Rn. 121

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

§ 6b Abs 4 S 1 Nr 3 EStG schränkt die Möglichkeit der Übertragung der stillen Reserven auf WG insoweit ein, dass das Ersatz-WG zum AV einer inländischen Betriebsstätte gehören muss. Folglich sind Reinvestitionen in WG einer ausländischen Betriebsstätte nicht von § 6b EStG begünstigt. Die aufgedeckten stillen Reserven mussten daher vor Einfügung des § 6b Abs 2a EStG sofort besteuert werden. Für eine ausführliche Darstellung des Verfahrensablaufs anhand eines Bsp s FinBeh Ha, Fachinformation v 20.06.2018, O 1000–2018/001–52, DStR 2018, 2369 Tz 5.

In diesen Fällen sah der EuGH eine nicht zu rechtfertigende Diskriminierung als gegeben an (EuGH v 16.04.2015, C-591/13, DStR 2015, 870ff). Der Gesetzgeber reagierte auf diese Rspr durch Einfügung des § 6 Abs 2a EStG durch das StÄndG 2015 (s vor § 1 Rn 221 (Bitz)).

Der Antrag kann nach Auffassung der FinVerw in allen Fällen berücksichtigt werden, in denen die materielle Bestandskraft noch nicht eingetreten ist (BMF v 07.03.2018, BStBl I 2018, 309 Rz 2). Durch das in § 6 Abs 2a EStG enthaltene Wahlrecht soll auch § 6b EStG unionsrechtskonform gestaltet werden (vgl BT-Drucks 18/6094, 85f), indem der StPfl, wie in den Fällen der Wegzugsbesteuerung auch, bei Reinvestition im EU/EWR-Ausland ein Wahlrecht zwischen einer sofortigen Besteuerung des Veräußerungsgewinns und einer Verteilung der Steuer in 5 Jahresraten auf Antrag erhält. Alternativ kann der StPfl den Veräußerungsgewinn auch auf begünstigte WG übertragen oder in eine Rücklage einstellen.

Ein Abzug von den AK/HK eines WG setzt jedoch weiterhin die Belegenheit des WG im Inland voraus; an den Voraussetzungen unter denen § 6b EStG zur Anwendung kommt, hat die Einfügung des Abs 2a nichts geändert. Zu beachten ist, dass diese Regelung ausschließlich bei geplanter Reinvestition im EU- und EWR-Ausland, nicht aber im Inlandsfall zur Anwendung kommt.

§ 6 Abs 2a EStG unterliegt der gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise, so dass das Wahlrecht dem StPfl, bei Mitunternehmerschaften dem einzelnen Gesellschafter zusteht.

Bei ganz ausbleibender oder nicht in voller Höhe vorgenommener Reinvestition des Veräußerungsgewinns wird die Ratenzahlung gemäß § 234 AO verzinst (gilt für Gewinne iSd § 6b Abs 2 EStG, die in nach dem 31.12.2017 beginnenden Wj entstanden sind, s Rn 12, 126).

 

Rn. 122

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

§ 6 Abs 2a EStG dürfte in den Fällen Anwendung finden, in denen eine Begünstigung nach § 6b Abs 1 EStG (nicht Abs 10) allein deswegen ausscheidet, weil das Ersatz-WG keiner inländischen Betriebsstätte, sondern einer dem BV des StPfl in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR funktional zuzuordnen ist. Aus dieser Auslegung folgt, dass die Regelung lediglich dann Anwendung findet, wenn die weiteren Tatbestandsmerkmale des § 6b Abs 1 u 4 EStG erfüllt sind, dh, insbesondere ein WG des AV veräußert wird, bei welchem die geforderte Vorbesitzzeit erfüllt ist. Allein aus systematischen Gründen dürfte § 6b Abs 4 Nr 5 EStG keine Anwendung finden, so dass im Ergebnis § 6b Abs 4 Nr 1, 2 u 4 EStG vorliegen müssten, wohingegen Nr 3 aufgrund der funktionalen Zuordnung zum EU/EWR-Ausland gerade nicht erfüllt ist (so auch Schiessl in Blümich, § 6b EStG Rz 248f (Juni 2017)).

 

Rn. 123

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Das Wahlrecht gilt auch dann, wenn der StPfl eine Reinvestition innerhalb der EU/EWR plant. Nach dem Wortlaut der Regelung wird das Wahlrecht gewährt, wenn das Ersatz-WG im Wj der Veräußerung oder im vorangegangenen Wj der in § 6b Abs 1 S 1 EStG bezeichneten WG (Grund und Boden, Aufwuchs auf Grund und Boden, Gebäude oder Binnenschiffe, nicht Anteile an KapGes) angeschafft oder hergestellt wurde, aber auch wenn eine solche Reinvestition in den folgenden vier Wj der in Abs 1 S 2 bezeichnete WG bzw bei neu hergestellten Gebäuden in sechs Jahren erfolgt, wenn mit ihrer Herstellung vor dem Schluss des vierten auf die Veräußerung folgenden Wj begonnen worden ist. Damit gewährt auch diese Regelung eine Reinvestitionsfrist von 4 bzw in Ausnahmefällen für neu hergestellte Gebäude von 6 Jahren.

Aus dieser Reinvestitionsfrist wird in der Literatur nach uE zu Recht abgeleitet, dass die ausländische Betriebsstätte zum Zeitpunkt der Veräußerung noch nicht bestehen muss (so zB Schiessl in Blümich, § 6b EStG Rz 248f (Juni 2017), enger zB Kanzler, NWB 2015, 3821). Auch ist eine Investitionsabsicht keine Voraussetzung für die Gewährung des Wahlrechts. So muss für den Antrag eine Reinvestitionsabsicht nicht nachgewiesen werden. Vielmehr genügt es, dass die Reinvestition möglich ist. Keine Voraussetzung ist, dass das BV bereits vorhanden noch eine konkrete Reinvestitionsabsicht vorliegt (s auch FinBeh Ha, Fachinformation v 20.06.2018, O 1000–2018/001–52, DStR 2018, 2369 Tz 3 unter Hinweis auf BMF v 07.03.2018, BStBl I 2018, 309 Rz 10, 11).

§ 6b Abs 2a S 2 EStG sieht jedoch vor, dass der Antrag auf eine Verteilung der Steuer auf den Veräußerungsgewinn nur im Wj der Veräußerung der in § 6b Abs 1 S 1 EStG bezeichneten W...

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