OFD Niedersachsen, 11.3.2010, S 0622 - 885 - St 141

 

1. Eingangsstempel auf den Eingängen

1.1 Rechtsbehelfe sind nur dann zulässig, wenn sie innerhalb der vorgeschriebenen Fristen eingelegt worden sind (§ 358 AO). Maßgebend ist der Eingang der Rechtsbehelfsschrift bei der zuständigen Behörde. Ein Schriftstück ist dann eingegangen, wenn die Behörde hierüber die Verfügungsgewalt erhalten hat. Dabei genügt es, wenn das Schriftstück in den Hausbriefkasten oder das Postschließfach (Abholfach) der Behörde gelangt ist.

Nach der Rechtsprechung des BVerwG und des BFH (BVerwG-Entscheidungen vom 3.7.1961, VIII B 48.60 und 31.1.1964, IV C 101.63; BFH-Urteil vom 22.10.1975, BStBl 1976 II S. 76) ist ein Rechtsbehelf rechtzeitig eingelegt, wenn die Rechtsbehelfsschrift am letzten Tag der Frist in das Postschließfach der Behörde gelangt, auch wenn das Schließfach erst an einem folgenden Tag geleert wird.

Zur Vermeidung von Streitigkeiten über den Zugang eines Rechtsbehelfs bitte ich bei der Anbringung des Eingangsstempels wie folgt zu verfahren:

  1. Die Hausbriefkästen sind regelmäßig morgens bei Dienstbeginn, die Postschließfächer (Abholfächer) möglichst bis zum Dienstbeginn zu leeren.
  2. Schriftstücke, die sich bei der ersten Leerung eines Tages in den Hausbriefkästen oder den Postschließfächern (Abholfächern) befinden, erhalten den Eingangsstempel des letzten vorangegangenen Tages, an dem das FA für den Dienstbetrieb geöffnet war. Werden im Rahmen eines sog. Bereitschaftsdienstes die Hausbriefkästen oder die Postschließfächer (Abholfächer) des Finanzamts entleert, so ist im Sinn dieser Anordnung davon auszugehen, dass das FA am Tag der Entleerung für den Dienstbetrieb geöffnet war.

1.2 Diese Regelung erstreckt sich nicht auf die Fälle, in denen das Schriftstück nachweislich erst nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist bei dem FA eingegangen ist (z.B. ist das Schriftstück lt. Poststempel erst nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist zur Post gegeben worden). In diesen Fällen ist die Rechtsbehelfsfrist nicht gewahrt.

Das Niedersächsische Finanzgericht hat durch Urteil vom 26.11.2002 (EFG 2003 S. 582) rechtskräftig entschieden, dass in Fällen verspäteter Einspruchseinlegung aufgrund verzögerten Postlaufs das FA aus Beweisgründen den Briefumschlag zur Rechtsbehelfsakte zu nehmen habe. Anderenfalls müsse es die Vernichtung des Briefumschlags nach dem Grundsatz der Beweisvereitelung gegen sich gelten lassen.

Diese Entscheidung erfordert es indes nicht, Briefumschläge grundsätzlich aufzubewahren. Ob Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, muss im Einzelfall entschieden werden. Wiedereinsetzung ist nicht allein deswegen zu gewähren, weil das FA den Briefumschlag, in dem sich ein fristgebundenes Schreiben befand, nicht aufbewahrt hat (BFH-Beschluss vom 17.3.1997, BFH/NV 1997 S. 545). Bei dem massenhaften Posteingang eines Finanzamts und den im Verhältnis hierzu seltenen Fällen fristgebundener Schriftsätze mit aus dem Poststempel offenbar ersichtlicher überlanger Postlaufzeit ist eine solche Beweissicherung nicht zumutbar (BFH-Urteil vom 24.8.1990, BFH/NV 1991 S. 140).

 

2. Abgabe der Steuererklärung innerhalb der Einspruchsfrist nach Schätzung

Geht nach einem Schätzungsbescheid die Steuererklärung innerhalb der Einspruchsfrist beim FA ein und ergibt sich nach Auswertung der Erklärung eine niedrigere Steuer, kann die Erklärung als Einspruch gegen den Steuerbescheid angesehen werden (BFH-Urteile vom 27.2.2003, BStBl 2003 II S. 505, und vom 24.8.2004, BFH/NV 2005 S. 11). Bei Eingang nach Ablauf der Einspruchsfrist ist zu prüfen, ob Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) zu gewähren ist.

 

3. Elektronischer Eingang

3.1 Der Einspruch kann unter der Voraussetzung der Zugangseröffnung auch elektronisch eingelegt werden; eine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz ist nicht erforderlich (AEAO zu § 87a, Nr. 1).

3.2 Bei einem Einspruch i.S.d. Tz. 2 mittels elektronischer Abgabe der Steuererklärung gilt (BMF-Schreiben vom 15.1.2007, IV C 6 – O 2250 – 138/06, BStBl 2007 I S. 95):

Der Zugang wird eröffnet, soweit Art, Umfang und Organisation des Einsatzes automatischer Einrichtungen in den Finanzverwaltungen des Bundes und der Länder eine Datenübermittlung ermöglichen. Eine aktuelle Übersicht der eröffneten Zugänge wird im Internet unter http://www.eSteuer.de veröffentlicht.

Authentisierter Zugang:

Bei elektronisch übermittelten Steuererklärungen ersetzt die qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz die Unterschrift (§ 87a Abs. 3 Satz 2 AO). Der Zugang der elektronisch übermittelten Daten in der für den Empfang bestimmten Einrichtung hat hinsichtlich der Abgabefristen die gleiche Wirkung wie der Zugang der Steuererklärung auf Papier. Als Tag der Abgabe gilt der Tag, an dem die für den Empfang bestimmte Einrichtung die Daten in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet hat (§ 87a Abs. 1 Satz 2 AO).

Zugang mit komprimierter Steuererklärung:

Die elektronische Übermittlung ist auch möglich, soweit für die Datenübermittlung...

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