Rn. 451

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Abgrenzung: Bei Übertragungen unter Vorbehaltsnießbrauch überträgt der bisherige Eigentümer einer Sache das Eigentum auf einen anderen, aber behält sich Besitz und Nutzungsrecht vor (zu Nießbrauchsarten ausführlich Schön, der Nießbrauch an Sachen – gesetzliche Struktur und rechtsgeschäftliche Gestaltung (1992); vgl auch BMF vom 24.07.1998, BStBl I 1998, 914).

 

Rn. 451a

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Zurechnung: Die Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt erfolgt im Regelfall unter Zurechnungswechsel des nießbrauchsbelasteten WG. Der Vorbehaltsnießbraucher bleibt idR nicht wirtschaftlicher Eigentümer des weiterhin seiner Nutzung unterliegenden WG (ständige Rspr, BFH vom 16.12.1988, III R 113/85, BStBl II 1989, 763; BFH vom 01.03.1994, VIII R 35/92, BStBl II 1995, 241; BFH vom 26.11.1998, IV R 39/98, BStBl II 1999, 263; BFH vom 28.07.1999, X R 38/98, BStBl II 2000, 653; BFH vom 25.01.2017, X R 59/14, BFH/NV 2017, 1077; vgl auch IDW ERS HFA 13 nF vom 29.11.2006, FN-IDW 2007, 83 Rz 68; allgemein zu schulrechtlichen/dinglichen Nutzungsrechten BFH vom 05.07.2018, VI R 67/15, BStBl II 2018, 798).

Das wirtschaftliche Eigentum liegt im Regelfall beim nießbrauchsbelasteten zivilrechtlichen Eigentümer, der durch den (maximal auf die Lebenszeit des Nießbrauchers, § 1061 S 1 BGB) befristeten Nießbrauch typischerweise nicht dauerhaft von der Einwirkung auf das betreffende WG ausgeschlossen wird (BFH vom 25.01.2017, X R 59/14, BFH/NV 2017, 1077 mwN zum Nießbrauch an Immobilien).

Eine Ausnahme von diesem Zurechnungsgrundsatz mit Zurechnungsfolge zum Nießbrauchsberechtigten ist gegeben, wenn dessen Rechte so stark ausgestaltet sind, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer von der Einwirkung auf das belastete WG ausschließen und über Substanz und Ertrag des WG endgültig verfügen kann, mithin die tatsächliche Herrschaft über das nießbrauchsbelastete WG ausübt (BFH vom 25.01.2017, X R 59/14, BFH/NV 2017, 1077 mwN; FG Münster vom 20.09.2019, 11 K 4132/15 E,G, EFG 2020, 255). Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn der Nießbraucher berechtigt ist, über das WG für eigene Rechnung zu verfügen oder die Nießbrauchsdauer so bemessen ist, dass das WG bis zum Erlöschen des Nießbrauchs technisch oder wirtschaftlich verbraucht, ein Herausgabeanspruch des Eigentümers entsprechend ohne wirtschaftlichen Wert ist (BFH vom 02.06.1978, III R 4/76, BStBl II 1978, 507; BFH vom 24.06.2004, III R 50/01, BStBl II 2005, 80; IDW ERS HFA 13 nF vom 29.11.2006, FN-IDW 2007, 83 Rz 69; s Rn 170p).

Bei Übergang von Anteilen an KapGes unter Nießbrauchsvorbehalt hat der BFH den Übergang wirtschaftlichen Eigentums auf den Erwerber insbesondere dann verneint, wenn der Vorbehaltsnießbraucher weiterhin alle mit der Beteiligung verbundenen Rechte (Vermögens- und Verwaltungsrechte) ausüben und im Konfliktfall durchsetzen kann (BFH vom 24.01.2012, IX R 51/10, BStBl II 2012, 308).

 

Rn. 451b

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Gewinnrealisation: Bei Veräußerung unter Vorbehaltsnießbrauch kommt es parallel zum Zurechnungswechsel zur Gewinnrealisation. Übertragen/erworben wird lediglich das mit dem Nießbrauch belastete WG, der Nießbrauch ist nicht Teil der Gegenleistung für die Übertragung des nießbrauchsbelasteten WG (vgl BFH vom 28.07.1981, VIII R 124/76, BStBl II 1982, 378; BFH vom 18.11.2014, IX R 49/13, BStBl II 2015, 244).

Geht wirtschaftliches Eigentum dagegen ausnahmsweise nicht über, ist der Kaufvertrag zugleich in wirtschaftlichem Sinne nicht erfüllt, so dass auch eine Gewinnrealisation ausscheidet. Der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ist hier notwendige Voraussetzung für die Gewinnrealisation (s Rn 420).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge