cba) Fehlende Regel im Steuerrecht

 

Rn. 336d

Stand: EL 134 – ET: 02/2019

Wahlrechte im Handelsrecht, denen im Steuerrecht keine Regelung gegenüber steht, bleiben nach der Rspr des GrS steuerlich nicht erhalten (BFH v 03.02.1969, GrS 2/68, BStBl II 1969, 291 sowie zB BFH v 20.03.1980, IV R 89/79, BStBl II 1980, 297; BFH v 12.12.1991, IV R 28/91, BStBl II 1992, 602; BFH v 31.01.2013, GrS 1/10, BStBl II 2013, 317). Mit dem Ziel der steuerlichen Erfassung des "vollen Gewinns" (iS des jeweils höchstmöglichen Gewinns) führen handelsrechtliche Aktivierungswahlrechte steuerlich zu Aktivierungsgeboten, handelsrechtliche Passivierungswahlrechte zu steuerlichen Passivierungsverboten. Nach BilMoG ist hierfür aktuell kein Anwendungsfall verblieben (im Einzelnen s Rn 334).

Nach den Rspr-Grundsätzen folgt für die Bewertungsebene, dass handelsrechtliche Bewertungswahlrechte auf der Aktivseite steuerlich zum höchstmöglichen Ansatz, handelsrechtliche Bewertungswahlrechte auf der Passivseite zum niedrigstmöglichen steuerlichen Ansatz führen, wenn eine steuerliche Reglung nicht vorhanden ist (BFH v 21.10.1993, IV R 87/92, BStBl II 1994, 178).

Die FinVerw verlangt abweichend hiervon die Übernahme des handelsrechtlichen Werts in die StB (BMF v 12.03.2010, BStBl I 2010, 239 Rz 5, 7: Übernahme der Wertansätze der HB im Fall der Festbewertung (§ 240 Abs 3 HGB) u Gruppenbewertung (§ 240 Abs 4 HGB) in die StB).

cbb) Verbindliche Regel im Steuerrecht

 

Rn. 336e

Stand: EL 134 – ET: 02/2019

Besteht im Handelsrecht ein Ansatz- oder Bewertungswahlrecht, das steuerlich auf eine verbindliche Regel trifft, geht die steuerliche Regelung vor, das handelsrechtliche Wahlrecht wird verdrängt. Ob es zu Abweichungen kommt, hängt davon ab, ob

(1) die steuerlich zwingende Vorgabe innerhalb des handelsrechtlichen Wahlrechtsbereichs liegt und
(2) das Wahlrecht in der HB übereinstimmend oder abweichend vom Steuerrecht ausgeübt wird, der Bilanzierer selbst also eine Übereinstimmung der betreffenden Wertansätze wünscht.
 

Beispiele:

  • Selbst geschaffene Immaterialgüter des AV: nach § 248 Abs 2 S 1 HGB Ansatzwahlrecht, nach § 5 Abs 2 EStG Ansatzverbot (s Rn 680);
  • Disagio: handelsrechtlich besteht nach § 250 Abs 3 HGB ein Aktivierungswahlrecht, steuerlich besteht eine Aktivierungspflicht (s Rn 827);
  • vorübergehende Wertminderungen von Finanzanlagen: handelsrechtlich Abschreibungswahlrecht, steuerlich Abschreibungsverbot (s Rn 486);
  • planmäßige Abschreibung immaterieller Vermögensgegenstände des AV: handelsrechtlich Methodenwahlrecht, steuerlich lineare Abschreibung.

cbc) Wahlrecht im Steuerrecht

 

Rn. 336f

Stand: EL 134 – ET: 02/2019

Bestehen im Handels- u Steuerrecht korrespondierende Wahlrechte, können HB u StB übereinstimmen, müssen es aber nicht. Das Wahlrecht kann grds jeweils eigenständig und folglich auch unterschiedlich ausgeübt werden (§ 5 Abs 1 S 1 Hs 2 EStG). Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen GoB besteht ohne weitere gesetzliche Anordnungen nicht.

Die steuerliche Autonomie bei der Wahlrechtsausübung wird eingeschränkt, wenn die Ausübung eines bestehenden steuerlichen Wahlrechts unter GoB-Vorbehalt gestellt wird, wie im Fall des Lifo-Wahlrechts gem § 6 Abs 1 Nr 2a EStG (s Rn 326 b). Sie wird aufgehoben, wenn die Wahlrechtsausübung an den konkreten HB-Wert gebunden wird, wie im Fall des Einbezugs von Kosten der allg Verwaltung, angemessener Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung iSd § 255 Abs 2 S 3 HGB, für die § 6 Abs 1 Nr 1b S 2 EStG eine Wahlrechtsausübung in Übereinstimmung mit der HB anordnet (s Rn 326c).

 

Beispiele:

  • Wahlrecht zwischen sofortiger erfolgswirksamer Vereinnahmung von Investitionszuschüssen und (zunächst) erfolgsneutraler Verrechnung mit den AK/HK des bezuschussten WG nach R 6.5 EStR 2012, das nach hM auch handelsrechtlich besteht (str, dazu Schubert/Gadeck, in Beck’scher Bilanzkomm, 11. Aufl 2018, § 255, Rz 116ff; bejahend BFH v 22.01.1992, X R 23/89, BStBl II 1992, 488).
  • Wahlrecht zwischen Einzelbewertung und Anwendungen eines (GoB-konformen) Verbrauchsfolgeverfahren nach § 256 HGB, § 6 Abs 1 Nr 2a EStG: abweichende Wahlrechtsausübung möglich (BMF v 12.05.2015, BStBl I 2015, 462 Rz 10; s Rn 326b).
  • Aktivierungswahlrecht für fertigungsveranlasste FK-Zinsen gem § 255 Abs 3 S 2 HGB bzw R 6 Abs 4 EStR 2012: mangels Fortbestand formeller Maßgeblichkeit und fehlender einschränkender gesetzlicher Anordnung (etwa analog § 6 Abs 1 Nr 1b S 2 EStG) in HB und StB abweichend ausübbar (aA BMF v 12.03.2010, BStBl I 2010, 239 Rz 6: bei Ansatz in der HB Pflichtübernahme in die StB, s Rn 326c).
  • Methodenwahlrecht bei planmäßiger Abschreibung: das zB für bewegliche WG des AV nach § 7 EStG gegebene Methodenwahlrecht zwischen linearer und leistungsabhängiger Abschreibung kann unabhängig von der Ausübung des (idR nur teilweise korrespondierenden) Methodenwahlrechts in der HB (abhängig vom Entwertungsverlauf linear, degressiv, leistungsabhängig) abgeschrieben werden (BMF v 12.03.2010, BStBl I 2010, 239 Tz 18). Handelsrechtlich ist der AfA die voraussichtliche betriebsindividuelle Nutz...

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