a) Voraussetzungen des qualifizierten Mitwirkungsverlangens

aa) Qualifiziertes Mitwirkungsverlangen als Verwaltungsakt

Eine wesentliche Verschärfung der steuerlichen Mitwirkungspflichten der Steuerpflichtigen bringt das sog. qualifizierte Mitwirkungsverlangen nach § 200a AO-E mit sich. Es knüpft an die in § 200 AO geregelten allgemeinen Mitwirkungspflichten in der Betriebsprüfung an. § 200a Abs. 1 AO-E definiert das qualifizierte Mitwirkungsverlangen als "Aufforderung zur Mitwirkung durch ein schriftlich oder elektronisch zu erteilendes Mitwirkungsverlangen mit Rechtsbehelfsbelehrung nach § 356 AO". Hierdurch wird zunächst verdeutlicht, dass es sich bei dem qualifiziertes Mitwirkungsverlangen um einen Verwaltungsakt i.S.v. § 118 AO handelt. Bei der Einforderung allgemeiner Mitwirkungspflichten durch den Prüfer nach § 200 AO kann die Abgrenzung zwischen einem rechtsbehelfsfähigen Verwaltungsakt und einem schlichten Verwaltungshandeln im Einzelfall schwierig sein (hierzu ausf. Peters in Hruschka/Peters/von Freeden, Steuerliche Betriebsprüfung, Rz. 1.818 ff.). § 200a Abs. 1 AO-E schafft hier Rechtssicherheit. Diese Rechtssicherheit ist mit Blick auf die Rechtsfolgen, die § 200a AO in Gestalt eines Mitwirkungsverzögerungsgeldes und eines möglichen Zuschlags hierzu bei einem nicht oder nicht vollständig erfüllten Mitwirkungsverlangen vorsieht, auch zwingend erforderlich. Das qualifizierte Mitwirkungsverlangen ist gem. § 200a Abs. 1 S. 4 AO-E grundsätzlich innerhalb einer Frist von einem Monat nach Bekanntgabe zu erfüllen.

Ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen hat zu unterbleiben, wenn der Prüfer gem. § 199 Abs. 2 S. 4 AO-E im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen Rahmenbedingungen für die Erfüllung der allgemeinen Mitwirkungspflichten nach § 200 AO festgelegt hat und der der Steuerpflichtige diese Rahmenbedingungen erfüllt.

bb) Ermessensentscheidung der Finanzbehörde

"Abgestuftes Verfahren": Die Möglichkeit des Erlasses eines qualifizierten Mitwirkungsverlangens steht im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde. Für ein ermessensgerechtes qualifiziertes Mitwirkungsverlangen dürfte nach der Vorstellung der Entwurfsverfasser insb. maßgeblich sein, wie kooperativ der Steuerpflichtige sich während der laufenden Betriebsprüfung verhalten hat. Nach § 200a Abs. 1 S. 2 AO-E soll eine "weitergehende Begründung" des Mitwirkungsverlangens nicht erforderlich sein, wenn die Finanzbehörde den Steuerpflichtigen auf die Möglichkeit eines qualifizierten Mitwirkungsverlangens hingewiesen hat und der Steuerpflichtige seinen Mitwirkungspflichten dennoch nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist. Hieraus wird deutlich, dass die Entwurfsverfasser ein "abgestuftes Verfahren" vor Augen hatten, in dem auf der ersten Stufe ein einfaches Mitwirkungsverlangen nach § 200 Abs. 2 AO an den Steuerpflichtigen gerichtet wird. Kommt der Steuerpflichtige diesem Mitwirkungsverlangen nicht nach, ist auf der nächsten Stufe ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen anzudrohen. Wirkt der Steuerpflichtige weiterhin nicht mit, kann ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen ergehen.

Beachten Sie: Werden von vornherein nach § 199 Abs. 2 AO-E im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen Rahmenbedingungen für die Mitwirkung nach § 200 AO festgelegt und diese Rahmenbedingungen vom Steuerpflichtigen erfüllt, hat nach § 199 Abs. 2 AO-E ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen nach § 200a AO-E zu unterbleiben.

cc) Begründungspflicht

Der Neuregelung des § 200a Abs. 1 AO-E lässt sich nicht zweifelsfrei entnehmen, ob und in welchem Umfang ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen zu begründen ist. Nach § 200a Abs. 1 S. 2 AO-E soll eine "weitergehende Begründung" des Mitwirkungsverlangens nicht erforderlich sein, wenn die Finanzbehörde den Steuerpflichtigen auf die Möglichkeit eines qualifizierten Mitwirkungsverlangens hingewiesen hat und der Steuerpflichtige seinen Mitwirkungspflichten dennoch nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist. Dies könnte dahingehend zu verstehen sein, dass nach der Vorstellung der Entwurfsverfasser die "Androhung" des qualifizierten Mitwirkungsverlangens die eigentliche Begründung entbehrlich macht. In ähnlicher Weise sieht AEAO Nr. 1 zu § 200 vor, dass einfache Mitwirkungsverlangen nicht begründet werden müssen.

Hinweis auf vergebliche Mitwirkungsaufforderung: Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Erlass eines qualifizierten Mitwirkungsverlangens – ebenso wie bei einem einfachen Mitwirkungsverlangen nach § 200 AO – um eine Ermessensentscheidung handelt. Ohne Begründung lassen sich die Ermessenserwägungen der Finanzbehörde nicht nachvollziehen. Da für den Erlass eines qualifizierten Mitwirkungsverlangens, wie dargelegt, die Kooperationswilligkeit des Steuerpflichtigen maßgeblich ist, sollte die Begründung des qualifizierten Mitwirkungsverlangens zumindest einen Hinweis darauf enthalten, dass der Steuerpflichtige zuvor vergeblich zur Mitwirkung aufgefordert wurde, das qualifizierte Mitwirkungsverlangen also zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen erforderlich ist.

Hinweis auf Steuerrelevanz und Verhältnismäßigkeit: Hinzu kommt, dass bereits ein einfaches Mitwirkungsverlangen nach § 200 AO nur rechtmäßig ...

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