Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 111e Abs. 1 StPO in der seit 1. Juli 2017 geltenden Fassung steht die Anordnung eines Vermögensarrestes - wie bisher - grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Strafverfolgungsbehörden. Liegt allerdings ein dringender Verdacht vor, dass es am Ende des Verfahrens zu einer Einziehung von Wertersatz kommt, so soll ein Vermögensarrest angeordnet werden.

2. Durch die Neuregelung in § 111e Abs. 1 StPO in der Fassung vom 13. April 2017 und ersatzlose Aufhebung des § 111d Abs. 2 StPO in der Fassung vom 17. Juli 2015 ist der Verweis auf § 917 ZPO (Arrestgrund bei dinglichem Arrest), mithin die Besorgnis einer Erschwerung oder wesentlichen Vereitelung der Forderungsvollstreckung, entfallen, womit jedoch das bisherige Erfordernis eines "Arrestgrundes" und die dazu ergangene Rechtsprechung nicht tangiert werden sollen. Somit ist der Arrest weiterhin nur zulässig, wenn dies zur Sicherung der Vollstreckung der Einziehung erforderlich ist. Eine Notwendigkeit für die Sicherung der Vollstreckung, dass also die Vollstreckung ohne den Arrest gefährdet sein muss, gibt der Gesetzeswortlaut indes nicht (mehr) vor.

3. Zwar gelten die Fristen des § 111b Abs. 3 StPO in der Fassung vom 17. Juli 2015 durch dessen ersatzlose Streichung nun nicht mehr, dennoch ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen, bei der das Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit gegen das Grundrecht des Betroffenen aus Art. 14 Abs. 1 GG abzuwägen ist.

4. Nach § 111e Abs. 6 StPO in der Fassung vom 13. April 2017 stehen die beiden Sicherungsinstrumente des Vermögensarrests nach der StPO und des steuerlichen Arrests gemäß § 324 der Abgabenordnung gleichrangig nebeneinander.

 

Verfahrensgang

LG Ellwangen (Entscheidung vom 17.08.2017; Aktenzeichen 2 Qs 21/17)

AG Schwäbisch Gmünd (Entscheidung vom 21.03.2017; Aktenzeichen 2 Gs 3/17)

 

Tenor

  1. Die weitere Beschwerde der Beschuldigten gegen den Beschluss des Landgerichts Ellwangen - 2. Große Wirtschaftsstrafkammer - vom 17. August 2017 wird als unbegründet

    verworfen.

  2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.
 

Gründe

I.

Mit Verfügung vom 1. Dezember 2016 ordnete das Finanzamt Schwäbisch Gmünd wegen Gefahr im Verzuge unter anderem gemäß §§ 111b Abs. 2 und 5, 111d, 111e Abs. 2 StPO i.V.m. §§ 73 Abs. 1 Satz 2, 73 a StGB (allesamt in der bis zum 30. Juni 2017 gültigen Fassung), 370 Abs. 1 Nr. 1, 386, 399 AO zur Sicherung der dem Finanzamt Backnang aus möglichen Steuerstraftaten der Beschuldigten erwachsenen steuerlichen Ansprüche den dinglichen Arrest in Höhe von 28.000,00 Euro in das Vermögen der Beschuldigten an. Auf Antrag des Finanzamts Schwäbisch Gmünd vom 7. Dezember 2016, eingegangen beim Amtsgericht am selben Tag, bestätigte das Amtsgericht Schwäbisch Gmünd mit Beschluss vom 21. März 2017 den angeordneten dinglichen Arrest.

Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beschuldigten hat das Landgericht Ellwangen mit Beschluss vom 17. August 2017 als unbegründet verworfen.

Hinsichtlich der Einzelheiten der der Beschuldigten zur Last gelegten Sachverhalte und des bisherigen Verlaufs des Ermittlungsverfahrens wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die diesbezüglichen umfangreichen Ausführungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 28. August 2017, eingegangen beim Landgericht am selben Tag, hat die Beschuldigte gegen diesen Beschluss "sofortige Beschwerde" eingelegt, welche mit weiterem Schriftsatz vom 30. August 2017 als weitere Beschwerde bezeichnet und ergänzend begründet wurde. Die Beschuldigte beantragt,

den mit Beschluss des Amtsgerichts Schwäbisch Gmünd vom 21. März 2017 bestätigten dinglichen Arrest aufzuheben und die arrestierten Gegenstände herauszugeben.

Das beteiligte Finanzamt Schwäbisch Gmünd wurde zu dem Beschwerdevorbringen gemäß §§ 33 Abs. 2, Abs. 3 StPO, 399 Abs. 1, 386 Abs. 2 AO gehört.

II.

Die gemäß § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO statthafte und auch ansonsten zulässige weitere Beschwerde ist aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, unbegründet.

Die Beschwerdebegründung rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht.

1. Zunächst ist festzuhalten, dass vorliegend, auch wenn die der Beschuldigten vorgeworfenen Taten vor dem 1. Juli 2017 begangen worden sein sollen, aufgrund der Übergangsvorschriften von Art. 316h Satz 1 EGStGB und § 14 EGStPO die Vorschriften des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 Anwendung finden.

2. Auch unter Berücksichtigung der neuen Gesetzeslage kommt vorliegend gemäß §§ 111e StPO, 73, 73c StGB n. F. angesichts des bestehenden Tatverdachts die Anordnung des Vermögensarrestes (vormals dinglicher Arrest) zur Sicherung der Steueransprüche in Betracht (vgl. hierzu auch OLG Celle, Beschluss vom 20. Mai 2008, 2 Ws 155/08, juris Rn. 10; OLG Nürnberg, NStZ 2011, 173, juris Rn. 3).

Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz vorliegen, so kann zur Sicherung der Vollstreck...

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