Rn. 53

Stand: EL 166 – ET: 08/2023

Einvernehmen mit dem FA bedeutet Zustimmung bzw nachträgliche Genehmigung durch das FA. Zwar verwendet das Gesetz in § 4a Abs 1 S 2 Nr 2 S 2 EStG den Terminus "Einvernehmen" und in § 4a Abs 1 S 2 Nr 3 S 2 EStG "Zustimmung", dh abweichende Formulierungen. Gleichwohl gelten nach gefestigter Rspr in beiden Fällen dieselben Maßstäbe (BFH v 24.01.1963, IV 46/62 S, BStBl III 1963, 142; BFH v 08.10.1969, I R 167/66, BStBl II 1970, 85; BFH v 24.04.1980, IV R 149/76, BStBl II 1981, 50; BFH v 07.11.2013, IV R 13/10, BStBl II 2015, 226).

Zweck des Einvernehmens: Hinter der missbrauchsverhindernden Vorgabe (s Rn 46) verbirgt sich wiederum die unerwünschte Steuerpause (BFH v 24.04.1980, IV R 149/76, BStBl II 1981, 50).

Das Einvernehmen des FA zur Umstellung des Wj kann etwa zu versagen sein, wenn dadurch ein Verlustrücktrag eröffnet würde, der zu einer beachtlichen Steuerpause führt, die nicht durch betriebliche Gründe des StPfl dominiert wird (BFH v 15.06.1983, I R 76/82 BStBl II 1983, 672).

Ermessensentscheidung: Die Zustimmung oder Versagung des Einvernehmens ist eine Ermessensentscheidung des FA (zB BFH v 15.06.1983, I R 76/82, BStBl II 1983, 672; BFH v 07.11.2013, IV R 13/10, BStBl II 2015, 226 mwN; FG Nds v 28.07.2017, 2 K 86/17, nv; Schmieszek in Bordewin/Brandt, § 4a EStG Rz 148 (Mai 2018); Schiffers, in Korn, § 4a EStG Rz 36 (August 2018); Nacke in Brandis/Heuermann, § 4a EStG Rz 42 (Dezember 2022); Pfirrmann in Kirchhof/Seer, § 4a EStG Rz 6 (22. Aufl 2023); aA Schober in H/H/R, § 4a EStG Rz 26 (Juni 2021): gebundene Entscheidung).

Das FA hat die betriebswirtschaftlichen Gründe des Betriebsinhabers gegen das öffentliche Interesse abzuwägen, eine Steuerpause nicht eintreten zu lassen (BFH v 15.06.1983, I R 76/82, BStBl II 1983, 672; BFH v 08.10.1969, I R 167/66, BStBl II 1970, 85 jeweils mwN). Die Versagung der Zustimmung ist angebracht, wenn ausschließlich steuerliche Gründe (Besteuerungsaufschub iS einer Steuerpause) den Grund für die Umstellung auf ein abweichendes Wj darstellen (zB BFH v 13.03.1965, IV 109/64 U, BStBl III 1965, 287). Umgekehrt hat das FA sein Ermessen antragsgemäß auszuüben, wenn der StPfl wirtschaftlich vernünftige, beachtliche Gründe anführt (zB BFH v 24.01.1963, IV 46/62 S, BStBl III 1963, 142), nicht erforderlich ist, dass die Wj-Umstellung betriebsnotwendig ist (BFH v 09.01.1974, I R 141/72, BStBl II 1974, 238; H 4a EStH 2021 "Zustimmungsbedürftige Umstellung des Wj").

 

Rn. 54

Stand: EL 166 – ET: 08/2023

Anzuerkennende beachtliche Umstellungsgründe: In folgenden Fällen ist eine Anerkennung beachtlicher Gründe für die Umstellung auf eine abweichendes Wj geboten:

  • Inventurschwierigkeiten/Probleme mit der körperlichen Bestandsaufnahme; Zustimmung in diesem Fall allerdings kann zu versagen sein, wenn die Buchführung nicht ordnungsmäßig ist und auch nicht sichergestellt ist, dass durch die Umstellung des Wj die Mängel der Buchführung beseitigt werden oder die Inventur nur dadurch erschwert wird, dass der StPfl betrieblich notwendige Maßnahmen für eine ordnungsmäßige Lagerung der Waren unterlässt (BFH v 09.11.1966, VI 303/65, BStBl III 1967, 111; BFH v 26.09.1968, IV 244/65, BStBl II 1969, 71; H 4a EStH 2021 "Zustimmungsbedürftige Umstellung des Wj");
  • Betriebsvergleichsrechnung: beabsichtigte Teilnahme an einer externen Betriebsvergleichsrechnung mit branchengleichen, vom selben Wirtschaftsprüfer betreuter Unternehmen (BFH v 08.09.1971, I R 165/68, BStBl II 1972, 87);
  • Betriebsverpachtung: Abstimmung des Wj des Pächters auf das des Verpächters aus Abrechnungsgründen (BFH v 08.10.1969, I R 167/66, BStBl II 1970, 85; H 4a EStH 2021 "Zustimmungsbedürftige Umstellung des Wj").
  • Betriebsaufspaltung: Vereinheitlichung der Bilanzstichtage von Besitz- und Betriebsgesellschaft (vgl Schober in KKB, § 4a EStG Rz 51 (4. Aufl 2021));
  • Konzernvereinheitlichung des Bilanzstichtags (generelle Übung der FinVerw, vgl auch Schober in H/H/R, § 4a Rz 25 (Juni 2021); Nacke in Brandis/Heuermann, § 4a EStG Rz 43 (November 2022));
  • Zebragesellschaften: Umstellung des Wj an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft betrieblich beteiligter Unternehmen zur Vereinfachung der Gewinnzurechnung (Kanzler in Prinz/Kanzler, Handbuch Bilanzsteuerrecht Rz 189 (4. Aufl 2021));
  • Begründung/Beendigung Organschaft: die (auch mehrfache) Umstellung des Wj der Organgesellschaft wird typisierend als nicht missbräuchlich beurteilt (R 14.4 Abs 3 S 1 KStR 2022: erforderliche Zustimmung ist zu erteilen);
  • Rationalisierung/Vereinfachung von Betriebsabläufen (BFH v 15.06.1983, I R 76/82, BStBl II 1983, 672);
  • Systemumstellung des Rechnungswesens (BFH v 09.01.1974, I R 141/72, BStBl II 1974, 238);
  • Vermeidung eines Rumpf-Wj nach Umwandlungsvorgängen (Schober in H/H/R, § 4a Rz 25 (Juni 2021); auch s Rn 47);
  • Vorbereitung eines Börsengangs (vgl Schober in KKB, § 4a EStG Rz 51 (4. Aufl 2021));
  • Erlangung der Verlängerung von Reinvestitionsfristen, um pandemiebedingte Liquiditätsengpässe zu verhindern (vgl Kanzler, NWB 2020, 2169; Nacke in ...

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