Rz. 66

Die Duldungspflicht ist eine modifizierte Form der Haftung .[1] Die materiellen und formellen Grundregeln für die Haftung gelten demgemäß für die Duldung entsprechend. Insofern gelten die allgemeinen Anforderungen an einen Haftungsbescheid hier grundsätzlich entsprechend.[2]

Allerdings ist die Anhörung der Berufskammer nach § 191 Abs. 2 AO bei Duldunsbescheiden nicht erforderlich.[3]

 

Rz. 67

Der Erlass des Duldungsbescheids ist eine das Vollstreckungsverfahren der Finanzbehörde vorbereitende Maßnahme hinsichtlich solcher Gegenstände, die sich nicht im Vermögen oder Gewahrsam des eigentlichen Vollstreckungsschuldners befinden . Der Anspruch auf Duldung der Vollstreckung bedarf als Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis i. S. v. § 37 AO[4] für seine Verwirklichung durch die Finanzbehörde gem. § 218 Abs. 1 AO, obgleich dies hier nicht ausdrücklich erwähnt ist, der Konkretisierung in einem Duldungsbescheid. Dieser ist Voraussetzung für das vor Beginn der Vollstreckung nach § 254 AO zu erlassende Leistungs- bzw. Duldungsgebot[5], selbst aber noch keine Vollstreckungsmaßnahme.[6]  Das Duldungsgebot enthält die Anordnung, aufgrund des im Duldungsbescheid festgestellten Duldungsanspruchs die Vollstreckung zu dulden. Duldungsbescheid und Duldungsgebot sind voneinander unabhängige Verwaltungsakte, die allerdings miteinander verbunden werden können .[7]

 Die Geltendmachung des gesetzlichen Rückgewähr- bzw. Duldungsanspruchs nach § 11 AnfG erfolgt durch die Anfechtungshandlung nach §§ 9, 13 AnfG. Diese Anfechtungshandlung, die für Zivilpersonen im Weg der Klage erfolgt, wird nach § 191 Abs. 1 S. 3 AO durch den Duldungsbescheid ersetzt, der den Gegenstand und den Umfang des Duldungsanspruchs bestimmt. Erst bei seinem Vorliegen kann das Duldungsgebot ergehen. Die Finanzbehörde ist nicht berechtigt, statt einen solchen Duldungsbescheid zu erlassen, eine Klage nach §§ 11, 13 AnfG zu erheben, d. h. ihr steht kein entsprechendes Wahlrecht zu, nachdem der Gesetzgeber in § 191 Abs. 1 S. 2 AO geregelt hat, dass insofern ein Verwaltungsakt zu ergehen hat.[8]

[1] S. Rz. 3.
[2] Halaczinsky, Die Haftung im Steuerrecht, 4. Aufl. 2013, Rz. 614; AEAO zu § 191 Nr. 6.
[3] Halaczinsky, Die Haftung im Steuerrecht, 4. Aufl. 2013, Rz. 614.
[4] S. Rz. 3.
[5] S. Rz. 78a.
[6] Blesinger, Haftung und Duldung im Steuerrecht, 2005, 221; BFH v. 14.10.1999, IV R 63/98, BStBl II 2001, 329 für die freiwillige Zahlung des Duldungspflichtigen und die Bestimmung der Tilgungsreihenfolge nach § 225 AO.
[7] S. entspr. Rz. 27; Blesinger, Haftung und Duldung im Steuerrecht, 2005, 221.
[8] BVerwG v. 25.1.2017, 9 C 30.15, DStR 2017, 10; BGH v. 27.7.2006, IX ZB 141/05, DStR 2006, 1901; BGH v. 21.9.2006, IX ZB 187/05, FamRZ 2006, 1836; Nacke, Die Haftung für Steuerschulden, 3. Aufl. 2012, Rz. 624; a. A. Halaczinsky, Die Haftung im Steuerrecht, 4. Aufl. 2013 Rz. 406 sowie Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 191 Rz. 21.

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