Rz. 18

Ist das Grundstück wesentlich größer, als es einer den Gebäuden angemessenen Nutzung entspricht, und ist eine zusätzliche Nutzung oder Verwertung einer Teilfläche zulässig und möglich (selbstständig nutzbare Teilflächen), ohne dass mehrere wirtschaftliche Einheiten i. S. d. § 2 BewG vorliegen, ist diese Teilfläche gemäß § 257 Abs. 2 S. 1 BewG nicht in die Abzinsung des Bodenwerts einzubeziehen.[1] In diesen Fällen ist der sich aus der Anlage 41 zum BewG ergebende Abzinsungsfaktor auf den – um selbstständig nutzbare Teilflächen sondierten – Bodenwert anzuwenden. Der – nicht in die Abzinsung einbezogene – Bodenwertanteil der selbstständig nutzbaren Teilflächen ist anschließend dem abgezinsten Bodenwertwertanteil hinzuzurechnen. Der Wert der selbstständig nutzbaren Teilfläche ist separat zu ermitteln.

Im weitgehend automatisiert durchgeführten typisierten Ertragswertverfahren nach den §§ 252ff. BewG wird eine Bodensondierung von selbstständig nutzbaren Teilflächen, die i. d. R. eine Einzelfallprüfung voraussetzt, nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Bewertungsrechtlich sind i. S. d. § 2 BewG vorgreiflich gesondert zu bewertende wirtschaftliche Einheiten zu bilden (§ 244 BewG Rz. 11ff.).

In der Verkehrswertermittlung auf der Grundlage des Baugesetzbuchs wird der Wert der über die marktübliche Grundstücksgröße hinausgehenden selbstständig nutzbaren oder sonstigen Teilflächen gem. § 41 ImmoWertV grundsätzlich gesondert ermittelt und als besonderes objektspezifisches Grundstücksmerkmal i. S. d. § 8 Abs. 3 ImmoWertV berücksichtigt.

 

Rz. 19

Die selbstständig nutzbare Teilfläche wird in § 257 Abs. 3 BewG entsprechend des zwischenzeitlich außer Kraft getretenen § 17 Abs. 2 S. 2 ImmoWertV 2010[2] als Teil eines Grundstücks definiert, der für eine angemessene Nutzung der Gebäude nicht benötigt wird und selbstständig genutzt oder verwertet werden kann.

Dies kann z. B. der Fall sein, wenn das Grundstück größer ist, als es zur baulichen Nutzung notwendig wäre. Vorzuhalten ist nur die der Bebauung zurechenbare Umgriffsfläche. Die Flächenanteile des Grundstücks, die diese Umgriffsfläche erheblich überschreiten, sind für das Ertragsobjekt ohne Belang.

selbstständig nutzbare Teilfläche

Der Begriff der selbstständig nutzbaren Teilfläche in § 17 Abs. 2 S. 2 ImmoWertV 2010, der sich insbesondere an der eigenständigen Nutz- und Verwertbarkeit der für eine angemessene Nutzung der vorhandenen Bebauung nicht benötigten Teilflächen orientiert, wurde zwischenzeitlich durch § 41 der ImmoWertV vom 14.7.2021[3], der insoweit auf eine erhebliche Überschreitung der marktüblichen Grundstücksgröße abstellt, fortentwickelt. Ausweislich der Begründung zur ImmoWertV 2021 kann es sich dabei sowohl um Teilflächen handeln, die wirtschaftlich selbstständig genutzt werden oder nutzbar sind als auch um Teilflächen mit unterschiedlichen Grundstücksqualitäten oder einer abweichenden Nutzbarkeit.[4]

Für die Annahme von selbstständig nutzbaren Teilflächen ist nicht entscheidend, ob diese baulich nutzbar ist. Vielmehr wird unter einer selbstständig nutzbaren Teilfläche jede sinnvolle Nutzung verstanden (Lagerfläche, Abstellfläche, zusätzliche Gartenfläche, Schrebergarten, Streuobstwiese usw.). Sie müssen jedoch zumindest hinreichend groß und so gestaltet sind, dass sie eine entsprechende Nutzung ermöglichen.[5] Allgemein gültige Regeln zur Abtrennung selbstständiger Teilflächen können infolgedessen nicht vorgegeben werden; grundsätzlich ist anhand der Umstände des Einzelfalls darüber zu entscheiden.

 

Rz. 20

Wenngleich eine bauliche Nutzbarkeit keine Voraussetzung für die Annahme einer selbstständig nutzbaren Teilfläche i. S. d. § 257 Abs. 3 BewG ist (Rz. 19), wirkt sie sich auf die Bewertung dieser Teilflächen erheblich aus.

Unter Berücksichtigung der Verwaltungsanweisungen[6] wirkt sich die Bebaubarkeit der selbstständig nutzbaren Teilflächen insbesondere auf die Anwendung der Umrechnungsfaktoren nach der Anlage 36 zum BewG bei Ein- und Zweifamilienhäusern und der Abzinsungsfaktoren nach der Anlage 41 zum BewG bei der Ermittlung des abgezinsten Bodenwerts wie folgt aus:

Zu den Ermittlungsgrundsätzen ohne selbstständig nutzbare Teilflächen s. Rz. 15.

 

Rz. 21

Bei bebaubaren selbstständig nutzbaren Teilflächen ergibt sich der Wert der selbstständig nutzbaren Teilfläche nach Verwaltungsauffassung i. d. R. aus dem Produkt dieser Fläche und dem jeweiligen Bodenrichtwert. Von einer bebaubaren selbstständig nutzbaren Teilfläche ist auszugehen, wenn eine Aufteilung des Grundstücks in eine bebaute und eine bebaubare Teilfläche sowie eine separate Nutz- und Verwertbarkeit gegeben ist und die selbstständige Nutzung oder Verwertung dem üblichen Marktverhalten entspricht.[7] Bei diesen Fallgestaltungen dürfte jedoch häufig der Vorrang des § 2 BewG greifen und damit anstelle einer selbstständig nutzbaren Teilfläche eine gesonderte wirtschaftliche Einheit anzunehmen sein.

 
Praxis-Beispiel

Grundstücke mit bebaubaren selbstständig nutzbaren Teilflächen[8]

Die Grundstücksgröße d...

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