Rz. 4

§ 218 Abs. 1 S. 1 AO fordert als Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis Verwaltungsakte über die Festsetzung dieser Ansprüche.[1] Das sind alle Bescheide, durch die Ansprüche festgesetzt werden. Die Aufzählung in § 218 Abs. 1 AO nennt hierbei ausdrücklich:

  • Steuerbescheide (Rz. 5),
  • Steueranmeldungen (Rz. 6),
  • Steuervergütungsbescheide (Rz. 7),
  • Haftungsbescheide (Rz. 8–9),
  • Verwaltungsakte über die Festsetzung steuerlicher Nebenleistungen (Rz. 10–11).

Die Festsetzung von Erstattungsansprüchen sieht das Gesetz anders als diejenige von Steuervergütungsansprüchen nicht vor. Entsprechend kann § 218 Abs. 1 S. 1 AO für die Verwirklichung solcher Ansprüche auch keinen Erstattungsbescheid voraussetzen.[2] Zur Verwirklichung von Erstattungsansprüchen s. Rz. 12–15.

[1] Koenig/Intemann, AO, 4. Aufl. 2021, § 218 Rz. 5.
[2] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 218 AO Rz. 8.

2.1 Grundlagen für einzelne Ansprüche

2.1.1 Steueransprüche

 

Rz. 5

Steueransprüche werden durch Steuerbescheid[1] festgesetzt. Diese Bescheide sind die Grundlage der Verwirklichung.[2] Nach § 155 Abs. 1 S. 3 AO gilt das Gleiche für Freistellungsbescheide.[3] Vorauszahlungsbescheide sind ebenfalls Steuerbescheide und damit auch Grundlage für die Verwirklichung von Steueransprüchen.[4] Allerdings büßen diese Bescheide mit dem Ergehen des jeweiligen Jahressteuerbescheids diese Eigenschaft ein. Für die geleisteten Vorauszahlungen ist nach dem Ergehen des Jahressteuerbescheids der Jahressteuerbescheid die Rechtsgrundlage für die Verwirklichung.[5] BFH v. 3.7.1995, GrS 3/93, BStBl II 1995, 730 hat dies zwar bei der Prüfung der Frage aufgeführt, welchen Umfang die Aufhebung der Vollziehung eines Jahressteuerbescheids haben kann. Wenn danach die Aufhebung der Vollziehung durch Änderung bzw. Neufassung der Vorschriften des § 361 Abs. 2 S. 3 u. 4 AO sowie des § 69 Abs. 3 S. 7 u. 8 FGO durch das JStG 1997 erheblich eingeschränkt worden ist, betrifft dies nur den Umfang der Aufhebung der Vollziehung, berührt jedoch das Verhältnis zwischen Vorauszahlungs- und Jahressteuerbescheid nicht.[6]

 

Rz. 6

Die Steueranmeldungen stehen als Grundlage für die Verwirklichung der Steueransprüche nach § 218 Abs. 1 S. 2 AO den Steuerbescheiden gleich.[7] Dies ist lediglich eine Klarstellung durch eine Wiederholung des § 168 AO. Die Abhängigkeit der Gleichstellung der Steueranmeldung mit dem Steuerbescheid durch § 168 S. 2 AO für den Fall der Herabsetzung der Steuer oder Steuervergütung von der Zustimmung der Finanzbehörde gilt auch für die Gleichstellung als Grundlage für die Verwirklichung.[8] Die Gleichstellung gilt auch für das Anerkenntnis einer Zahlungsverpflichtung durch einen Steuer- oder Haftungsschuldner, das nach § 167 Abs. 1 S. 3 AO wiederum einer Steueranmeldung gleichsteht. Das kann hinsichtlich der Haftungsschuld allerdings nur eine Gleichstellung mit der Festsetzung einer Haftungsschuld bedeuten.[9]

[2] Klein/Rüsken, AO, 15. Aufl. 2020, § 218 Rz. 5.
[3] BFH v. 20.6.1984, I R 283/81, BStBl II 1984, 828; BFH v. 12.11.1986, I R 24/84, BFH/NV 1988, 298; BFH v. 9.4.2008, II R 31/06, BFH/NV 2008, 1435; Alber, in HHSp, AO/FGO, § 218 AO Rz. 17; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 218 AO Rz. 5; Klein/Rüsken, AO, 15. Aufl. 2020, § 218 Rz. 6.
[4] BFH v. 13.2.1996, VII R 55/95, BFH/NV 1996, 454; Klein/Rüsken, AO, 15. Aufl. 2020, § 218 AO Rz. 7 m. w. N.; Koenig/Intemann, AO, 4. Aufl. 2021, § 218 Rz. 8.
[5] BFH v. 25.10.1995, VIII B 79/95, BStBl II 1996, 316; BFH v. 13.2.1996, VII R 55/95, BFH/NV 1996, 454; Klein/Rüsken, AO, 15. Aufl. 2020, § 218 Rz. 8; Alber, in HHSp, AO/FGO, § 218 AO Rz. 18; Koenig/Intemann, AO, 4. Aufl. 2021, § 218 Rz. 8.
[7] Koenig/Intemann, AO, 4. Aufl. 2021, § 218 Rz. 7.
[8] BFH v. 5.10.1990, V B 137/89, BFH/NV 1991, 633; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 218 AO Rz. 5.

2.1.2 Steuervergütungsansprüche

 

Rz. 7

Auf die Festsetzung einer Steuervergütung (Vergütungsbescheid) sind nach § 155 Abs. 4 AO die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften sinngemäß anzuwenden. Anders als bei den Steuererstattungsansprüchen findet sich bei der Steuervergütung ein Bescheid als Grundlage für die Verwirklichung, also die Auszahlung des Vergütungsbetrags. Das gilt insbesondere für den Vergütungsfall des Kindergelds nach § 31 EStG, aber auch für die den Vergütungen im Einzelfall gleichgestellten Leistungen.[1]

[1] Alber, in HHSp, AO/FGO, § 218 AO Rz. 19f.

2.1.3 Haftungsansprüche, Duldung

 

Rz. 8

Grundlage für die Verwirklichung von Haftungsansprüchen sind Haftungsbescheide. Der Haftungsanspruch entsteht zwar mit der Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale des jeweiligen Haftungstatbestands.[1] Zur Verwirklichung bedarf es jedoch eines Haftungsbescheids.[2] Für die vertragliche Haftung[3] ist demgegenüber eine Verwirklichung im öffentlich-rechtlichen Bereich vollständig ausgeschlossen. Eine Inanspruchnahme ist in diesen Fällen nur nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts möglich.

 

Rz. 8a

Duldungsbescheide nach § 191 Abs. 1 AO sind ke...

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