a) Einführung

 

Rz. 470

[Autor/Stand] Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz vorliegen, so kann gem. § 111e Abs. 1 StPO zur Sicherung der Vollstreckung der Vermögensarrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Betroffenen angeordnet werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll der Vermögensarrest angeordnet werden. Der Vermögensarrest sichert den Zahlungsanspruch des Staates gegen den Einziehungsadressaten und ist von seiner Rechtsnatur her ein vorläufiger Zahlungstitel, welcher die Staatsanwaltschaft zu Vollstreckungsmaßnahmen in das Vermögen des Betroffenen berechtigt. Die Vollziehung führt zu einem Veräußerungsverbot. Durch die Vollstreckung des Vermögensrestes werden Sicherungspfandrechte an den betreffenden Gegenständen begründet, welche von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Betroffenen grundsätzlich nicht berührt werden. Eine Ausnahme besteht für § 111h StPO, soweit dem Verfahren eine Steuerstraftat zugrunde liegt.

 

Rz. 471

[Autor/Stand] Ein Arrest scheidet aus, wenn auch im späteren Verfahren keine Einziehung erfolgen kann. Beispielhaft zeigen lässt sich dies etwa am Fall der Hinterziehung von Schenkungsteuer. Steuerlich ist in diesen Fällen auch der Schenker zur Anzeige gegenüber dem Finanzamt verpflichtet (§ 30 Abs. 2 ErbStG). Damit ist im Fall einer vorsätzlich verheimlichten Zuwendung auch der Schenker Täter einer Schenkungssteuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO). Der Schenker erlangt aber "durch die Tat" neben offenen Steuerschulden – die sich auch gegen ihn richten (§ 20 Abs. 1 ErbStG) – selbstverständlichen keinen Steuervorteil, der sich nach der Tat "als Vorteil in seinem Vermögen widerspiegelt". Der Erlass einer Einziehungsanordnung gegen ihn scheidet aus.

 

Rz. 472

[Autor/Stand] In gleicher Weise scheidet eine Einziehung nach den neuen Vorgaben des BGH auch im Bereich der Abgaben aus, die durch Steuerabzug an der Quelle erhoben werden. Bei der Verkürzung von Lohnsteuer, von Kapitalertragsteuer oder von Steuerabzugsbeträgen nach § 50a EStG durch zu niedrige oder unterlassen Einbehaltung und Anmeldung erlangt der Arbeitgeber, der Schuldner der Kapitalerträge oder der Lizenzzahlungen etc. keinen Vermögensvorteil aus der Tat, der sich nach der Begehung in seinem Vermögen widerspiegeln könnte. Beschränkt man den Anwendungsbereich von § 73 StGB im Sinne der neuen BGH-Rspr., dann scheiden Abschöpfungsmaßnahmen in diesen Hinterziehungsfällen aus.

 

Rz. 473

[Autor/Stand] Vorläufige Maßnahmen, also das "Einfrieren" von Vermögen zum Zweck der späteren Sicherstellung, setzen mithin stets voraus, dass der Verdacht auf das Vorliegen der Einziehungsvoraussetzungen nach § 73 StGB gegeben ist. Scheidet die Anwendung von § 73 StGB von Beginn an aus, sind auch die Voraussetzungen für eine strafprozessuale Arrestanordnung nicht gegeben.

 

Rz. 474

[Autor/Stand] Terminologisch ist nunmehr vom sog. Vermögensarrest statt vom dinglichen Arrest die Rede. Das Verfahren erfolgt parallel: Auf der einen Seite erfolgt die Beschlagnahme/Einziehung und der Vermögensarrest, auf der anderen Seite erfolgt die Wertersatzeinziehung. Ersparte Aufwendungen sind immer Wertersatz, so dass auch die Steuerhinterziehung nach § 73a StGB erfasst wird[6].

 

Rz. 475

[Autor/Stand] Im Falle der Annahme, dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz vorliegen, kann nunmehr zur Sicherung der Vollstreckung der Vermögensarrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Betroffenen angeordnet werden. Im Falle dringender Gründe soll sogar der Vermögensarrest angeordnet werden (§ 111e Abs. 1 Satz 2 StPO). Die inhaltlichen Voraussetzungen sind dem steuerlichen Arrest entlehnt. Zur Anordnung ist der zu sichernde Anspruch unter Angabe des Geldbetrages zu bezeichnen. Zudem ist in der Anordnung der Geldbetrag festzusetzen, durch dessen Hinterlegung der Betroffene die Vollziehung des Arrestes abwenden und die Aufhebung der Vollziehung des Arrestes verlangen kann (§ 111e Abs. 4 StPO). Maßgebend für die Wertfestsetzung ist das wirtschaftliche Interesse des Betroffenen an der Abwehr der Arrestforderung, wobei die konkrete wirtschaftliche Situation in den Blick zu nehmen ist (§ 23 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 RVG).[8] Im Falle der Hinterlegung des festgesetzten Geldbetrags ist die Vollziehungsmaßnahme aufzuheben. Die Vollziehung des Vermögensarrestes bewirkt ein Veräußerungsverbot i.S.v. § 136 BGB. Zwangsvollstreckungen in Gegenstände, die im Wege der Arrestvollziehung gepfändet worden sind, sind während der Dauer der Arrestvollziehung nicht zulässig. Die Vollziehung einer Arrestanordnung nach § 324 AO bleibt unberührt, soweit der Arrestanspruch aus der Straftat erwachsen ist. Der Vermögensarrest der StPO und der steuerliche Arrest stehen nach Ansicht der Rspr. gleichrangig nebeneinander, um rechtliche Unsicherheiten bei der vorläufigen Sicherung von Vermögenswerten in Steuerstrafverfahren zu beseitigen.[9]

b) Verfahrensablauf im Ermittlungsverfahren

 

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