grunde nach unter eine der sieben Einkunftsarten des EStG fallen.[1] Ist dies nicht der Fall, liegt z. B. Liebhaberei vor, ist eine Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 1 der VO zu § 180 Abs. 2 nicht möglich. Auch alle Vorgänge aus dem Bereich der Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen (wie z. B. Spenden) können nicht festgestellt werden.[2] Die Feststellung bei § 10e EStG beruht auf einer konstitutiven Sonderregelung (vgl. Rz. 128ff.).

 

Rz. 119

Nicht ausdrücklich geregelt war die Frage, wie zu verfahren ist, wenn von mehreren Wirtschaftsgütern nur einige (bzw. nur bei einigen der Beteiligten) der Einkunftserzielung dienen, bei anderen aber nicht.[3] Dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 der VO zu § 180 Abs. 2 AO nach dürfte dann die Feststellung in vollem Umfang nicht erfolgen. Dem Sinn der Vorschrift dürfte aber die Auslegung besser entsprechen, dass nur, aber auch alle, einkunftsrelevante Faktoren festgestellt werden können. Den Lösungsansatz bieten dann die beiden Einschränkungen in § 1 der VO zu § 180 Abs. 2 AO, wonach die Besteuerungsgrundlagen teilweise[4] festgestellt werden können und die Feststellung auf bestimmte Personen beschränkt werden kann.[5] In solchen Fällen dürfen daher die Besteuerungsgrundlagen solcher Wirtschaftsgüter usw., die nicht zur Einkunftserzielung bestimmt sind, sowie gegenüber solchen Personen, die sie nicht zur Einkunftserzielung nutzen, nicht gesondert festgestellt werden; ein Ermessensspielraum der Verwaltung besteht insoweit nicht.

Soweit es sich um selbstgenutztes Wohneigentum handelt, bietet der durch VO v. 22.10.1990 eingefügte Abs. 1 S. 2 die Lösung. Danach kann...

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