Vorlage nach BMF-Schreiben: Das FG Münster war im Zweifel, ob das nationale Recht bzw. die Verwaltungsvorschriften im Schreiben vom 12.4.2022 dem Unionsrecht entsprechen, und hat sich mit Beschluss vom 27.6.2022 an den EuGH gewandt, um einzelne Voraussetzungen des Reemtsma-Anspruchs von diesem klarstellen zu lassen.[37] Es scheint, als habe das FG das Erscheinen des BMF-Schreibens vom 12.4.2022 abgewartet, um dann – aufgrund des insoweit fraglichen Inhalts, den es in seinem Beschluss zitierte – seinen Vorlagebeschluss fertigzustellen.

Sachverhalt: Der Sachverhalt, der – soweit relevant – dem Beschluss zugrunde lag, ist schnell dargelegt:

Der Kläger (Leistungsempfänger LE) zahlte seinen Lieferanten in den Jahren 2011 bis 2013 zu viel MwSt (nämlich 19 % statt 7 %), die sie an ihre Finanzämter abführten. Das für den LE zuständige Finanzamt (Beklagter) versagte ihm am 30.9.2019 den Vorsteuerabzug i.H.v. 12 % und erhöhte seine Steuer entsprechend (wie immer plus Zinsen). LE forderte die zu viel an die Lieferanten gezahlte MwSt von diesen zurück, die Lieferanten machten aber die Einrede der Verjährung geltend und zahlten nicht. LE stellte daraufhin "mit Schreiben vom 24. Oktober 2019 einen Antrag beim Beklagten, ihm die nachgeforderte Umsatzsteuer und die festgesetzten Zinsen zur Umsatzsteuer [...] im Wege der Billigkeit gem. §§ 163, 227 Abgabenordnung (AO) zu erlassen. Dabei nahm er ausdrücklich Bezug auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs."[38] Das FA lehnte die Anträge im Dezember 2019 ab.

Kein Vorsteuerabzug im Billigkeitsweg: Die "Billigkeitslösung" des VII. Senats, d.h. Gewährung des Vorsteuerabzugs beim Kläger gem. §§ 227, 163 AO (s. oben I.2.b.), spielt im Beschluss des FG Münster keine Rolle. Dies erscheint nachvollziehbar. Hierfür mangelte es wohl – zumindest nach Ansicht der Finanzverwaltung – bereits an einer sachlichen oder persönlichen Unbilligkeit.[39]

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