Rz. 174

Abs. 10 enthält eine Ablaufhemmung für den Folgebescheid bei Erlass eines Grundlagenbescheids und räumt ausreichend Zeit ein, um nach Bekanntgabe eines Grundlagenbescheids einen Folgebescheid zu erlassen, zu ändern oder aufzuheben. Abs. 10 enthält eine Legaldefinition des Begriffs des Grundlagenbescheids. Ein Grundlagenbescheid ist danach ein Verwaltungsakt, der für die Festsetzung einer Steuer bindend ist. Mit dieser Regelung wird berücksichtigt, dass auch Feststellungsbescheide der Festsetzungsverjährung unterliegen.[1]

Grundlagenbescheide sind Feststellungsbescheide, Steuermessbescheide oder andere Verwaltungsakte, die nach der jeweiligen gesetzlichen Regelung für andere Bescheide, die Folgebescheide, bindend sind.[2] Ausführliche gesetzliche Regelungen gibt es nur für Feststellungsbescheide in §§ 179ff. AO und für Steuermessbescheide in § 184 AO. Die "anderen Verwaltungsakte", die Grundlagenbescheid sein können, wenn sie für andere Verwaltungsakte bindend sind, sind weitgehend ungeregelt. Diese anderen Verwaltungsakte können von Steuerbehörden, aber auch von nichtsteuerlichen Behörden, erlassen werden. Für den Erlass von Grundlagenbescheiden durch nichtsteuerliche Behörden enthält § 171 Abs. 10 S. 2 AO eine besondere Regelung (vgl. Rz. 181b).

 

Rz. 174a

Der Steuerbescheid ist Grundlagenbescheid für den Zinsbescheid nach § 233a AO, wie sich aus § 233a Abs. 3, 5 AO ergibt. Jedoch führen Erlass, Änderung oder Aufhebung des Steuerbescheids nicht zur Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 AO. Aufgrund der Besonderheiten der Zinsfestsetzung ist in § 239 AO eine eigenständige Regelung über die Ablaufhemmung enthalten, die als lex specialis § 171 Abs. 10 AO verdrängt.[3] § 171 Abs. 10 AO ist aber anwendbar, wenn die Grundlagen für die Festsetzung von Zinsen nach § 239 Abs. 3 AO gesondert festgestellt werden.

 

Rz. 174b

Eine Außenprüfung oder ein sonstiger Tatbestand der Ablaufhemmung hinsichtlich der in einen Feststellungsbescheid aufgenommenen Besteuerungsgrundlagen hemmt nicht die Festsetzungsfrist des Folgebescheids, sondern die Feststellungsfrist des Feststellungsbescheids.[4] Die Hemmung der Festsetzungsfrist des Folgebescheids richtet sich daher nicht nach Abs. 3 oder Abs. 4, sondern nach Abs. 10.[5] Die gegenteilige Rspr. des BFH[6] ist zum alten Recht ergangen und nunmehr gegenstandslos (hierzu auch Rz. 121).

 

Rz. 175

Nach § 180 Abs. 5 Nr. 2 AO werden auch anrechenbare Steuerabzugsbeträge, die im Rahmen einer Personengemeinschaft erzielt werden, gesondert festgestellt.[7] Diese Feststellung betrifft keine Besteuerungsgrundlagen, sondern Faktoren, die im Rahmen des Erhebungsverfahrens Wirkung entfalten. Da somit die Vorschriften über die Steuerfestsetzung nicht unmittelbar gelten, bestimmt § 182 Abs. 1 S. 2 AO ergänzend, dass diese Feststellung Bindungswirkung für die entsprechenden im Erhebungsverfahren zu erlassenden Verwaltungsakte, und damit insbesondere den Abrechnungsbescheid nach § 218 AO, hat, und dass eine Änderung dieser Verwaltungsakte nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO zu erfolgen hat. Nicht in Bezug genommen worden ist aber § 171 Abs. 10 AO. Damit ist offen, ob sich die Verjährungshemmung für die Anrechnungsverfügung bzw. den Abrechnungsbescheid nach § 171 Abs. 10 AO richten kann. M. E. müsste dies aus systematischen Gründen bejaht werden. Wenn eine gesonderte Feststellung nach §§ 179ff. AO vorliegt und der Folgebescheid (Abrechnungsbescheid) nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO anzupassen ist, wäre es nur konsequent, auch für die Verjährung auf die für Folgebescheide geltende Regelung des § 171 Abs. 10 AO abzustellen. Allerdings enthält § 182 Abs. 1 S. 2 AO für die Anwendung des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO eine ausdrückliche Verweisung, nicht aber für die Anwendung des § 171 Abs. 10 AO. Der BFH hat insoweit keine ausfüllungsbedürftige Lücke gesehen, sondern hält die Vorschriften über die Festsetzungsverjährung mangels einer ausdrücklichen Verweisung nicht für anwendbar.[8] Da es sich bei der Anrechnungsverfügung bzw. dem Abrechnungsbescheid als Folgebescheide um Verwaltungsakte im Erhebungsverfahren handle, seien §§ 169ff. AO, und damit auch § 171 Abs. 10 AO, insoweit nicht anwendbar. Maßgebend sei vielmehr die Zahlungsverjährung nach §§ 228ff. AO. Eine Ablaufhemmung kann danach nur nach § 230 AO wegen höherer Gewalt eintreten. Im Übrigen kennt die Zahlungsverjährung nur eine Unterbrechung der Verjährung nach § 231 AO. Der Erlass eines Grundlagenbescheids fällt unter keinen dieser Tatbestände, sodass er weder eine Hemmung noch eine Unterbrechung der Zahlungsverjährung bewirkt. Vielmehr ist die Verjährung nach § 228 AO mit 5 Jahren zu berechnen.

 

Rz. 176

Auf Abs. 10 ist in § 191 Abs. 3 S. 4 AO für den Haftungsbescheid Bezug genommen; er darf also bis zu 2 Jahre nach der Steuerfestsetzung ergehen. Es handelt sich hier um eine Rechtsfolgenverweisung, nicht um eine Rechtsgrundverweisung; der Steuerbescheid ist für den Haftungsbescheid kein Grundlagenbescheid. Das bedeutet, dass die Regelung, dass noch ein Folgebe...

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