Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung eindeutiger Vergütungsanträge auf amtlichem Vordruck. Reichweite der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3a AO und der Festsetzungsverjährung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der auf amtlichem Vordruck nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 MinöStG formulierte Antrag kann nicht gegen den eindeutigen Wortlaut in einen solchen nach § 25a MinöStG ausgelegt werden.

2. Ein nach seinem eindeutigen Wortlaut nur auf eine Stromsteuervergütung gerichteter Antrag beinhaltet nicht einen Antrag auf Mineralölsteuervergütung nach § 25a MinöStG.

3. § 171 Abs. 3a AO hat nicht zur Folge, dass der Anspruch für sämtliche Vergütungstatbestände eines Gesetzes erneut auflebt. Ein Einspruch gegen die Ablehnung einer Mineralölsteuervergütung nach § 25 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG führt nicht zum Wiederaufleben der zum Zeitpunkt seiner Einlegung bereits abgelaufenen Festsetzungsfrist für die Mineralölsteuervergütung nach § 25a MinöStG, denn die Festsetzungsverjährung bezieht sich nicht auf die Steuerart, sondern auf den konkreten Vergütungsanspruch.

 

Normenkette

AO § 171 Abs. 3a, § 170 Abs. 1, § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 47; MinöStG § 1 Abs. 1 S. 3, § 25 Abs. 1 Nrn. 4-5, § 25a; StromStG § 10

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.06.2010; Aktenzeichen VII R 37/09)

BFH (Urteil vom 08.06.2010; Aktenzeichen VII R 37/09)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreites.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt eine Vergütung der Mineralölsteuer nach § 25 a MinöStG für das Kalenderjahr 2003. Streitig ist, ob der Anspruch bereits wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist vor Antragstellung erloschen ist und ob ggf. eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist.

Die Klägerin ist im Bereich Schienenfahrzeugbau tätig und gehört dem produzierenden Gewerbe an. Am 14.05.2004 reichte die Klägerin – vertreten durch den Prozessbevollmächtigten – beim Beklagten einen Antrag auf Vergütung der Stromsteuer nach § 10 StromStG für das Kalenderjahr 2003 ein und nutzte hierzu den Vordruck 1450. Die auf dem Formular vorgesehene Vergütung der Mineralölsteuer nach § 25 a MinöStG beantragte die Klägerin nicht. Auf den vorgenannten Antrag (Blatt 1 ff. der Behördenakte) nebst Anlagen wird Bezug genommen.

Am 04.06.2004 reichte die Klägerin beim Beklagten den Antrag auf „Vergütung der … Mineralölsteuer nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG)” auf dem amtlichen Vordruck „1104 Antrag auf Erstattung bzw. Vergütung der Mineralölsteuer (§ 25 Abs. 1 Nr. 5 MinöStG) (2003)” ein (Blatt 18 der Behördenakte), auf den Bezug genommen wird. Dieser Vergütungsantrag wurde im Rahmen einer Steueraufsichtsmaßnahme im Unternehmen der Klägerin am 14.09.2004 und 05.11.2004 geprüft. Die Klägerin wandte sich während der Steueraufsichtsmaßnahme mit Schreiben vom 06.10.2004 (Blatt 34 ff. der Behördenakte) an den Prüfer und erwähnte hierbei § 25 a MinöStG. Auf dieses Schreiben wird Bezug genommen.

Im Rahmen der Steueraufsichtsmaßnahme gelangte der Beklagte zur Auffassung, dass die Klägerin für die Verwendung von Mineralöl die Vergütung nach § 25 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG wegen steuerfreier Verwendung begehrte und fälschlicherweise nicht den dafür erforderlichen Vordruck „1101” verwendet hatte. Der Antrag vom 04.06.2004 wurde mit Bescheid vom 31.01.2005 (Blatt 46 ff. der Behördenakte) abgelehnt, weil ein schädliches Verheizen des Mineralöls vorgelegen habe. Für die in diesem Antrag enthaltenen Mengen Mineralöl wurde der Klägerin aber mit Bescheid vom 10.02.2005 (Blatt 52 ff. der Behördenakte) die Vergütung nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 MinöStG gewährt.

Gegen die Ablehnung der Vergütung nach § 25 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG legte die Klägerin mit Schreiben vom 24.02.2005 (beim Beklagten eingegangen am 25.02.2005) Einspruch ein (RBL 266/05, Blatt 58 ff. der Behördenakte) und beantragte gleichzeitig hilfsweise die Vergütung der Mineralölsteuer nach § 25 a MinöStG.

Mit Schreiben vom 08.11.2005 (Blatt 84 ff. der Behördenakte) beantragte die Klägerin im Einspruchsverfahren RBL 266/05 „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO)”. Der Einspruch wegen der Vergütung nach § 25 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG wurde durch die Entscheidung vom 18.11.2006 – RBL 266/05 – bestandskräftig als unbegründet zurückgewiesen. Der Antrag auf Vergütung der Mineralölsteuer nach § 25 a MinöStG wurde mit Bescheid vom 15.03.2006 (Blatt 101 f. der Behördenakte) abgelehnt, weil bei Eingang des Vergütungsantrages am 25.02.2005 die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen gewesen sei. Ebenso wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung abgelehnt, da gesetzliche Fristen nicht wiedereinsetzungsfähig seien.

Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren führte ihr Prozessvertreter mit Schriftsatz vom 03.08.2005 (Blatt 71 ff. der Behördenakte) u. a. aus: „Unsere Mandantin ging noch am 5.1.2005 … davon aus, die Steuer antragsgemäß – in vollem Umfang – erstattet zu bekommen. Daher war ein Antrag gem. § 25a MinöStG unnötig, da eine vollständige Erstattung beantragt war und ei...

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