Entscheidungsstichwort (Thema)

Umwandlung einer Produktionsgenossenschaft in eine eingetragene Genossenschaft. Grunderwerbsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine nach der Wiedervereinigung durch Umwandlung aus einer Produktionsgenossenschaft (PGH) hervorgegangene eingetragene Genossenschaft kann nicht als mit der PGH rechtsidentisch angesehen werden.

2. Die Umwandlung ist nicht lediglich formwechselnder Natur, und wird mit der Eintragung der Gesellschaft, in die die PGH umgewandelt werden soll, in das Register wirksam.

3. Bemessungsgrundlage für die bei der übertragenden Umwandlung anfallende Grunderwerbsteuer ist der Wert der übernommenen Passiva als Gegenleistung. Diese ist nach der Boruttau'schen Formel im Verhältnis der Teilwerte aufzuteilen, wenn neben Grundbesitz auch andere, nicht dem Grundstücksbegriff des § 2 GrEStG unterfallende Vermögenswerte übertragen werden.

4. Erläuterungen zur Schätzung der Bemessungsgrundlage, wenn wie im Streitfall die Teilwerte der übertragenen Vermögensgegenstände nicht ermittelt werden können, weil Unsicherheiten zu Gunsten und zu Lasten der Steuerpflichtigen zu berücksichtigen sind.

 

Normenkette

GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 8 Abs. 1; GenG § 1 Abs. 1; PGH-VO § 6 Abs. 1; AO 1977 § 162 Abs. 1; FGO § 96 Abs. 1 S. 1 Hs. 2

 

Tenor

1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 21. Juli 1998 wird der Grunderwerbsteuerbescheid vom 14. März 1996 dahingehend abgeändert, daß die Grunderwerbsteuer auf 6.754 DM festgesetzt wird. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 1/7 der Klägerin, zu 6/7 dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß ergebenden Höhe abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine eingetragene Genossenschaft (eG), die aus der Produktionsgenossenschaft (PGH) des … werks … hervorgegangen ist; diese PGH war zu Zeiten der DDR gegründet worden. Am 11. Mai 1992 ist die Eintragung der Klägerin in das beim damaligen Kreisgericht … geführte Genossenschaftsregister erfolgt. Laut Register ist die Klägerin aufgrund Statuts vom 26. August 1991 durch Umwandlung der PGH, die bisher im PGH-Register der Stadt … Nr. … eingetragen war; erfolgt.

Da Grundvermögen vorhanden war, unterwarf der Beklagte (das Finanzamt – FA –) – ausgehend von einer übertragenden Umwandlung – den Erwerb „durch Umwandlung vom 11.05.1992” gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) der Grunderwerbsteuer.

Laut der zweiten geänderten DM-Eröffnungsbilanz (Bl. 93 FA-Akte) der Klägerin waren zum 1. Juli 1990 Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten mit insgesamt 2.248.465 DM bilanziert. In diesem Betrag ist u.a. neben dem Ferienobjekt … mit 10.000 DM das Geschäftshaus … Str. … mit 1.017.735 DM als Gebäude auf fremdem Grund und Boden enthalten. Das volkseigene Grundstück … Str. … war mit Wirkung vom 1. Januar 1989 der PGH als Rechtsträgerin übertragen worden. In den Jahren 1988 bis 1990 erfolgte eine Sanierung der aufstehenden Gebäude mit einem Aufwand von rund 2,6 Mio. Mark der DDR. Mit – nicht bestandskräftigem – Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 18. März 1997 wurde dieses Grundstück der Erbin des vormaligen Privateigentümers zu Alleineigentum übertragen.

Für die Bemessung der Grunderwerbsteuer ermittelte das FA unter Berücksichtigung der Grundstücks- und Gebäudewerte der geänderten DM-Eröffnungsbilanz zum 1. Juli 1990 einschließlich der Zugänge bis zum 31. Dezember 1991, der um die Bilanzänderung bereinigten übrigen Aktiva sowie aller Passiva den Wert der Gegenleistung mit 2.343.855 DM (Bl. 113/115 FA-Akte) und setzte die Grunderwerbsteuer mit Bescheid vom 14. März 1996 auf 46.877 DM fest. Der Einspruch hatte in der Einspruchsentscheidung vom 21. Juli 1998 keinen Erfolg, wogegen sich die vorliegende Klage richtet.

Die Klägerin macht im wesentlichen geltend, es fehlten die Voraussetzungen für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer, da kein Grundvermögen übertragen worden sei. Die der Besteuerung zugrunde gelegte „Umwandlung” sei keine solche im gesellschaftsrechtlichen Sinne und stelle keinesfalls eine übertragende Umwandlung dar. Die Klägerin habe zu keiner Zeit in einer anderen als der genossenschaftlichen Rechtsform bestanden. Das Grundvermögen sei stets dem gleichen Unternehmensträger – der Genossenschaft – zugeordnet gewesen. Die Klägerin verweist auf die Entscheidungen des Sächsischen Finanzgerichts vom 19. Oktober 1995 1 K 162/95, EFG 1996, 194, vom 25. Juni 1997 1 K 230/96, vom 2. November 1998 2 V 36/98 sowie vom 19. Februar 1999 4 V 66/98. Zudem enthalte § 5 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die Gründung, Tätigkeit und Umwandlung von Produktionsgenossenschaften des Handwerks vom 8. März 1990 (PGH-VO; GBl-DDR I 1990, 164) eine eigenständige Befreiungsvorschrift.

Vom FA sei bislang nicht beachtet worden...

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