Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen

Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen im Sinne von § 34b EStG sind unter den Voraussetzungen des § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b AO als Teil der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gesondert festzustellen.

Hintergrund: Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

Streitig war die Frage, ob im Rahmen einer gesonderten Feststellung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft auch über die Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen i.S. des § 34b EStG zu entscheiden ist und – falls ja – in welchem Umfang?

Holznutzungen infolge höherer Gewalt (Kalamitätsnutzungen)

Der Kläger hat seinen Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts (FA) A. Im Streitjahr 2018 erzielte er unter anderem Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft aus einem in Bundesland X belegenen Forstbetrieb. Das für die gesonderte Feststellung dieser Einkünfte zuständige FA Y erließ einen Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2018 und stellte laufende Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 118.226 EUR fest.

Das FA übernahm diese Besteuerungsgrundlagen in den Einkommensteuerbescheid 2018. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Die von ihm in der Einkommensteuererklärung geltend gemachten besonderen Steuersätze für die Kalamitätsnutzung gemäß § 34b EStG seien nicht angewendet worden. Von den Einkünften aus Forstwirtschaft seien 111.733,76 EUR aus windbruchbedingten Notverkäufen entstanden. Davon unterlägen 73,31 % der Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes und 26,69 % dem Viertel-Steuersatz.

Einspruch und Klage als unbegründet zurückgewiesen

Das Wohnsitz-FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Es seien nur Einwendungen vorgetragen worden, die sich gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Einkünften richteten. Hierbei handele es sich um einen Grundlagenbescheid. Bei der Einkommensteuerfestsetzung im Folgebescheid seien Einwände gegen die Richtigkeit des Grundlagenbescheides ausgeschlossen. Die Klage des Steuerpflichtigen war erfolglos.

Entscheidung: BFH gibt dem Finanzamt Recht

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Das FG hat zutreffend entschieden, dass eine Anwendung der besonderen Steuersätze des § 34b EStG durch das FA im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Klägers mangels gesonderter Feststellung von außerordentlichen (tarifbegünstigten) Einkünften aus Holznutzungen durch das FA Y nicht in Betracht kommt.

Gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft

Nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b AO werden gesondert festgestellt die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder einer freiberuflichen Tätigkeit, wenn nach den Verhältnissen zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt nicht auch für die Steuern vom Einkommen zuständig ist.

Dass diese Voraussetzungen für eine gesonderte Feststellung der Einkünfte des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft infolge des Auseinanderfallens der örtlichen Zuständigkeit für die gesonderte Gewinnfeststellung (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 AO - FA Y als Lage-FA) und für die Steuern vom Einkommen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 AO - FA A als Wohnsitz-FA) dem Grunde nach vorliegen, ist offensichtlich.

§ 34b Abs. 2 EStG ist keine eigene Einkunftsart

Wie das FG zutreffend entschieden hat, sind die Einkünfte des Klägers aus außerordentlichen Holznutzungen im Sinne von § 34b EStG in diese gesonderte Feststellung einzubeziehen. Die Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen gehören zu den Einkünften des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft. Sie sind dementsprechend im Rahmen dieser Einkünfte gemäß § 34b EStG zu ermitteln und folglich auch mit den Einkünften des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft gesondert festzustellen. Denn § 34b Abs. 2 EStG regelt die "Ermittlung der Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen". Handelt es sich bei den fraglichen Einkünften aus außerordentlichen Holznutzungen – wie im Streitfall – um solche aus Land- und Forstwirtschaft, betrifft § 34b EStG demzufolge unmittelbar (auch) die Einkünfteermittlung. Insbesondere handelt es sich bei den außerordentlichen Einkünften im Sinne des § 34b EStG nicht um eine eigene, – der gesonderten Feststellung nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b AO nicht unterfallende – weitere Einkunftsart.

Ob Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen vorliegen, entscheidet das Feststellungs-FA

Eine andere Frage ist es, wie sich im Falle des Vorliegens von Einkünften aus außerordentlichen Holznutzungen die Einkommensteuer nach § 34b Abs. 3 EStG bemisst. Die Gewährung der Tarifermäßigung selbst – das heißt die konkrete Höhe der Einkommensteuer für die Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen – kann nicht im gesonderten Feststellungsverfahren, sondern nur im Veranlagungsverfahren durch das für die Einkommensbesteuerung zuständige FA erfolgen.

Dies setzt allerdings voraus, dass überhaupt Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen vorliegen. Hierzu gehört nach den vorstehenden Ausführungen auch die Feststellung der begünstigten außerordentlichen Einkünfte im Wege der Verhältnisrechnung nach § 34b Abs. 2 EStG, auf die die Tarifermäßigung anzuwenden ist. Denn soweit in den Einkünften (hier aus Forstwirtschaft) solche aus ordentlichen Holznutzungen enthalten sind, handelt es sich um laufende, nicht tarifbegünstigte Einkünfte. Die hierfür erforderlichen Feststellungen trifft allein das Feststellungs-FA. Insoweit geht es um die Einkünfteermittlung und nicht um die (nachgelagerte) Frage der Höhe der auf der Grundlage dieser Einkünfte (im Veranlagungsverfahren) festzusetzenden Einkommensteuer.

Da das Lage-FA Y vorliegend keine tarifbegünstigten Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen, sondern nur laufende Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft festgestellt hat, kommt eine Gewährung der Tarifermäßigung des § 34b Abs. 3 EStG durch das FA nach §§ 182 Abs. 1 Satz 1, 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b AO nicht in Betracht.

Hinweis: Feststellungs-FA kann den Gewinn besser ermitteln als das Wohnsitz-FA

Für das Verfahren der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO hat der BFH bereits entschieden, dass in diesem Verfahren mit verbindlicher Wirkung für alle Beteiligten festgestellt werden muss, ob die Voraussetzungen für die Gewährung der Steuervergünstigung des § 34b EStG sämtlich erfüllt sind (BFH, Urteil v. 25.8.1960, IV 262/59 S, BStBl III 1960, 486). Für das Verfahren der gesonderten Gewinnfeststellung gilt nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b AO nichts anderes. Das gesonderte Feststellungsverfahren basiert darauf, dass es dem Feststellungs-FA besser möglich ist als dem Wohnsitz-FA, den Gewinn zu ermitteln.

BFH, Urteil v. 9.5.2023, VI R 12/21; veröffentlicht am 6.7.2023

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