Rz. 13

Wird ein Steuergegenstand (§ 2 GrStG) ganz oder zum Teil ganz oder zu einem Teil einer anderen Person übereignet, so haftet nach § 11 Abs. 2 S. 1 GrStG der Erwerber neben dem früheren Eigentümer für die auf den Steuergegenstand oder Teil des Steuergegenstandes entfallende Grundsteuer, die für die Zeit seit dem Beginn des letzten vor der Übereignung liegenden Kj. zu entrichten ist.

Der Sinn und Zweck der sog. Erwerberhaftung nach § 11 Abs. 2 S. 1 GrStG ist darin zu sehen, dass der Gesetzgeber zur Vermeidung von Steuerausfällen im Rahmen seiner Steuergesetzgebungshoheit in bestimmten Fällen andere Personen verpflichtet, neben dem Steuerschuldner für die Steuerschuld einzustehen, d. h. für sie zu haften. Der Erwerber stellt dabei keinen Ersatzschuldner zum Steuerschuldner dar, sondern steht von Gesetzes wegen als Gesamtschuldner neben diesem auf derselben Stufe. Durch einen zusätzlichen Schuldner soll für den staatlichen Steuergläubiger eine effektive Steuerbeitreibung gesichert werden.[1] Es handelt sich allerdings um "unechte" Gesamtschuldner, da der Haftungsschuldner grundsätzlich nur nach dem Steuerschuldner (subsidiär) für die Steuerschuld einzustehen hat (Rz. 17).

Während im Rahmen der dinglichen Haftung nach § 12 GrStG die Haftung auf das Grundstück (Haftungsgegenstand) beschränkt ist, haftet der persönlich Haftende nach § 11 GrStG mit seinem gesamten Vermögen. Es bleibt dem Erwerber überlassen, ob er sich z. B. durch teilweisen Rückbehalt eines Teils des Kaufpreises vor den Folgen der Haftung schützt.

Die Erwerberhaftung nach § 11 Abs. 2 S. 1 GrStG setzt zunächst eine rechtsgeschäftliche Übereignung des Steuergegenstandes oder eines Teils des Steuergegenstandes i. S. d. §§ 873, 925 BGB an eine andere Person voraus. Irrelevant sind die Gründe, die zur Übereignung geführt haben.[2] Ohne Bedeutung ist ebenfalls, ob die Übertragung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgte. Somit kommen neben Übereignungen aufgrund eines Kaufvertrages, insbesondere auch solche durch Schenkungen oder Erbauseinandersetzungen in Betracht. Ein Erwerb von Todes wegen ist keine Übereignung im vorstehenden Sinne. In diesen Fällen kommt es zu einem gesetzlich angeordneten Übergang des Vermögens (Gesamtrechtsnachfolge i. S. d. § 45 Abs. 1 AO). Die Erben haften in diesem Fall gem. § 45 Abs. 2 AO für die Grundsteuer.

Werden Miteigentumsanteile an dem Steuergegenstand übereignet, beschränkt sich die Haftung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 GrStG nur auf die Grundsteuer für den jeweiligen Miteigentumsanteil. In diesen Fällen haften die Miteigentümer jedoch gesamtschuldnerisch nach § 10 Abs. 2 GrStG (§ 10 Rz. 17ff.) für die gesamte Grundsteuer des Steuergegenstandes.

Haftungsbegründend für die Erwerberhaftung wirkt der bürgerlich-rechtliche Eigentumsübergang durch Eintragung im Grundbuch.[3] Die Haftung des Erwerbers kann aber auch bereits durch wirtschaftliche Eigentumsübertragung begründet werden.[4] Die Haftung des Erwerbers kann insoweit auch bereits bei einer Übereignung unter Eigentumsvorbehalt begründet werden.[5] Die bloße Besitzeinräumung genügt indes noch nicht zur Begründung der Haftung nach § 11 Abs. 2 S. 1 GrStG. Auch Übertragungen auf Treuhänder oder Sicherungsübereignungen sind nicht haftungsbegründend.[6]

Die Erwerberhaftung nach § 11 Abs. 2 S. 1 GrStG ist nicht in der Höhe, aber zeitlich begrenzt. Der Erwerber haftet nur für die auf den Steuergegenstand oder Teil des Steuergegenstandes entfallende Grundsteuer, die für die Zeit seit dem Beginn des letzten vor der Übereignung liegenden Kj. zu entrichten ist. Auf den Zeitpunkt der Steuerfestsetzung kommt es nicht an.[7] Für die Rückrechnung des Haftungszeitraums ist auf den Zeitpunkt der Übereignung, d. h. im Allgemeinen auf den Zeitpunkt der Eintragung des Erwerbers als Eigentümer im Grundbuch abzustellen.[8] Allein dieser Zeitpunkt soll nach der Finanzrechtsprechung maßgeblich sein.[9]

 
Hinweis

Wird der Steuergegenstand mehrfach zeitlich hintereinander übereignet, können sich mehrere Haftungszeiträume überlagern. In diesen Fällen steht es im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinden einen oder auch mehrere Erwerber für die Haftung heranzuziehen.

 

Rz. 14

Die Erwerberhaftung nach § 11 Abs. 2 S. 1 GrStG (Rz. 13) gilt gem. § 11 Abs. 2 S. 2 GrStG nicht für Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und für Erwerbe im Vollstreckungsverfahren. Mit diesem Haftungsausschluss soll die Abwicklung dieser Verfahren erleichtert werden.

Das Insolvenzverfahren dient gem. § 1 Insolvenzordnung (InsO) dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird.

In Vollstreckungsverfahren werden die Ansprüche des Gläubigers gegen einen Schuldner unter Inanspruchnahme staatlichen Zwanges durchgesetzt. Bei Grundstücken kommen im Wege der Zwangsvollstreckung insbesondere die Zwangsversteigerung eines Grundstücks (§ 15ff. ZVG) und die Anord...

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