Rn. 356

Stand: EL 154 – ET: 11/2021

§ 7 Abs 1 S 1 u 2 EStG schreiben vor, die Nutzungsdauer jedes einzelnen Objekts gesondert zu bestimmen. Um diese Bestimmung zu erleichtern, gibt es die amtlichen AfA-Tabellen. Die AfA-Tabellen haben zwar keine Rechtsverbindlichkeit, wohl aber die Vermutung der Richtigkeit für sich (s Rn 192ff). § 7 Abs 4 S 1 EStG geht in dreierlei Hinsicht über die Wirkung der AfA-Tabellen hinaus:

(1) Die Nutzungsdauer wird gesetzlich festgeschrieben.
(2) Die Nutzungsdauer bestimmt zugleich den maximalen AfA-Zeitraum, dh, eine höhere Nutzungsdauer als die gesetzlich bestimmte kann also auch derjenige nicht geltend machen, der die Abweichung substantiiert begründet. Ein kürzerer AfA-Zeitraum ist aber, sofern ausreichend begründet, möglich (§ 7 Abs 4 S 2 EStG).
(3) Die Abschreibung nach der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer (§ 7 Abs 4 S 2 EStG) kann der StPfl wählen, sie kann ihm aber grds (Ausnahme: s Rn 273: das WG scheidet aus dem Einkunftserzielungsvermögen aus = Zerstörungsfall) nicht vom FA aufgezwungen werden.
 

Rn. 357

Stand: EL 154 – ET: 11/2021

Die Nutzungsdauer, von der § 7 Abs 4 EStG ausgeht,

  • ist die Dauer der Nutzung durch den jeweiligen StPfl (und seine unentgeltlichen Rechtsnachfolger, zB Erben)
  • und nicht die Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes (BFH BStBl II 1972, 176).
 

Rn. 358

Stand: EL 154 – ET: 11/2021

 

Beispiele:

(1) Plant ein StPfl von vornherein, das von ihm errichtete Gebäude nach 10 Jahren zu veräußern, ist dennoch von der vollen Nutzungsperiode von 50 Jahren (§ 7 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst a EStG) auszugehen.
(2) Da jeder entgeltliche (nicht: unentgeltliche) Eigentümerwechsel wieder eine volle neue Nutzungsperiode in Gang setzt, gilt für ein Gebäude aus dem 17. Jahrhundert, das 1980 erworben wurde, eine gesetzliche Nutzungsdauer bis zum Jahre 2020. Andererseits ist für ein 1961 errichtetes Gebäude in der Hand des Bauherrn und seiner Erben die gesetzliche Nutzungsdauer bereits 2010 abgelaufen.
 

Rn. 359

Stand: EL 154 – ET: 11/2021

Aufgrund dessen, dass die gesetzliche Nutzungsdauer mit jeder entgeltlichen Veräußerung neu läuft und ein älteres Gebäude durch grundlegende Modernisierungsarbeiten in einen vergleichsweise sehr guten baulichen Stand gebracht werden kann, ist die unterschiedliche Bemessung der Nutzungsdauer für ältere und neuere Gebäude in § 7 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst a u b EStG rechtspolitisch (zum Verfassungsrecht s Rn 352) schwer verständlich. Die Unterscheidung wäre nicht mehr so bedeutsam, wenn man in grundlegenden Umbauarbeiten, die die Lebensdauer des Gebäudes deutlich verlängern, einen Neubau sehen würde, sodass mit der Zeit alle älteren Gebäude mit grundlegender Substanzverbesserung in den Kreis der in § 7 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst a EStG genannten neueren Gebäude überwechseln würden.

Ein Neubau liegt nur dann vor, wenn das Gebäude durch einen grundlegenden Umbau in seinem Zustand so wesentlich verändert wird, dass es objektiv betrachtet als neues WG erscheint (BFH BStBl II 1975, 424; 1978, 280; 1978, 383; H 7.3 EStH 2020 "Nachträgliche AK oder HK"), dh bautechnisch neu ist. Ausführlich zum Thema "Neubau" s Rn 427ff.

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