Sicherheitseinbehalte: Schon in seinem Urteil vom 24.10.2013[5] ging der BFH auf die Probleme der Sollbesteuerung ein. Es ging um den Steuerpflichtigen B, der Bauleistungen erbrachte. Die Auftraggeber behielten von den vereinbarten Entgelten anteilige Beträge (5 % bis 10 % der Auftragssumme) als Sicherheit ein. Die Auszahlung dieser Sicherheitseinbehalte erfolgte, sofern sie nicht für die Beseitigung von Baumängeln verwendet wurden, nach zwei oder fünf Jahren. Streitig war ob B im Zeitpunkt des Abschlusses seiner Bauleistung (Leistungszeitpunkt) Mehrwertsteuer auch auf die Beträge der Sicherheitseinbehalte schuldete oder ob die Steuer insoweit erst später zu zahlen war.

Steuerentstehung im Leistungszeitpunkt ...: Für den BFH war klar, dass die Steuer vollumfänglich gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG mit dem Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Leistungserbringung entstanden war. Es sei verfassungsgemäß, wenn die Steuer im Rahmen der Sollversteuerung vorzufinanzieren sei.[6]

... aber Korrektur, wenn unverhältnismäßig: Wenn sich aber, so der BFH weiter, die Sollbesteuerung im Einzelfall als unverhältnismäßig erweise, sei dem durch die Auslegung des Berichtigungstatbestandes der Uneinbringlichkeit (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG) Rechnung zu tragen.[7] Bei dieser Auslegung sei Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL zu beachten, der "eine Verminderung der Steuerbemessungsgrundlage für den Fall der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung ... nach der Bewirkung des Umsatzes ... unter den von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen‘ anordnet."[8]

Daher Berichtigung wg. Uneinbringlichkeit im Leistungszeitpunkt: Uneinbringlich sei ein Entgelt, wenn damit zu rechnen sei, dass der Leistende die Entgeltforderung zumindest auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen könne.[9] Dies gelte (nicht nur, wie in Art. 90 MwStSystRL vorgesehen, wenn sich die Bemessungsgrundlage nachträglich ändere, sondern) erst recht, wenn bereits im Leistungszeitpunkt klar sei, dass das Entgelt für einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren nicht vereinnahmt werden könne.

Insofern konnte B die Steuer auf den Anteil der vom Auftraggeber einbehaltenen Entgelte zunächst berichtigen und schuldete sie erst bei Vereinnahmung (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG).[10]

[5] BFH v. 24.10.2013 – V R 31/12, UR 2014, 238; vgl. hierzu Fritsch, UStB 2014, 67; Prätzler, jurisPR-SteuerR 20/2014 Anm. 6. S. auch Abschn. 17.1. Abs. 5 Satz 3 UStAE. Vorhergehend FG Münster v. 7.8.2012 – 15 K 4101/09U, UStB 2012, 281.
[9] So auch Abschn. 17.1. Abs. 5 und Abs. 11 ff. UStAE m.w.N.
[10] Zu diesem Urteil vgl. u.a. Heuermann, StBp 2014, 85; Prätzler, jurisPR-SteuerR 20/2014 Anm. 6; Langer/Hammerl, NWB 2014, 668; Hummel, MwStR 2014, 170; Tausch, UVR 2014, 163.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge