Vorlage: Der BFH, der über die gegen das Urteil des Niedersächsischen FG eingelegte Revision zu entscheiden hatte, entschied nicht direkt, sondern legte dem EuGH zunächst einige Fragen zur Sollbesteuerung vor.[12]

Leistung vollständig erbracht, aber Entgelt nicht vereinnahmt: Er ging zwar – das ist für das weitere Verständnis von grundlegender Bedeutung – ebenso wie das FG davon aus, dass die Steuer für die Vermittlungsleistung des V gem. Art. 63 MwStSystRL im Zeitpunkt der Leistungserbringung (2012) entstanden und daher im Grunde genommen unter Berücksichtigung aller sechs Teilzahlungen zu berechnen sei.[13] Er zweifelte aber daran, ob ein Steuerpflichtiger tatsächlich verpflichtet werden dürfe, die Steuer vorzufinanzieren, die er von seinen Kunden erst später (im vorliegenden Fall zu den vereinbarten Terminen, d.h. teilweise erst mehr als zwei Jahre nach Leistungserbringung) vereinnahmen könne.

Erste Frage – Entstehen der Steuer nur bei Fälligkeit und Unbedingtheit: Daher fragte er den EuGH, ob Art. 63 MwStSystRL (Steuertatbestand und Steueranspruch) ggf. dahingehend einschränkend auszulegen sei, dass die Steuer nur entstehe, wenn das Entgelt fällig sei oder zumindest unbedingt geschuldet werde (diese Voraussetzungen waren im Jahr 2012 wenigstens bei der zweiten bis sechsten Teilzahlung nicht erfüllt, da sie zum einen aufschiebend bedingt waren und zum anderen nicht klar war, ob der Arbeitsvertrag bei deren Fälligkeit noch existieren würde).

Zweite Frage – Vereinbarkeit der Vorfinanzierung mit Prinzipien des Unionsrechts: Sei eine solche einschränkende Auslegung von Art. 63 MwStSystRL nicht möglich, stelle sich die Frage, ob die Pflicht zur Vorfinanzierung der Steuer mit übergeordneten Besteuerungs- und Rechtsprinzipien des Unionsrechts vereinbar sei.

Dritte Frage – Minderung der Bemessungsgrundlage: Sofern eine solche Vereinbarkeit gegeben sei, wollte der BFH wissen, ob die Bemessungsgrundlage bereits im Leistungszeitpunkt gemindert werden könne, wenn der Steuerpflichtige den zu vereinnahmenden Betrag mangels Fälligkeit erst zwei Jahre nach Eintritt des Steuertatbestands vereinnahmen kann.[14]

[12] BFH v. 21.6.2017 – V R 51/16, UR 2017, 810. Zu diesem Urteil vgl. u.a. Nücken, UR 2017, 810 (815); Weymüller, MwStR 2017, 884 (888); Prätzler, BB 2017, Heft 41, I; Sterzinger, UStB 2017, 324; Wäger, BFH/PR 2017, 414.
[13] BFH v. 21.6.2017 – V R 51/16, UR 2017, 810 Rz. 31: "Im Streitfall hat die Klägerin ihre Vermittlungsleistungen bereits mit Abschluss der Arbeitsverträge der spielberechtigten Fußballspieler ausgeführt. Es liegt keine Leistung der Klägerin vor, die erst als mit dem Ende des Arbeitsvertrages erbracht anzusehen ist. Daher liegen im Streitfall grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Besteuerung bereits aufgrund der Leistungserbringung vor."
[14] Mit dieser Frage wollte er also im Prinzip die Feststellungen in BFH v. 24.10.2013 – V R 31/12, UR 2014, 238, vom EuGH "absegnen" lassen.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge