Nichterfüllung einer bestehenden Forderung: Zur zweiten Frage des BFH stellte der Gerichtshof fest, die Nichtbezahlung einer Gegenleistung i.S.v. Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL betreffe die Fälle, in denen der Leistungsempfänger eine Forderung nicht oder nur teilweise erfülle, die nach dem mit dem Leistenden geschlossenen Vertrag gegen ihn bestehe.[51]

Keine Nichterfüllung vor Fälligkeit: Sei das Entgelt aber – wie bei Ratenzahlungen – nach dem Vertrag erst später zu zahlen, liege, wenn der Leistungsempfänger vertragsgemäß zahle, kein Fall der Nichtbezahlung vor. Weder zahle der Leistungsempfänger weniger als vereinbart noch könne dies, solange die Vergütung nicht fällig sei, mit der Situation gleichgesetzt werden, in der der Leistungsempfänger die gegen ihn bestehende Forderung nur teilweise erfüllt.

Keine Minderung bei vertragsgemäßer Zahlung: Man kann also sagen, dass eine "Nichtbezahlung" i.S.v. Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL nach Ansicht des Gerichtshofs nur dann vorliegt, wenn die Gegenleistung nicht gezahlt wird, obwohl sie gezahlt werden müsste, nicht aber, wenn sie vereinbarungsgemäß erst später gezahlt wird. Vor Fälligkeit der Vergütung kann der Fall der Nichtbezahlung also nicht eintreten. Erst wenn feststeht, dass der Leistungsempfänger seine Zahlungsverpflichtung vertragswidrig nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig erfüllt, kann von einer Uneinbringlichkeit ausgegangen werden, die zur Minderung der Bemessungsgrundlage berechtigt. Es liegt also selbst dann keine "Nichtbezahlung" vor, wenn das Entgelt zwar erst nach zehn Jahren gezahlt wird, dies aber den vertraglichen Vereinbarungen entspricht.[52]

[51] EuGH v. 28.10.2021 – C-324/20 – X-Beteiligungsgesellschaft mbH, UR 2021, 908 Rz. 60 ff. Der Gerichtshof stellte auch noch den Unterschied der Nichtbezahlung zu den anderen in Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL geregelten Fällen (Annullierung, Rückgängigmachung, Auflösung) dar. Dies war aber in der vorliegenden Situation nicht entscheidungserheblich. Zu den Unterschieden bzw. der unionsrechtskonformen Umsetzung im deutschen Recht, vgl. von Streit, EU-UStB 2020, 57 (58).
[52] Es sei denn, dem stehen unionsrechtliche Prinzipien (die der EuGH in seiner Entscheidung u.E. nicht wirklich berücksichtigte) oder verfassungsrechtliche Bedenken entgegen; vgl. unten VI.4.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge