Mitvermietung von Vorrichtungen = Teil einer einheitlichen Leistung: Schon zu Beginn seiner rechtlichen Würdigung der Vorlagefrage lässt der Generalanwalt erkennen, dass er die Mitvermietung von Vorrichtungen wie im Ausgangsverfahren als Teil einer einheitlichen Leistung ansieht, welche insgesamt nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL steuerfrei ist. Ansonsten müsste der EuGH eine gefestigte Rechtsprechung aufgeben.[44]

Zu dem nach Ansicht des BFH für den Vorrang für Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL sprechenden einzigen Argument des fehlenden passiven Charakters zitiert der Generalanwalt aus der EuGH-Entscheidung "Sequeira Mesquita": Danach ist der Umstand, dass ein Mieter ein Grundstück gemäß den Bestimmungen des Mietvertrages zu gewerblichen Zwecken nutzt, für sich allein nicht dazu angetan, dem Eigentümer des Grundstücks die für Vermietungs- und Verpachtungsumsätze vorgesehene Steuerbefreiung vorzuenthalten.[45] Neben dem Hinweis, dass sich aus dem Akten nichts ergäbe, was das Erfordernis eines passiven Charakters konkret in Frage stellen könnte, sieht er vorliegend eine ähnliche Situation wie im Urteilsfall "Mailat". Er führt aus, dass ein Pachtvertrag, bei dem die Leistung des Grundstückseigentümers durch bloßen Zeitablauf ohne weitere Elemente erfolgt, keine weitere Leistung beinhalte, die dazu führen würde, dass insgesamt eine andere Dienstleistung als die steuerfreie Grundstücküberlassung erbracht würde. Dies gelte auch dann, wenn das Grundstück mit für seinen Verwendungszweck nützlichen Anlagen ausgestattet sei.[46]

Der von der deutschen Finanzverwaltung vorgebrachten Bedenken, dass Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL im Gegensatz zu den Steuerbefreiungsregelungen gerade nicht restriktiv auszulegen und daher dieser Vorschrift der Vorrang vor Art. 135 Abs. 1 Buchst. l einzuräumen sei, begegnet er mit dem Argument, dass Auslegungsgrundsätze nicht "per se" dazu führen dürfen, von der Anwendung der Rechtsprechung zu einheitlichen Leistungen Abstand zu nehmen.[47]

So handelt es sich lt. Generalanwalt dementsprechend "eindeutig" bei Art. 135 Abs. 2 MwStSystRL um keine zwingende Aufteilungsklausel.[48] Er schlägt dem Gerichtshof vor, die Vorlagefrage dahingehend zu beantworten, dass Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL im Ausgangsverfahren nicht anwendbar ist. Es liege eine durch eine steuerfreie Verpachtungsleistung geprägte einheitliche Leistung vor, die Steuerfreiheit umfasse auch die Ausstattungselemente.

Man darf gespannt sein, ob der EuGH dem Schlussantrag folgt. Dies geschieht weniger häufig als früher. Allerdings erscheint der Schlussantrag überzeugend begründet.

Sollte die deutsche Finanzverwaltung in Folge des EuGH-Urteils von ihrer bisherigen Auffassung abrücken, würde dies in der Vermietungspraxis u.a. zur Verringerung von umsatzsteuerlichen Risiken führen.

[44] EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Giovanni Pitruzella v. 8.12.2022 – C-516/21, a.a.O. Rz. 14.
[45] EuGH, Urt. v. 28.2.2019 – C-278/18, ECLI:EU:C:2019:160, Rz. 22.
[46] EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Giovanni Pitruzella v. 8.12.2022 – C-516/21, a.a.O. Rz. 42.
[47] EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Giovanni Pitruzella v. 8.12.2022 – C-516/21, a.a.O. Rz. 47.
[48] EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Giovanni Pitruzella v. 8.12.2022 – C-516/21, a.a.O., Rz. 39.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge