a) Inbezugnahme Ereigniskatalog des § 36 Abs 5 S 4 EStG (§ 4g Abs 2 Hs 1 EStG)

 

Rn. 70

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Einheitlicher Katalog schädlicher Ereignisse: Der Regelauflösungszeitraum für den Ausgleichsposten (s Rn 60) wird bei tatsächlicher Realisation stiller Reserven sowie in weiteren (Sonder-)Fällen (zB Verlagerung aus dem Hoheitsgebiet des EU-/EWR-Raums, Insolvenzanmeldung) mit der Anordnung der Sofortauflösung und der sofortigen Nachversteuerung noch nicht besteuerter entstrickter Gewinne in § 4g Abs 2 EStG beendet. Art 5 Abs 4 ATAD sieht bei Inanspruchnahme des Antragswahlrechts zur zeitlichen Streckung der Steuer auf die durch die Entnahme-/Veräußerungsfiktion aufgedeckten stillen Reserven einen Katalog von Widerrufsgründen vor.

Mit ATADUmsG v 25.06.2021 wurde § 36 Abs 5 EStG nach Maßgabe der durch Art 5 Abs 4 ATAD angeordneten Auflösungsgründe (mit teils deutlich abweichendem Wortlaut) geändert, er gilt einheitlich für § 4g EStG und § 16 Abs 3a EStG (BT-Drucks 19/28652, 33, 41). Der Katalog des Art 5 Abs 4 ATAD steht der Normierung weiterer Auflösungsgründe im nationalen Recht (wie zB mit § 4g Abs 5 S 2 EStG erfolgt (s Rn 124)), die unionsrechtlichen Anforderungen standhalten, nicht entgegen (Hagemann/Kahlenberg, ATAD-Kommentar, Art 5 Rz 215 (2018)). § 4g Abs 2 S 2 EStG ordnet unter Verweis auf § 36 Abs 5 EStG die in vollem Umfang gewinnerhöhende Auflösung des Ausgleichspostens an, wenn eines der dort bezeichneten schädlichen Ereignisse eintritt.

WG-Bezug schädlicher Ereignisse: Die vorzeitige gewinnerhöhende Auflösung des Ausgleichspostens betrifft nur das WG, das von dem jeweiligen schädlichen Ereignis betroffen ist (keine Abfärbung).

 

Rn. 71

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Überblick schädlicher Ereignisse

Ereignisse iS § 36 Abs 5 S 4 Nr 1 EStG:

  • Veräußerung/Entnahme von WG
  • Verlagerung von WG ins Nicht-EU-/EWR-Ausland
  • verdeckte Einlage von WG in KapGes

Ereignisse § 36 Abs 5 S 4 Nr 2 EStG

  • (Teil-)Betriebseinstellung/-veräußerung
  • (Teil-)Betriebsverlagerung ins Nicht-EU-/EWR-Ausland

Ereignisse § 36 Abs 5 S 4 Nr 3 EStG

  • Ausscheiden aus der unbeschränkten StPfl im Inland/EU-/EWR-Ausland
  • Begründung der Ansässigkeit in Nicht-EU-/EWR-Staat

Ereignisse § 36 Abs 5 S 4 Nr 4 EStG

  • Insolvenzanmeldung
  • Abwicklung

Ereignisse § 36 Abs 5 S 4 Nr 5 EStG

  • Pflichtverletzung bzgl Ratenzahlung

Der durch § 4g Abs 2 S 2 EStG in Bezug genommene Ereigniskatalog des § 36 Abs 5 Nr 4 EStG geht über die in § 4g Abs 2 S 2 EStG aF als schädlich eingestuften Ereignisse hinaus (BT-Drucks 19/28652, 33). Zu Ereignissen iS § 36 Abs 5 Nr 4 EStG sei auch auf die Kommentierung zu s § 36 Rn 116ff (Hasselmann) verwiesen.

 

Rn. 72

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Fälligkeit: Die Reststeuerzahlung ist innerhalb eines Monats nach Eintritt des schädlichen Ereignisses iSd § 36 Abs 5 S 4 Nr 1–5 EStG fällig (§ 36 Abs 5 Nr 4 Hs 1 EStG).

 

Rn. 73–75

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

vorläufig frei

b) Schädliche Ereignisse

ba) Veräußerung/Entnahme, Verlagerung in Nicht-EU-/EWR-Ausland, verdeckte Einlage in KapGes (§ 36 Abs 5 S 4 Nr 1 EStG)

 

Rn. 76

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Veräußerung von WG: Der Ausgleichsposten ist (korrespondierend mit Art 4 Abs 4 Buchst a ATAD) aufzulösen bei Veräußerung eines WG. Mit einer (unbedingten) Veräußerung wird ein (echter) Realisationstatbestand ausgelöst. Mit tatsächlicher Realisation der stillen Reserven durch einen Veräußerungsvorgang ist der wesentliche Zweck des Ausgleichspostens, dem Liquiditätsnachteil des StPfl infolge der zuvor lediglich fingierten Realisation Rechnung zu tragen (s Rn 6), entfallen. Die Bestimmung des Veräußerungs-/Realisationszeitpunkts und damit der Beendigung der Streckung der Besteuerung zuvor bereits entstrickter stiller Reserven richtet sich im Veräußerungsfall grds danach, wann das wirtschaftliche Eigentum gegen Entgelt auf den Erwerber übergeht, dh die personelle Zurechnung wechselt (zB BFH v 25.01.1996, IV R 114/94, BStBl II 1997, 382; BFH v 10.03.1988, IV R 226/85, BStBl II 1988, 832 mwN; BFH v 15.03.20054, X R 2/02, BFH/NV 2005, 1292; zum Zurechnungswechsel s §§ 4, 5 Rn 39 ff, 170 ff zu Immobilien, 187 ff zu Forderungen, 189b ff zu beweglichen WG (Briesemeister)).

Entnahme von WG: Folgt der fiktiven Entnahme iS 4 Abs 1 S 3 EStG, die zur Entstrickung und Ausgleichspostenbildung nach § 4g Abs 1 EStG geführt hat, eine tatsächliche Entnahme des WG nach, dh scheidet das WG durch einen Entnahmevorgang aus dem BV des StPfl aus (s §§ 4, 5 Rn 204ff (Briesemeister)), besteht für eine fortgesetzte Streckung der Besteuerung aufgedeckter stiller Reserven ebenfalls kein Anlass mehr. Die steuerliche Erfassung von Sachentnahmen (§ 4 Abs 1 EStG) zum Teilwert (§ 6 Abs 1 Nr 4 S 1 EStG) als gesetzlich angeordneter unechter – nicht auf einem Verwertungsakt beruhender – Realisationsvorgang verhindert grds eine steuerneutrale Entstrickung in der betrieblichen Sphäre gebildeter stiller Reserven/Lasten (BFH v 07.10.1974, GrS 1/73, BStBl II 1975, 168; BFH v 10.11.2004, XI R 31/03, BStBl II 2005, 334; BFH v 16.06.2004, BStBl II 2005, 378), sie führt bei vorausgegangener Entstrickung wegen fiktiver Entnahme folgerichtig zur sofortigen gewinnerhöhenden Auflösung eines (Rest-)Ausgleichspostens.

Verlagerung von WG in Nicht-EU-/EWR-Ausland: Mit dem Ausscheiden eines...

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