Leitsatz

1. Der nach § 8 Abs. 2 S. 3 EStG bei Überlassung eines Dienstwagens für Fahrten zwischen Wohnung und (regelmäßiger) Arbeitsstätte an einen Arbeitnehmer anzusetzende Zuschlag bildet einen Korrekturposten zur Entfernungspauschale. Für die Ermittlung des Zuschlags kommt es ebenso wie bei der Entfernungspauschale auf die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse an. Wird der Dienstwagen auf dem Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nur auf einer Teilstrecke eingesetzt, beschränkt sich der Zuschlag auf diese Teilstrecke.

2. Wird dem Arbeitnehmer ein Dienstwagen auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte überlassen, besteht ein Anscheinsbeweis dafür, dass er den Dienstwagen für die Gesamtstrecke nutzt. Der Anscheinsbeweis ist bereits dann entkräftet, wenn für eine Teilstrecke eine auf den Arbeitnehmer ausgestellte Jahres-Bahnfahrkarte vorgelegt wird.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6, § 8 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 bis 4, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 38 Abs. 1 S. 1, § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger, ein Verband, stellte seinem Hauptgeschäftsführer (H) einen Dienstwagen auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung. Beim LSt-Abzug ermittelte der Kläger den Zuschlag nicht auf der Grundlage der Entfernung von der Wohnung des H zur Arbeitsstätte (118 km), sondern nach der Teilstrecke zum nächstgelegenen Bahnhof (3,5 km), weil er davon ausging, dass H von dort aus mit der Bahn zur Arbeitsstätte gefahren war.

Im Anschluss an eine LSt-Außenprüfung erließ das FA einen LSt-Haftungsbescheid (§ 42d Abs. 1 EStG) über rd. 9 500 Euro. Das FA legte hierbei dem Zuschlag die gesamte Entfernung zur Arbeitsstätte zugrunde und wandte die Verwaltungsregelung über die Kostendeckelung an. Das FG wies die Klage ab (FG München, Urteil vom 15.04.2005, 8 K 2890/03, Haufe-Index 1485967, EFG 2006, 958).

 

Entscheidung

Die Revision des Klägers war erfolgreich; sie führte zur Zurückverweisung an das FG. Es sei nur die tatsächlich mit dem Dienstwagen zurückgelegte Teilstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte maßgebend. Hinreichende tatsächliche Feststellungen lägen insoweit jedoch nicht vor. Das FG habe deshalb noch zu prüfen, ob der Vortrag des Klägers zutreffend sei, er habe den Dienstwagen nur für die bezeichnete Teilstrecke zum Bahnhof benutzt.

 

Hinweis

1. Das Verfahren warf die Frage auf, ob der nach § 8 Abs. 2 S. 3 EStG zusätzliche geldwerte Vorteil (Zuschlag) für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und (regelmäßiger) Arbeitsstätte (0,03 % des Listenpreises je Monat und Entfernungskilometer) auch dann anzusetzen ist, wenn feststeht, dass der Arbeitnehmer nur einen (hier: geringen) Teil der Wegstrecke tatsächlich mit dem Kfz zurücklegt.

2. Der BFH unterscheidet zwischen der (allgemeinen) Vorteilsberechnung nach § 8 Abs. 2 S. 2 EStG einerseits und der (besonderen) Vorteilsberechnung nach § 8 Abs. 2 S. 3 EStG andererseits. Nach Ansicht des BFH ist für die Ermittlung des Zuschlags nach Sinn und Zweck des Satzes 3 nur die tatsächlich mit dem Dienstwagen zurückgelegte Teilstrecke maßgeblich und entgegen der h.M. – trotz des Wortlauts ("kann genutzt werden") – nicht die bloße objektive Nutzungsmöglichkeit.

Der Umstand, dass ein Zuschlag erfolgt, obwohl für die (allgemeine) Privatnutzung nach S. 2 bereits ein Vorteil angesetzt wird und der Zuschlag nicht der Abgeltung einer irgendwie gearteten weiteren Privatnutzung dienen kann, rechtfertigt sich allein damit, dass für die Fahrten zwischen Wohnung und (regelmäßiger) Arbeitsstätte auch ein Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG zulässig ist. Der Zweck der Zuschlagsregelung besteht darin, den (überschießenden) pauschalen Werbungskostenabzug für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Entfernungspauschale) zu kompensieren, der dem Arbeitnehmer bei Nutzung eines Dienstwagens zusteht, ohne dass dieser eigene Aufwendungen zu tragen hat. Aus der Korrekturfunktion des Zuschlags, die der BFH auch aus der Entstehungsgeschichte der betroffenen Vorschriften (auch zu § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG) herleitet, ergibt sich, dass für die Entfernungspauschale und korrespondierend für den Zuschlag nur auf die tatsächliche Nutzung des Dienstwagens abzustellen ist.

3. Der BFH weist insoweit auch darauf hin, dass – anders als bei S. 2 – der tatsächliche Nutzungsumfang bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ohne größeren Aufwand festgestellt werden kann. Die Forderung, einem Steuerpflichtigen könne das Führen eines Fahrtenbuchs allein für die Wege zur Arbeitsstätte zugemutet werden, ist überdies weder gesetzeskonform noch verhältnismäßig.

4. Diese Auslegung der Zuschlagsregelung hat Konsequenzen sowohl beim Arbeitnehmer als auch für den LSt-Abzug durch den Arbeitgeber. Dieser kann – auch zur Vermeidung einer Überbesteuerung – bereits dem Umstand Rechnung tragen, dass der Dienstwagen nur für eine Teilstrecke genutzt wird. Denn der Umfang der tatsächlichen Nutzung des Dienstwagens betrifft die Höhe des dem LSt-Abzug unterliegenden Arbeitslohns. ...

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