Revision eingelegt (BFH VI R 2/24)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Festsetzung von Verspätungszuschlägen für die verspätete Abgabe der Einkommensteuererklärungen 2018 und 2019

 

Leitsatz (amtlich)

Bei verspäteter Abgabe der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2019 kann wegen der gesetzlich verlängerten Abgabefrist (aufgrund der Corona-Pandemie) ein Verspätungszuschlag nach Ablauf der gesetzlich verlängerten Abgabefrist nicht nach § 152 Abs. 2 AO - sondern allenfalls nach § 152 Abs. 1 AO - festgesetzt werden.

 

Normenkette

AO §§ 149, 152; EGAO Art. 97 § 36

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Festsetzung von Verspätungszuschlägen für die verspätete Abgabe der Einkommensteuererklärungen 2018 und 2019.

Die Kläger sind miteinander verheiratet und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielten in den Streitjahren jeweils Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Nachdem der Beklagte die Kläger am 10. August 2021 an die Abgabe der Steuererklärungen für 2018 und 2019 erinnert hatte, reichten die Kläger die Einkommensteuererklärungen für 2018 und 2019 über ihre Steuerberaterin jeweils am 8. März 2022 ein.

Mit Bescheid über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer, Verspätungszuschlag und Zinsen für 2018 vom 6. April 2022 setzte der Beklagte u.a. Einkommensteuer in Höhe von 11.083 € (Nachzahlung 15 €) und Verspätungszuschläge in Höhe von 550 € fest und begründete dies damit, dass die Abgabe der Steuererklärung am 8. März 2022 erfolgte, obwohl die Abgabefrist am 2. Juni 2020 abgelaufen sei.

Mit Bescheid über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer, Verspätungszuschlag und Zinsen für 2019 ebenfalls vom 6. April 2022 setzte der Beklagte u.a. Einkommensteuer in Höhe von 11.859 € (Nachzahlung 1.367 €) und Verspätungszuschläge in Höhe von 175 € fest und begründete dies damit, dass die Abgabe der Steuererklärung am 8. März 2022 erfolgte, obwohl die Abgabefrist am 31. August 2021 abgelaufen sei.

Hiergegen erhoben die Kläger am 8. April 2022 Einspruch und beantragten den Erlass der Verspätungszuschläge. Zur Begründung legten sie ein Attest vom 31. Mai 2022 der Klinik A für den Kläger vor, nach dem dieser dort vom 20. April bis zum 1. Juni 2022 in Behandlung gewesen sei.

Der Beklagte wies darauf hin, dass die Verspätungszuschläge nach der Überschreitung der Abgabefristen gemäß § 152 Abs. 2 AO festzusetzen gewesen seien und es insoweit kein Ermessen der Behörde gebe. Für 2018 liege eine Überschreitung von 22 Monaten vor (Abgabefrist: 2. Juni 2020), für 2019 betrage die Überschreitung 7 Monate (Abgabefrist: 31. August 2021).

Mit Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2022 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Er begründete dies damit, dass Verspätungszuschläge festzusetzen seien, wenn eine Steuererklärung, die sich auf ein Kalenderjahr beziehe, nicht binnen 14 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres abgegeben werde. Ausnahmen hiervon bestünden nur, wenn die Finanzbehörde die Abgabefrist verlängert habe oder die Steuer auf 0 € oder einen negativen Betrag festgesetzt werde. In diesen Fällen bestehe kein Ermessen, sodass der Grund für die verspätete Abgabe irrelevant sei. Die Kläger seien für die Streitjahre zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet gewesen, da sie Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt hätten. Für 2018 sei die Abgabefrist gemäß einer Einigung auf Bund-Länder-Ebene wegen der Corona Pandemie und der damit einhergehenden Mehrbelastung der Steuerberater auf den 31. Mai 2020 verlängert worden, ohne dass hierfür Verspätungszuschläge anfallen sollten. Für 2019 sei die Abgabefrist gesetzlich auf den 31. August 2021 verlängert worden. Die Steuererklärungen seien jeweils nach diesen Terminen eingereicht worden. Rückausnahmen von der zwingenden Festsetzung der Verspätungszuschläge lägen nicht vor.

Am 13. Juli 2022 haben die Kläger Klage erhoben.

Sie wiederholen und vertiefen ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren.

Sie ergänzen, die Entscheidung über den Verspätungszuschlag sei eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung. Er sei nicht festzusetzen, wenn der Erklärungspflichtige glaubhaft mache, dass die Verspätung entschuldbar gewesen sei. Der Kläger habe sich trotz seines Gesundheitszustandes um Hilfe bemüht und einen Steuerberater mit der Erstellung der Erklärungen beauftragt, auch wenn die Beauftragung zu spät erfolgt sei. Damit habe er gezeigt, dass er seiner Pflicht nachkommen wolle und vorher lediglich durch seine Erkrankung hierzu nicht in der Lage gewesen sei. Der Behandlungsbeginn der Erkrankung des Klägers sei im Mai 2018 gewesen. Darin liege entschuldbares Verhalten des Klägers, so dass das Ermessen bzgl. der Festsetzung der Verspätungszuschläge auf Null reduziert gewesen sei.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

die Bescheide über die Festsetzung von Verspätungszuschlägen für 2018 und 2019, jeweils vom 6. April 2022, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2022 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht ...

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