Rn. 121

Stand: EL 152 – ET: 08/2021

Nach § 50d Abs 3 S 2 EStG sind ausschließlich die Verhältnisse der ausländischen Gesellschaft relevant; organisatorische, wirtschaftliche oder sonst beachtliche Merkmale nahe stehender Unternehmen (§ 1 Abs 2 AStG) bleiben außer Betracht ("Verbot der Merkmalsübertragung"). Der ab VZ 2007 ins Gesetz eingefügte S 2 bezieht sich nach seiner systematischen Stellung auf beide (bis 31.12.2011: auf alle drei) sachlichen Tatbestände des § 50d Abs 3 EStG (Frotscher in Frotscher/Geurts, § 50d EStG Rz 115, Juni 2020; Gosch in Kirchhof/Seer, § 50d EStG Rz 29ec, 20. Aufl) und ist als weitere Konkretisierung der jeweiligen Merkmale zu verstehen. Der Gesetzgeber wollte damit verhindern, dass § 50d Abs 3 EStG auf Basis der Hilversum-II-Rspr (BFH v 31.05.2005, BStBl II 2006, 118) durch Struktur- und Strategiekonzepte im Konzern bzw die Übertragung von Merkmalen anderer Konzerngesellschaften ohne weiteres umgangen werden kann.

Die Substanzmerkmale der Nr 1 (bis 31.12.2011: Nr 3) des § 50d Abs 3 EStG sind grds ohne den Einbezug des Geschäftsbetriebs bzw der Teilnahme am allg wirtschaftlichen Verkehr eines nahe stehenden Unternehmens zu beurteilen. Dies gilt nach der FinVerw auch in Fällen einer ausländischen Organschaft oder fiskalen Einheit (BMF BStBl I 2012, 171 Tz 8; kritisch Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 50d Abs 3 EStG Rz 172, November 2007). Outsourcing ist uE zumindest dann unschädlich, wenn es sich um Neben- oder Hilfstätigkeiten handelt bzw wenn die Letztentscheidungsbefugnis nachweisbar beim ausländischen Unternehmen selbst liegt (s Rn 120).

 

Rn. 121a

Stand: EL 152 – ET: 08/2021

Aufgrund der EuGH-Rspr (EuGH v 20.12.2017, C-504/16, C-613/16, Rechtssache Deister Holding und Juhler Holding, DStR 2018, 119, zu Abs 3 idF JStG 2007; EuGH v 14.06.2018, C-440/17, Rechtssache GS, DStR 2018, 1479 zu Abs 3 idF BeitrRLUmsG 2011), die den § 50d Abs 3 EStG auch in seiner jeweiligen Fassung als gemeinschaftsrechtswidrig einstuft, wurde die Anwendung des § 50d Abs 3 S 2 EStG durch die FinVerw in den Fällen, in den ein Quellensteuerentlastungsanspruch nach § 43b EStG geltend gemacht wird, ausgesetzt (BMF v 04.04.2018; BStBl I 2018, 589). Danach müssen bei der Anwendung des § 50d Abs 3 EStG auch Gesichtspunkte wie die organisatorischen, wirtschaftlichen oder sonst beachtlichen Merkmale des Konzerns, zu dem die betreffende Muttergesellschaft gehört, und die Strukturen und Strategien dieses Konzerns mitberücksichtigt werden. Die Außerkraftsetzung des Verbots der Merkmalsübertragung kommt jedoch nur für Dividendenzahlungen an EU-Muttergesellschaften zum Tragen; in allen anderen Fällen zB für Drittstaatensachverhalte und für Zins- und Lizenzzahlungen innerhalb der EU gilt das Verbot der Konzernbetrachtung unverändert fort (zur Kritik s Rn 95c).

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