Rn. 16

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Die Anrechnung erfolgt von Amts wegen. Es bedarf keines Antrags des Leistenden. Der Leistende hat kein Wahlrecht, ob eine Anrechnung vorgenommen wird oder eine Erstattung erfolgen soll. Nur unter den Voraussetzungen des § 48c Abs 2 EStG kommt eine Erstattung des Steuerabzugsbetrags ohne vorherige Anrechnung in Betracht.

 

Rn. 17

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Voraussetzung für die Anrechnung ist, dass der von dem Leistungsempfänger einbehaltene und angemeldete Betrag ein Abzugsbetrag iSd § 48 Abs 1 S 1 EStG ist. Das ist nur gegeben, wenn die zugrunde liegenden Leistungen Bauleistungen iSv § 48 Abs 1 S 3 EStG sind, die Bagatellgrenzen gemäß § 48 Abs 1 S 2 EStG und § 48 Abs 2 S 1 Nr 1 und Nr 2 EStG überschritten sind und keine Freistellungsbescheinigung gemäß § 48b Abs 1 S 1 EStG vorgelegen hat.

Hat der Leistungsempfänger einen Teil der Gegenleistung einbehalten, obwohl die Voraussetzungen für den Steuereinbehalt nicht erfüllt waren, handelt es sich bei dem einbehaltenen und angemeldeten Betrag nicht um einen "Abzugsbetrag" iSd § 48c Abs 1 S 1 EStG mit der Folge, dass keine Anrechnung auf vom Leistenden zu entrichtende Steuern erfolgen darf.

Die unzutreffende Anmeldung des Steuerabzugsbetrags ist gemäß §§ 164 Abs 2, 167 Abs 1 S 1, 168 S 1 AO zu berichtigen. Das geht nur mit Zustimmung des FA (§ 168 S 2 AO). Anschließend greift § 37 Abs 2 AO ein. Da das FA den Betrag ohne Rechtsgrund erhalten hat, besteht ein Erstattungsanspruch des Leistungsempfängers, der den zurückerhaltenden Betrag anschließend aufgrund seiner zivilrechtlichen Verpflichtung an den Leistenden auszukehren hat. Die gegenteilige Meinung, die auch in Fällen des versehentlichen Einbehalts durch den Leistungsempfänger eine Anrechnung auf die vom Leistenden zu entrichtenden Steuern vornehmen will, ist abzulehnen (so aber Ebling in Brandis/Heuermann, § 48c EStG Rz 13 (Mai 2021)). Nur wenn der Einbehalt und die Anmeldung gemäß der Steuerabzugsverpflichtung in § 48 Abs 1 S 1 EStG erfolgt ist, verknüpft der Tatbestand des § 48c Abs 1 S 1 EStG den Steuereinbehalt mit dem Steuerschuldverhältnis des Leistenden. In Fällen des irrtümlichen Einbehalts besteht weder die beschriebene Verknüpfung, noch führt der Leistungsempfänger den Abzugsbetrag "für Rechnung des Leistenden" an das FA ab, so dass der Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs 2 AO dem Leistungsempfänger und nicht dem Leistenden zusteht (ebenso: Tz 93 BMF BStBl I 2022, 1229; Apitz in H/H/R, § 48c EStG Rz 9 (November 2018); Ebling in Brandis/Heuermann, § 48c EStG Rz 63 (Mai 2021); aA Kaeser in K/S/M, § 48c EStG Rz C 23 (Februar 2004); Naujok in Lademann, § 48c EStG Rz 42 (November 2017)).

 

Rn. 18

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Weitere Voraussetzung ist, dass der Abzugsbetrag von dem Leistungsempfänger einbehalten und angemeldet worden ist. Ob die Anmeldung fristgerecht erfolgt ist, ist unerheblich. Es ist auch nicht erforderlich, dass der Abzugsbetrag an das FA abgeführt worden ist (Tz 86 BMF BStBl I 2022, 1229). Das Risiko der fehlenden Abführung und der Zahlungsunfähigkeit des Leistungsempfängers trägt das FA, nicht der Leistende (Schmitt/Seitz, Stbg 2001, 669; Eggers, StuB 2003, 342). Das FA muss sich bei einer unterlassenen Abführung an den Leistungsempfänger halten. Es ist grds nicht befugt, die Anrechnung auf die von dem Leistenden zu entrichtenden Steuern zu verweigern.

Anders verhält es sich nur, wenn der angemeldete Abzugsbetrag nicht abgeführt worden ist und Anlass für die Annahme besteht, dass ein Missbrauch vorliegt. In diesem Fall greift § 48c Abs 3 EStG ein, der die Ablehnung der Anrechnung erlaubt.

 

Rn. 19

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Der Leistende ist nicht zu dem Nachweis verpflichtet, dass der Abzugsbetrag von dem Leistungsempfänger einbehalten und angemeldet worden ist (ebenso: Ebling, DStR 2001, Beihefter zu Heft 51/52; Kaeser in K/S/M, § 48c EStG Rz B 5 (Februar 2004); Oellerich in Bordewin/Brandt, § 48c EStG Rz 6 (Dezember 2019)). Die Gegenauffassung hält es für erforderlich, dass der Leistende dem FA die vom Leistungsempfänger erhaltene Abrechnung (§ 48a Abs 2 EStG) vorlegt (Tz 86 BMF BStBl I 2022, 1229; Schroen, IStR 2001, 714; BGH VII ZR 2/13, HFR 2014, 450; ähnlich: Diebold, DB 2003, 1134: Nachweis kann durch jedes Beweismittel geführt werden). Eine Rechtsgrundlage für diese Auffassung ist nicht ersichtlich. Das FA hat vielmehr in eigener Zuständigkeit zu prüfen, ob der Einbehalt erfolgt ist und die Anmeldung vorliegt. Dies ist auch ohne weiteres möglich, weil der Abzugsbetrag bei demjenigen FA anzumelden ist, das auch für die Anrechnung gemäß § 48c Abs 1 EStG zuständig ist.

Zu Beschleunigung des Verfahrens bietet es sich aber an, dass der Leistende die Abrechnung gemäß § 48a Abs 2 EStG dem zuständigen FA vorlegt.

 

Rn. 20

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Wird die Abrechnung gemäß § 48a Abs 2 EStG nicht vorgelegt, kann das FA dies nicht zum Anlass nehmen, die Anrechnung des Steuerabzugsbetrags zu verweigern. Eine Ablehnung der Anrechnung ist – mit Ausnahme der Fallkonstell...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge