Rz. 90

Das Gericht kann den Beklagten im gleichen Verfahren auch zu einer Leistung verurteilen, wenn der Kläger neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts auch eine Leistung des Beklagten verlangen kann. Dazu muss aber ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis des Klägers bestehen, was i. d. R. nicht gegeben ist, da die Behörden von sich aus auch die erforderlichen mittelbaren Konsequenzen aus den finanzgerichtlichen Urteilen zu ziehen pflegen, wie etwa die Zahlung von Prozesszinsen oder die Erstattung von Vollstreckungskosten[1]. Eine andere Interessenlage könnte sich aber z. B. ergeben, wenn die Behörde die Zulassung als Steuerberater widerrufen hat und unter Hinweis auf diesen Verwaltungsakt eine entsprechende Mitteilung veröffentlicht. Wird der Widerruf der Zulassung auf eine erfolgreiche Anfechtungsklage hin durch das Gericht aufgehoben, kann der Kläger gleichzeitig verlangen, dass dieser Umstand ebenfalls durch die Behörde veröffentlicht wird. Die Vorschrift hat in der Praxis allerdings kaum Bedeutung.

 

Rz. 91

Die besondere Regelung in § 100 Abs. 4 FGO ist überflüssig. Zum einen ist die mögliche Verurteilung zur Beseitigung der unmittelbaren Folgen eines aufgehobenen Verwaltungsakts bereits in § 100 Abs. 1 S. 2 FGO (sog. Folgenbeseitigungsanspruch; s. Rz. 41f.) geregelt. Zum anderen kann der Kläger auch mehrere unterschiedliche Klagebegehren in einem Klageverfahren verfolgen[2] oder das Gericht kann durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden[3]. Dadurch ist bereits geregelt, was in § 100 Abs. 4 FGO ausgesprochen ist, dass nämlich neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts durch Urteil im gleichen Verfahren auch zu einer sonstigen Leistung verurteilt werden kann. Die Verurteilung zu einer Leistung im gleichen Verfahren ist entgegen dem Wortlaut von § 100 Abs. 4 FGO nicht nur neben einem Aufhebungs- und Änderungsbegehren, sondern auch neben einem Verpflichtungsbegehren[4] oder einem anderen sonstigen Leistungsbegehren[5] oder einer Feststellungsklage[6] zulässig[7].

[1] BFH v. 28.11.1974, V R 98/70, BStBl II 1975, 300; BFH v. 13.7.1989, IV B 44/88, BFH/NV 1990, 247; a. A. Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 100 FGO Rz. 54, der das Rechtsschutzbedürfnis grundsätzlich bejaht.
[2] Objektive Klagehäufung, § 43 FGO.
[4] BFH v. 29.10.1981, I R 89/80, BStBl II 1982, 150; v. Groll, in Gräber, FGO, 7. Aufl. 2010, § 100 Rz. 66.
[6] FG Bremen v. 8.2.1994, 2 93 049 K 2, EFG 1994, 574.
[7] Zweifelnd zur Zulässigkeit bei sonstigen Leistungsklagen und Feststellungsklagen Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 100 FGO Rz. 55.

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