A. Regelungszweck, Beschränkung auf natürliche Personen und Höchstbetrag

 

Rn. 261

Stand: EL 163 – ET: 02/2023

Der durch das UntStFG (v 20.12.2001, BGBl I 2001, 3858, s Rn 23) formulierte Abs 10 des § 6b EStG verdankt seine Existenz einer politisch motivierten "Mittelstandskomponente". Die Rechtfertigung sucht diese Begünstigungsnorm in der Steuerfreistellung von Gewinnen aus der Veräußerung von KapGes-Anteilen durch Körperschaften nach § 8b Abs 2 KStG.

Konsequenterweise ist § 6b Abs 10 EStG nur auf natürliche Personen anwendbar (§ 6b Abs 10 S 1 EStG). (Auch) bei Mitunternehmerschaften ist die Ausweitung auf beteiligte Körperschaften gemäß § 6b Abs 10 S 10 EStG ausgeschlossen. Es findet die gesellschafterbezogene Betrachtungsweise Anwendung.

 

Rn. 262

Stand: EL 163 – ET: 02/2023

Natürlichen Personen wird mit dieser Norm ein Wahlrecht (s Rn 36) eröffnet, wenn sie Anteile an KapGes mit einem Gewinn veräußern. Sie können die aufgedeckten stillen Reserven innerhalb bestimmter Fristen bis zu einem Höchstbetrag von 500 000 EUR (s Rn 291) auf bestimmte WG übertragen, die abschließend in § 6b Abs 10 S 1 EStG benannt sind. Konkret sind folgende Übertragungen entweder

  • im Wj der Veräußerungen sowie innerhalb von zwei Wj auf Anteile an KapGes und abnutzbare bewegliche WG sowie
  • innerhalb von vier Wj auf Gebäude möglich.

Eine Übertragung auf im Wj vor der Veräußerung angeschaffte WG ist nicht möglich (aA Scharfenberg, DStR 2022, 275ff); frühestens ist eine Übertragung auf die im gleichen Wj angeschafften oder hergestellten WG möglich, auch wenn die Anschaffung bzw Herstellung vor Veräußerung erfolgte (zu den Tatbestandsmerkmalen im Einzelnen s Rn 266).

Die Regelung findet Anwendung für Veräußerungen, die nach dem 31.12.2001 vorgenommen werden. Im Zuge dieser Vorschrift kommt es zu keiner endgültigen Steuerbefreiung, sondern nur zu einem Steueraufschub (s Rn 2). Schon deswegen liegt kein Gleichlauf mit der Befreiung von Körperschaften nach § 8b Abs 2 KStG vor.

Alternativ zur Übertragung der stillen Reserven nach § 6b EStG ist der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an KapGes unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens anteilig zu besteuern (§ 3 Nr 40 Buchst a EStG). erfolgt keine

 

Rn. 263

Stand: EL 163 – ET: 02/2023

§ 6b Abs 10 S 4 EStG erklärt bestimmte Vorschriften des § 6b Abs 19 EStG für sinngemäß anwendbar. Zu diesen gehören § 6b Abs 2 und Abs 4 Satz 1 Nr 1, 2, 3, 5 und S 2 und Abs 5 EStG, nicht aber zB Abs 2a. Das Wahlrecht über die Verteilung der Steuer in fünf gleiche Jahresbeträge gilt bei Veräußerung von Anteilen an KapGes also nicht.

 

Rn. 264–265

Stand: EL 163 – ET: 02/2023

vorläufig frei

B. Tatbestandliche Voraussetzungen (begünstigte Veräußerungsobjekte, Reinvestitionsgüter und weitere Voraussetzungen)

 

Rn. 266

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§ 6b Abs 10 EStG findet bei Veräußerung von Anteilen an KapGes (sogenannte begünstigte Veräußerungsobjekte) Anwendung. Zum Begriff der Veräußerung s Rn 141 ff, zum Begriff der Anteile an KapGes s Rn 292 ff sowie zu den weiteren Tatbestandsvoraussetzungen (zB Sechsjahresfrist nach § 6b Abs 4 Nr 2 EStG, Zugehörigkeit zum AV einer inländischen Betriebsstätte; § 6b Abs 10 S 4 EStG; s Rn 191 ff und s Rn 283).

 

Rn. 267

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Der Begriffsinhalt von "KapGes-Anteilen" ist nach § 17 Abs 1 S 3 EStG (s § 17 Rn 40ff (Karrenbrock)) auszulegen und umfasst demnach auch Aktien, GmbH-Anteile, Genussscheine, "ähnliche Beteiligungen" (wie bspw Anteile an Vorgesellschaften), Anwartschaften auf solche Beteiligungen (konkrete Bezugsrechte, schuldrechtliche Ansprüche, Wandlungs- und Optionsrechte) sowie Anteile an (europäischen) Genossenschaften.

Dagegen unterfallen festverzinsliche Wertpapiere, Anteile an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit, Stiftungen und sonstigen juristischen Personen des Privatrechts (§ 1 Abs 1 Nr 2–6 KStG) sowie typische und atypische stille Beteiligungen nicht dem Anwendungsbereich (Loschelder in Schmidt, § 6b EStG Rz 95 (37. Aufl)).

 

Rn. 268

Stand: EL 163 – ET: 02/2023

Nicht anwendbar ist die Begünstigungsvorschrift gemäß § 6b Abs 10 S 11 EStG aF auf einbringungsgeborene Anteile gemäß § 3 Nr 40 S 3 EStG mit der Rückausnahme nach § 3 Nr 40 S 4 EStG. Ungereimt erscheint dabei, dass diese einbringungsgeborenen Anteile nur für ein Jahr zwischen dem sechsten und siebten nach der Anschaffung von der eigentlichen Begünstigung des § 6b EStG ausgeschlossen werden (vorher Nichterfüllung der allgemein gültigen Vorbesitzzeit von sechs Jahren s Rn 195). Ab 2006 ist S 11 durch das SEStEG (s Rn 127) aufgehoben worden, für bis dahin begründete einbringungsgeborene Anteile gilt die bisherige Vorbesitzzeit weiter (§ 52 Abs 18b EStG aF letzter Satz).

 

Rn. 269

Stand: EL 163 – ET: 02/2023

Durch das sogenannte "SEStEG" (s §§ 4, 5 Rn 246 (Briesemeister)) ist mit dem (neu gefassten) § 3 Nr 40 Buchst a S 3 EStG der Steuerabzug nach § 6b Abs 10 EStG berührt worden. Danach soll die hälftige Steuerbefreiung von BV-Mehrungen – hier gemeint: Veräußerungsgewinne – dann entfallen (also volle StPfl), wenn zuvor voll steuerwirksame "Abzüge nach § 6b" vorgenommen worden sind. Die Regelung ist analog zur Wertaufholung nach vorheriger Teilwertabschreibung ...

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