Verfahrensgang

LG Bielefeld (Urteil vom 14.11.2000; Aktenzeichen 15 O 217/00)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 14. November 2000 verkündete Urteil der VI. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar und beschwert die Beklagten mit 30.000,00 DM.

 

Tatbestand

(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.)

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, da das Landgericht sie zu Recht verurteilt hat, es bei Meidung gesetzlicher Ordnungsmittel zu unterlassen, Steuerberatern Einzelpräsentationen auf „Stadtplanorientierungsanlagen” anzubieten und solche Präsentationen durchzuführen (§ 1004 BGB [analog] i.V.m. §§ 1 UWG, 57, 57 a Abs. 1 SteuerberaterG, 11 Abs. 1 BOStB). Die Klägerin ist gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG prozeßführungsbefugt. Sie ist als öffentlich-rechtlich organisierte Kammer freier Berufe auch Verband zur Förderung gewerblicher Interessen im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG, weil sie – ungeachtet ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgabenstellung – auch die beruflichen Belange ihrer Mitglieder zu wahren und zu fördern hat. Dazu gehört auch die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen, soweit dadurch – wie hier – der Wettbewerb von Kammermitgliedern hinsichtlicher ihrer Dienstleistung, der Steuerberatung, berührt wird (vgl. BGH WRP 1999, 824 ff., 825 – Steuerberaterwerbung auf Fachmessen m.w.N.). Der Umstand, dass die Beklagten in keinem Wettbewebsverhältnis zu den Mitgliedern der Klägerin stehen, steht der Prozeßführungsbefugnis nicht entgegen, soweit es – wie im vorliegenden Fall – darum geht, Dritte in Anspruch zu nehmen, die als Störer zu einem Wettbewerbsverstoß von Steuerberatern beitragen. Denn insoweit steht eine Beteiligung an Wettbewerbsverstößen von Steuerberatern in Rede, die die Klägerin gegebenenfalls (auch) unmittelbar in Anspruch nehmen könnte. Die den Verbänden eingeräumte Möglichkeit der Rechtsverfolgung wäre unvollständig, wenn sie nicht gegen alle an einem Wettbewerbsverstoß Beteiligten vorgehen könnten (vgl. u.a. BGH GRUR 1997, 313 ff., 314, 315 – Architektenwettbewerb).

Der Unterlassungsantrag der Klägerin ist nicht zu unbestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Es fehlt ihm entgegen der Ansicht der Beklagten nicht „jegliche notwendige Konkretisierung”, da die Klägerin jegliche Werbung von Steuerberatern auf solchen Werbeträgern, wie sie die „Stadtplanorientierungsanlagen” darstellen, verboten wissen will, ohne dass es dabei auf die inhaltliche Gestaltung, die Größe oder Plazierung ankommen soll (vgl. dazu BGH GRUR 2000, 822, 823 – Steuerberateranzeige).

Die Beklagten haften auch als wettbewerbsrechtliche Störer (§ 1004 BGB [analog] i.V.m. §§ 1 UWG, 57, 57 a Abs. 1 SteuerberaterG, 11 Abs. 1 BOStB). Der Störerhaftung steht nicht entgegen, dass die Beklagten nicht dem Verbot berufswidriger Werbung bei den Steuerberatern nach §§ 57, 57 a Abs. 1 SteuerberaterG unterliegen, da die Störerhaftung auch einer Umgehung des standardrechtlichen Verbots entgegen wirken soll (vgl. BGH GRUR 1996, 905 ff., 907 – GmbH-Werbung für ambulante ärztliche Leistungen; BGH WRP 1999, 501 ff., 504 – Implantatbehandlung; BGH WRP 2000, 506 ff., 509 – Klinik Sanssouci). Die Werbung auf solchen Werbeträgern, zu der sich die Beklagten nach wie vor für berechtigt halten, verstößt gegen §§ 57, 57 a Abs. 1 SteuerberaterG, 11 Abs. 1 BOStB. Nach §§ 57, 57 a Abs. 1 SteuerberaterG ist eine Steuerberaterwerbung nur erlaubt, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist. Das ist inzwischen in das Satzungsrecht der Bundessteuerberaterkammer mit den §§ 10 ff. BOStB übernommen und teilweise konkretisiert worden (vgl. dazu BGH GRUR 2000, 23 – Steuerberateranzeige). Um die berufswidrige Anzeigenwerbung allgemein abzugrenzen, stellt § 11 Abs. 1 Satz 3 BOStB nur noch auf die Wirkung im Einzelfall ab, die sich aus dem Gesamteindruck der angesprochenen Verkehrskreise ergibt (vgl. BGH a.a.O. – Steuerberateranzeige). Danach dürfen Anzeigen keine übertriebene, auffällige oder in sonstiger Weise reklamehafte Form haben. Nach § 11 Abs. 1 Satz 4 BOStB ist bei der Beurteilung der Reklamehaftigkeit auch die Häufigkeit des Erscheinens zu berücksichtigen. Allgemein dient das Verbot berufswidriger Werbung dem Zweck, eine Verfälschung des jeweiligen Berufsbildes durch Verwendung kommerzieller Werbemethoden zu verhindern (vgl. BVerfG WRP 1996, 192, 193). Welche Werbeformen dabei als üblich, angemessen oder übertrieben bewertet werden, unterliegt zeitbedingten Veränderungen (vgl. BVerfG WRP 2000, 720, 721 – Sponsoring).

Die Werbung in der beanstandeten Form wird dadurch charakterisiert, dass sie dauerhaft – in der Regel ununterbrochen für drei Jahre – erscheint. Allein dadurch hat sie eine reklamehafte Form und nicht durch ihr konkretes Umfeld auf der jeweiligen Werbetafel (a.A. OLG Frankfurt a....

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