Rn. 51
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Abgrenzung Betriebsfortführung – Betriebseröffnung: Eine Wj-Umstellung liegt vor, wenn der bisherige Abschlussstichtag eines Betriebs für den identischen Betrieb durch einen anderen Abschlussstichtag ersetzt wird. Die Abgrenzung zwischen Betriebsfortführung und Betriebseröffnung ist von erheblicher Bedeutung, da die Wahl eines abweichenden Wj bei Betriebsfortführung zustimmungsbedürftig, dagegen bei Betriebseröffnung zustimmungsfrei ist.
Betriebseröffnung: Von einer Betriebseröffnung und damit nicht von einer Wj-Umstellung, sondern von einem zustimmungsfreien initialen Wj-Wahlrecht ist in folgenden Fällen auszugehen (vgl auch Kanzler in Prinz/Kanzler, Praxishandbuch Bilanzsteuerrecht Rz 186 (4. Aufl 2021)):
- Errichtung einer PersGes: Mit Einbringung eines Betriebs (BFH v 26.05.1994, IV R 34/92, BStBl II 1994, 891; BFH v 25.03.2004, IV R 49/02, BFH/NV 2004,1247; H 4a EStH 2021 "Umwandlung") oder Mitunternehmeranteils (zB BFH v 16.12.2003, VIII R 89/02, BFH/NV 2004, 936; BFH v 09.11.2006, IV R 21/05, BStBl II 2010, 230) in eine neu gegründete PersGes ist für diese das zustimmungsfreie Wj-Wahlrecht eröffnet (einschränkend BFH v 18.12.1991, XI R 40/89, BStBl II 1992, 486: Missbrauchskontrolle durch § 42 AO, s Rn 46);
- Betriebsaufspaltung: Bei Neugründung der Betriebs- oder der Besitzgesellschaft kann ein vom Kj abweichendes Wj zustimmungsfrei gewählt werden (BFH v 27.09.1979, IV R 89/76, BStBl II 1980, 94; BFH v 17.07.1991, I R 98/88, BStBl II 1992, 246; einschränkend BFH v 16.12.2003, VIII R 89/02, BFH/NV 2004, 936: Vorbehalt der Missbrauchskontrolle durch § 42 AO, s Rn 46);
- Betriebsverpachtung: Der Pächter kann das Wj zustimmungsfrei wählen und ist nicht an das Wj der Verpächters gebunden. Der Verpächter kann ein abweichendes Wj beibehalten, solange er nicht die Betriebsaufgabe erklärt hat (R 4a Abs 3 EStR 2012);
- Realteilung: Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile unter Gründung eines Betriebs in das jeweilige BV der einzelnen Mitunternehmer übertragen, können diese das Wj zustimmungsfrei wählen (s Rn 22);
- Formwechselnde Umwandlung (§ 191 UmwG) einer PersGes in KapGes ist Betriebseröffnung mit zustimmungsfreier Wj-Wahl; dies gilt gleichermaßen für den Formwechsel einer vermögensverwaltenden GmbH & Co GbR in eine gewerblich geprägte GmbH & Co KG unter Eintragung ins HR (BFH v 11.04.2013, IV R 11/10, BFH/NV 2013, 1569), da ein Gewerbebetrieb begründet wird (s Rn 25);
- Verschmelzung durch Neugründung: Die Verschmelzung nach § 2 Nr 2 UmwG ist für den neuen Rechtsträger eine Betriebseröffnung mit zustimmungsfreier Wj-Wahl. Der übertragende Rechtsträger hat ggf ein Rumpf-Wj zu bilden (s Rn 26);
- Spaltung von Unternehmen nach § 123 UmwG: Neugründungen mit zustimmungsfreier Wahl des Wj liegen in den Fällen der Abspaltung nach § 123 Abs 2 Nr 2 UmwG und der Aufspaltung nach § 123 Abs 1 Nr 2 UmwG vor (s Rn 27).
Rn. 52
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Betriebsfortführung: Von einer Betriebsfortführung, dh bei Wahl eines abweichenden Wj von einer zustimmungsbedürftigen Wj-Umstellung ist dagegen in folgenden Fällen auszugehen (vgl auch Kanzler in Prinz/Kanzler, Praxishandbuch Bilanzsteuerrecht Rz 187 (4. Aufl 2021)):
- Gesellschafterwechsel/Ausscheiden von Gesellschaftern: ist unabhängig von der Anzahl ausscheidender Gesellschafter Betriebsfortführung, s Rn 20 (ständige Rspr, vgl BFH v 18.08.2010, X R 8/07, BStBl II 2010, 1043 mwN); eine in diesem Zuge erfolgende Umstellung auf abweichendes Wj ist damit zustimmungsbedürftig;
- Gesamtrechtsnachfolge: Geht ein Betrieb im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den StPfl über, so ist dieser an das Wj des Rechtsvorgängers gebunden und bedarf der Zustimmung des FA, wenn er ein vom Kj abweichendes Wj wählen möchte (BFH v 22.08.1968, IV 244/63, BStBl II 1969 II, 34; H 4a EStH 2021 "Zustimmungsbedürftige Umstellung des Wj");
- Erwerb des Pachtbetriebs durch den Pächter: Erwirbt der bisherige Pächter (Betriebsverachtung) den Pachtbetrieb, führt er diesen mit unverändertem Wj lediglich auf einer anderen Rechtsgrundlage fort (FG Nds v 17.09.1986, IX 254/86, EFG 1987, 292 rkr); die Umstellung auf abweichendes Wj ist zustimmungsbedürftig;
- Betriebsverlegung ist Betriebsfortführung an einem anderen Ort (BFH v 24.06.1976, IV R 200/72, BStBl II 1976, 672);
- Unternehmensnießbrauch (Vorbehaltsnießbrauch): Der Nießbrauchsberechtigte führt das Unternehmen unverändert fort, das Wj bleibt unverändert; eine Umstellung auf abweichendes Wj ist zustimmungsbedürftig;
- Formwechselnde Umwandlung (§ 191 UmwG) einer gewerblichen PersGes in eine andere gewerbliche PersGes ist Betriebsfortführung, das Wj wird fortgeführt (BFH v 24.11.1988, IV R 252/84, BStBl II 1989, 312; BFH v 18.12.1990, VIII R 138/85, BStBl II 1991, 58; s Rn 25);
- Spaltung von Unternehmen nach § 123 UmwG: Bei der Spaltung zur Aufnahme von Betrieben nach § 123 Abs 1 Nr 1 und Abs 2 Nr 1 UmwG wird der aufnehmende Rechtsträger und damit auch dessen Wj fortgeführt (s Rn 27).
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