Revision eingelegt (BFH III R 56/20)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuer: Zugehörigkeit von Drittunternehmen gegen Entgelt zur Verfügung gestellter Mehrwegsteigen zum Umlaufvermögen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nutzt ein Großhandelsunternehmen für Obst und Gemüse, das die Produkte seiner Erzeugerorganisation vertreibt, für die Belieferung des Einzelhandels mit seinen Waren im Rahmen eines Mehrwegsystems von Drittunternehmen gegen Entgelt zur Verfügung gestellte so genannte Mehrwegsteigen, so stellen diese bei dem Unternehmen jeweils nur kurzfristig im Umlauf befindlichen Steigen im Fall fiktiven Eigentums kein Anlagevermögen, sondern Umlaufvermögen dar, wenn sich das Unternehmen hinsichtlich Menge und Art der genutzten Steigen eng an dem Warenbedarf und den konkreten Vorgaben des Einzelhandels orientiert. In diesem Fall erfolgt hinsichtlich des gezahlten Entgelts für die Mehrwegsteigen keine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG.

2. Erbringt ein Vertragspartner des Obst- und Gemüsehandelsunternehmens in diesem Fall neben der reinen Zurverfügungstellung der Mehrwegsteigen im Rahmen eines umfassenden Mehrweglogistiksystems weitere so genannte Systemleistungen (Transport der Leersteigen zum Erzeuger, Organisation der gesamten Rücklogistik der Steigen vom Einzelhandel einschließlich Müllentsorgung, Sortierung, Reparatur, Wäsche, Zwischenlagerung auf verschiedenen Warenumschlagstufen), so liegt ein Vertrag eigener Art vor. Das Mietvertragselement gibt dem Vertrag in diesem Fall nicht das Gepräge.

 

Normenkette

GewStG § 8 Nr. 1 Buchst. d

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.06.2022; Aktenzeichen III R 56/20)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob das von der Klägerin im Streitjahr 2011 für die "Umlaufmiete" von sogenannten Mehrwegsteigen zum Transport von Obst und Gemüse gezahlte Entgelt der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG unterliegt.

Die Klägerin, die vormals unter der Bezeichnung A firmierte, vermarktet und handelt mit Obst und Gemüse. Die im Juli 2005 gegründete GmbH hat ihren Sitz in C. Sie vertreibt und vermarktet die Obst- und Gemüseprodukte einer Erzeugerorganisation, zu der sich produzierende Landwirte zusammengeschlossen haben. Abnehmer ihrer gehandelten Produkte ist vor allem der Einzelhandel, aber auch Cateringfirmen, Industrie- oder Exportfirmen.

Die Klägerin nutzte in den Jahren 2008 - 2011 für die Lieferung von Obst und Gemüse insbesondere von den Erzeugern zum Einzelhandel Gemüsekisten (so genannte Mehrwegsteigen), die von den Firmen E, H und L zur Verfügung gestellt wurden. Im Streitjahr 2011 erfolgte eine Abrechnung über die Zurverfügungstellung der sogenannten Mehrwegsteigen jedoch unstreitig lediglich mit den Firmen H und L.

Zwischen der Klägerin und der Firma H bestand ein am 22. Dezember 2005 geschlossener und als "Mietvertrag für die Benutzung von …-Verpackungen" bezeichneter Vertrag. Unter der Bezeichnung Mietgegenstand heißt es dort, dass der Vermieter dem Mieter auf der Grundlage der folgenden Bestimmungen sowie der allgemeinen Bedingungen die Benutzung so genannter Modelle gestatte. Nach dem Vertrag verwaltet und bewirtschaftet H einen Pool von Klappsteigen, starren Steigen, Bigboxen und Poolpaletten für den mehrmaligen Gebrauch, die dort als "Modelle" bezeichnet werden, im Eigentum der H stehen und nicht für den Verkauf bestimmt sind. Der Mieter mietet nach den Bestimmungen des Vertrages die Modelle vom Vermieter, um ausschließlich Produkte selbst oder über Dritte zu verpacken, zu vermarkten und zu transportieren. Für alle Modelle hat laut Mietvertrag der Mieter an den Vermieter eine Pfandgebühr und eine Mietgebühr zu zahlen. Unter dem Begriff "Mietsystem" wird sodann der Begriff der "Bewegungsvermietung" dahingehend definiert, dass unter einer Bewegung der Zyklus von der Lieferung durch den Vermieter, der Befüllung, der Vermarktung und dem Transport von Modellen durch den Mieter (eventuell über Dritte) bis zur leeren Rückgabe an den Vermieter durch den Endbenutzer verstanden wird. Weiter heißt es, die Modelle werden vom Vermieter "frei Haus" geliefert.

Unter Ziff. 3 heißt es unter "Nutzungsbeginn": Der Mieter verpflichtet sich, die Modelle spätestens 4 Wochen, nachdem sie ihm zur Verfügung gestellt worden sind, zu benutzen oder andernfalls an den Vermieter zurückzusenden. Sollte dies nicht der Fall sein, behält der Vermieter sich das Recht vor, eine zusätzliche Nutzungsgebühr an den Mieter in Rechnung zu stellen.

Im Mietvertrag wird zudem auf eine Anlage 1 Bezug genommen, die als "Preisliste Voll-Logistik-Konzept" überschrieben ist und für verschiedene Steigentypen unterschiedliche Preise sowie einen "Internationalen Tarif" und einen "Deutschland Tarif" vorsah.

H erbrachte im Rahmen der Vertragsbeziehung mit der Klägerin auch so genannte Systemleistungen. Zu diesen gehörten der Transport der Leersteigen zum Erzeuger sowie die gesamte Rücklogistik der Steigen, d. h. die Organisation des Rücktransportes der Steigen vom Einzelhandel in das Dep...

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