A. Grundsatz der Einzelbewertung auch für die StB

 

Rn. 11

Stand: EL 170 – ET: 01/2024

Pensionsverpflichtungen gehören zu den ungewissen Verbindlichkeiten iSv § 249 Abs 1 S 1 HGB. Als Schulden sind sie gemäß § 252 Abs 1 Nr 3 HGB einzeln zu bewerten (Grundsatz der Einzelbewertung). Somit scheidet eine pauschale Bewertung von Pensionsverpflichtungen aus. Umfasst die Pensionszusage für eine Person neben Alters- auch Invaliditäts- und/oder Hinterbliebenenleistungen, so ist nicht hinsichtlich jeder Leistungsart eine Rückstellung zu bilden. Denn trotz der Zusage unterschiedlicher Leistungen handelt es sich bei der Pensionszusage stets um ein einheitliches WG (BFH vom 03.02.1993, BFH/NV 1993, 541; Gosch in Kirchhof/Seer, § 6a EStG Rz 1 (22. Aufl 2023)).

Der Grundsatz der Einzelbewertung gilt wegen des in § 5 Abs 1 EStG normierten Maßgeblichkeitsprinzips (s Rn 14ff) nicht nur in der HB, sondern auch in der StB. Der Wortlaut des § 6a EStG setzt auch die Einzelbewertung der Pensionsverpflichtung in der StB voraus, da gemäß Abs 1 S 1 eine Rückstellung für "eine Pensionsverpflichtung" gebildet werden darf.

Die Summe der nach dem Grundsatz der Einzelbewertung bewerteten Pensionsverpflichtungen ist in der Bilanzposition "Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen" zu erfassen (§ 266 Abs 3 HGB unter B.1).

 

Rn. 12

Stand: EL 170 – ET: 01/2024

Der Grundsatz der Einzelbewertung ist auch bei Pensionszusagen mit Limitierungsklauseln und bei Gesamtversorgungszusagen zu beachten. Die Höhe der tatsächlich bei Eintritt des Versorgungsfalles zu erbringenden Leistungen ist bei diesen Zusagen von der Höhe der zu erwartenden künftigen gesetzlichen Rente abhängig. Die Höhe der künftigen gesetzlichen Rente kann mit Hilfe eines Näherungsverfahrens ermittelt werden (s Rn 224ff). Dabei darf für die Ermittlung der maßgebenden Bezüge für bestimmte Gruppen pensionsberechtigter ArbN eines Betriebes mit einem einheitlichen Vervielfältiger kalkuliert werden. Die Anwendung des Näherungsverfahrens auf Pensionsverpflichtungen aus Pensionszusagen mit Limitierungsklauseln und auf Gesamtversorgungszusagen steht nicht im Widerspruch zum Grundsatz der Einzelbewertung. Denn die Verpflichtungen als solche werden auch dann einzeln bewertet; das Näherungsverfahren führt nur zu einer Bearbeitungsvereinfachung (Rau, § 6a EStG Rz 155; Stöckler/Karst, Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung, 2. Teil Rz 1016 (Lfg 35)).

 

Rn. 13

Stand: EL 170 – ET: 01/2024

Ausnahmen vom Grundsatz der Einzelbewertung sind in der Vergangenheit für die Fälle, dass

  • sich die rechtlichen Grundlagen, wie zB bei der Ablösung des Gegenwartswertverfahrens durch das Teilwertverfahren, oder
  • die versicherungsmathematischen Grundlagen, wie zB beim Übergang auf neue Richttafeln,

geändert hatten, zugelassen worden.

B. Keine Begrenzung der steuerbilanziellen Pensionsrückstellungen durch HB

 

Rn. 14

Stand: EL 170 – ET: 01/2024

Der allgemeine Grundsatz der Maßgeblichkeit (GoB) und somit der der HB für die StB (sog Maßgeblichkeitsgrundsatz, § 5 Abs 1 S 1 EStG) besagt , dass die handelsrechtlichen Bilanzansätze auch für die StB gelten. Der BFH (BFH vom 03.02.1969, BStBl II 1969, 291) hat den Maßgeblichkeitsgrundsatz grds so ausgelegt, dass

  • ein handelsrechtliches Passivierungsgebot auch steuerlich gilt und
  • ein handelsrechtliches Passivierungswahlrecht ein steuerliches Passivierungsverbot auslöst.

Daraus folgt grds auch, dass in der StB die handelsbilanziellen Passivwerte nicht über- und die handelsbilanziellen Aktivwerte nicht unterschritten werden dürfen.

 

Rn. 15

Stand: EL 170 – ET: 01/2024

Das BMF wendet diesen Grundsatz bei § 6a EStG allerdings nicht mehr an und setzte R 6a Abs 20 S 2 EStR 2008 außer Kraft. Es begründete seine geänderte Auffassung mit § 5 Abs 6 EStG, dessen Bewertungsvorbehalt als "lex specialis" keine Limitierung der steuerlichen Pensionsrückstellung durch den handelsbilanziellen Wert gebiete (BMF vom 12.03.2010, BStBl I 2010, 239 Rz 10 S 3).

C. Auflösungsverbot und Gesamtbetrag der Pensionsrückstellung

 

Rn. 16

Stand: EL 170 – ET: 01/2024

Gemäß § 249 Abs 2 S 2 HGB dürfen Rückstellungen nur aufgelöst werden,

Zitat

"soweit der Grund hierfür entfallen ist".

Wegen des Maßgeblichkeitsgrundsatzes aus § 5 Abs 1 S 1 EStG gilt dieses handelsrechtliche Auflösungsverbot auch für die Pensionsrückstellung in der StB. Eine einmal gebildete Pensionsrückstellung darf also nur aufgelöst werden, wenn die Versorgungsverpflichtung entweder ganz entfallen ist oder wenn sich ihr Wert vermindert, etwa durch Alterung des Rentenbeziehers. Das Auflösungsverbot gilt für Altzusagen (s Rn 24ff) und Neuzusagen (s Rn 24ff) gleichermaßen.

 

Rn. 17

Stand: EL 170 – ET: 01/2024

Wenn eine gemessen am Auflösungsverbot zu niedrig bewertete Versorgungsverpflichtung für eine Person durch eine zu hohe Pensionsrückstellung für eine andere Person ausgeglichen wird, kompensieren sich insoweit die Fehler. In diesem Maße geschieht eine Fehlerkompensation ohne steuerliche Nachteile. Es kommt auf die insgesamt in der StB gebildete Pensionsrückstellung an.

D. Passivierungswahlrecht und Passivierungspflicht sowohl für HB als auch für StB

1. Handelsbilanz

 

Rn. 18

Stand: EL 170 – ET: 01/2024

Für sog Altzusagen, dh Pensionszusagen (zum Begriff s Rn 24ff), die vor dem 01.01.1987 erteilt worden sind, besteht gemäß Art 28 Abs 1...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge