Rn. 790

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Die – verdoppelten – Freibeträge nach § 32 Abs 6 S 2 EStG stehen dem StPfl auch dann zu, wenn der andere Elternteil verstorben (BFH v 27.02.2006, III B 26/05, BFH/NV 2006, 1089) oder nicht unbeschränkt stpfl ist (§ 32 Abs 6 S 3 Nr 1 EStG), vgl BFH v 28.06.2012, III R 86/09, BStBl II 2013, 855, oder der StPfl allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht (§ 32 Abs 6 S 3 Nr 2 EStG). Ist der andere Elternteil nicht unbeschränkt stpfl, findet § 32 Abs 6 S 3 Nr 1 EStG auch dann Anwendung, wenn die Elternteile nicht verheiratet sind, BFH v 13.08.2002, VIII R 110/01, BFH/NV 2003, 31.

 

Rn. 791

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Dem Fall, dass der StPfl die verdoppelten Freibeträge deshalb erhält, weil der andere Elternteil verstorben ist, stellt die FinVerw in R 32.12 EStR 2012 – im Wege der Billigkeitsregelung (§ 163 AO) – die Fälle gleich, in denen der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt des anderen Elternteils nicht zu ermitteln oder der Vater des Kindes nicht amtlich feststellbar ist. Letzteres soll nicht nur in den Fällen anzunehmen sein, in denen die Mutter den Namen des Kindsvaters nicht angeben kann, sondern auch dann, wenn sie den Namen des Kindsvaters (aus persönlichen Gründen) verschweigt, vgl OFD Han v 12.08.1997, DB 1997, 2198; FG D'dorf v 04.01.1993, 14 K 109/88 E, EFG 1993, 519; diese Auffassung ist abzulehnen, so FG Thüringen v 28.05.1998, II 333/97, EFG 1998, 1414; Wendl in H/H/R, § 32 EStG Rz 175 (April 2019). Die Verwaltungsauffassung erscheint deshalb nicht zutreffend, weil in den im Gesetz geregelten Fällen feststeht, dass der Elternteil, der die doppelten Freibeträge erhält, auch die gesamte Unterhaltslast für das Kind trägt. Dies ist jedoch in dem Fall, in dem die Mutter des Kindes Angaben zu dessen Vater verweigert, nicht notwendig ebenso der Fall. Auch bei künstlicher Befruchtung, wenn der biologische Vater unter Nutzung fortpflanzungsmedizinischer Verfahren anonym geblieben ist, erhält die Mutter des Kindes nach BMF v 17.01.2014, BStBl I 2014, 109 Rz III die verdoppelten Freibeträge.

 

Rn. 792

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Umstritten ist ferner, ob es in den in § 32 Abs 6 S 3 EStG genannten Fällen zu einer Doppelberücksichtigung kommen kann. Diese Problematik tritt ua für den Monat auf, in dem der Vater eines nichtehelichen Kindes verstirbt. Für den betreffenden Monat stehen dem Vater und der Mutter des Kindes zunächst jeweils die Freibeträge nach § 32 Abs 6 S 1 EStG zu, da die Voraussetzungen dafür zu Beginn des Monats vorgelegen haben. Zwar haben nach dem Tod des Vaters des nichtehelichen Kindes in der Person der Mutter des Kindes auch die Voraussetzungen des § 32 Abs 6 S 3 EStG für einen Teil des Monats vorgelegen, es erfolgt jedoch keine Doppelberücksichtigung des Kindes nach § 32 Abs 6 S 1 EStG und § 32 Abs 6 S 3 EStG; Wendl in H/H/R, § 32 EStG Rz 175 (April 2019); Heuermann, DStZ 2000, 1546, 1550; aA Jachmann in K/S/M, § 32 EStG Rz D 7 (März 2004); Loschelder in Schmidt, § 32 EStG Rz 81 (40. Aufl).

Entsprechendes gilt, wenn ein Elternteil (A) nur einige Monate des Jahres unbeschränkt stpfl ist, die restlichen Monate jedoch nicht stpfl; in diesem Fall verdoppeln sich die Freibeträge für den anderen Elternteil (B) nur für die Monate, in denen der Elternteil B an keinem Tag der unbeschränkten StPfl unterlag, vgl BFH v 14.10.2003, VIII R 111/01, BFH/NV 2004, 331. Für den Monat, in dem der Elternteil (A) nur einige Tage der unbeschränkten StPfl unterlag, steht ihm für den gesamten Monat der Kinderfreibetrag zu.

Aus dem systematischen Verhältnis des § 32 Abs 6 S 1 EStG zu S 2 und S 3 folgt, dass je Kind höchstens die verdoppelten Freibeträge berücksichtigt werden können und keine Vervierfachung (in der Person der Kindesmutter und des Kindesvaters je die Freibeträge nach § 32 Abs 6 S 1 EStG und in der Person der Kindesmutter zusätzlich die – doppelten – Freibeträge nach § 32 Abs 6 S 2 u 3 EStG) eintritt.

 

Rn. 793–809

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

vorläufig frei

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