a) Allgemeines, Verfassungsrecht

 

Rn. 1120

Stand: EL 170 – ET: 01/2024

§§ 3 Nr 29 EStG berücksichtigt internationale Gepflogenheiten (s Rn 5) und stellt das Gehalt und die Bezüge diplomatischer Vertreter ausländischer Staaten sowie ausländischer Konsularbeamten steuerfrei. Die Vorschrift wird jedoch überlagert (§ 2 AO) durch

  • das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18.04.1961 (BGBl II 1964, 959), in Kraft getreten am 11.12.1964 (WÜD) sowie
  • das Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen vom 24.04.1963 (BGBl II 1969, 1587), in Kraft getreten am 07.10.1971 (WÜK).

Zum Inhalt beider Abkommen s H 3.29 EStH 2021.

 

Rn. 1120a

Stand: EL 170 – ET: 01/2024

Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr 29 EStG ist seit VZ 1994 eingeschränkt und an das WÜD und WÜK angeglichen (s Rn 1121ff). Dies bedeutet (auch s Rn 1123, 1126):

 
  Steuerfrei (= S 1) Nicht steuerfrei (= S 2)
§ 3 Nr 29 Buchst a EStG Das Gehalt und die Bezüge, die die diplomatischen Vertreter ausländischer Staaten, die ihnen zugewiesenen Beamten und in ihren Diensten stehenden Personen erhalten Falls es sich bei den Empfängern des Gehalts/der Bezüge in der Spalte "steuerfrei" um deutsche Staatsangehörige oder um im Inland ständig ansässige Personen handelt
§ 3 Nr 29 Buchst b EStG Das Gehalt und die Bezüge der Berufskonsuln, der Konsulatsgehörigen und ihres Personals, soweit sie Angehörige des Entsendestaates sind Falls es sich bei den Empfängern des Gehalts/der Bezüge in der Spalte "steuerfrei" um Personen handelt, die im Inland ständig ansässig sind oder außerhalb ihres Amtes oder Dienstes einen Beruf, ein Gewerbe oder eine andere gewinnbringende Tätigkeit ausüben
 

Rn. 1120b

Stand: EL 170 – ET: 01/2024

Mit anderen Worten: Was steuerfrei ist, sagen jeweils die S 1 von § 3 Nr 29 Buchst a und b EStG, was nicht steuerfrei ist, findet sich jeweils in S 2 (Regel-Ausnahme-Technik).

 

Rn. 1120c

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Aufgrund des Vorrangs von WÜD und WÜK ist § 3 Nr 29 EStG idR deklaratorisch (glA Levedag in Schmidt, § 3 EStG Rz 104, 41. Aufl 2022).

 

Rn. 1120d

Stand: EL 170 – ET: 01/2024

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Vorschrift bestehen nicht.

b) Die Steuerbefreiung für Diplomaten im Allgemeinen

ba) Nach dem WÜD

 

Rn. 1121

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Nach Art 34 Hs 1 WÜD ist ein Diplomat einer ausländischen Mission, sofern er weder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt noch im Inland ständig ansässig ist, von allen staatlichen, regionalen und kommunalen Personal- und Realsteuern oder -abgaben grundsätzlich (Ausnahmen: Art 34 Hs 2 WÜD) befreit. Zu weiteren, von der Steuerbefreiung betroffenen Personen s H 3.29 EStH 2021 "Wiener Übereinkommen" Nr 3–10. Im Urteilsfall FG Berlin-Brandenbg vom 01.09.2021, 16 K 11 167/20, DStRE 2023, 4 rkr, war der betreffend Botschaftsangestellte sowohl deutscher Staatsbürger als auch im Inland ansässig und konnte sich daher nicht auf das WÜD berufen.

bb) Subsidiär gegenüber ba) nach allgemeinen Völkerrechtsgrundsätzen (Art 25 GG)

 

Rn. 1122

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Soweit der Entsendestaat des Diplomaten dem WÜD noch nicht beigetreten ist, ist noch die Verwaltungsanordnung der Bundesregierung vom 13.10.1950 (MinBlFin 1950, 631) anzuwenden, aus der sich die Steuerbefreiung ergibt.

bc) Subsidiär gegenüber ba) und bb) nach § 3 Nr 29 EStG

 

Rn. 1123

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Soweit das WÜD oder allgemeine Völkerrechtsgrundsätze greifen, ist § 3 Nr 29 EStG verdrängt (§ 2 AO). Soweit § 3 Nr 29 EStG überhaupt in diesem Fall noch anwendbar sein sollte, betrifft es die diplomatischen Vertreter, die ihnen zugewiesenen Beamten und die in ihren Diensten stehenden Personen. Nach § 3 Nr 29 Buchst a S 2 EStG ist die Steuerbefreiung ausgeschlossen für (s auch FG Berlin-Brandenburg vom 01.09.2021, 16 K 11 167/20, DStRE 2023, 4 rkr).

  • deutsche Staatsangehörige oder
  • für im Inland ständig ansässige Personen. Dies entspricht der Rechtslage nach dem WÜD.

"Im Inland ständig ansässig" ist jedenfalls dann gegeben, wenn sich die Betroffenen bereits mehr als 25 Jahre in einem ununterbrochenen Anstellungsverhältnis bei der ausländischen Botschaft in Deutschland befinden (FG Köln vom 24.01.2001, 12 K 7040/98, DStRE 2001, 897 rkr).

c) Die Steuerbefreiung für Konsularbeamte im Allgemeinenn

ca) Nach dem WÜK

 

Rn. 1124

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Nach dem WÜK ist ein Konsularbeamter einer ausländischen konsularischen Vertretung, sofern er weder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt noch im Inland ständig ansässig ist, von allen staatlichen, regionalen und kommunalen Personal- und Realsteuern oder -abgaben grds befreit (Art 49 Abs 1, Art 71 Abs 1 WÜK). Zu weiteren, von der Steuerbefreiung betroffenen Personen (zB Familienmitglieder, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen) s H 3.29 EStH 2021 "Wiener Übereinkommen" Nr 3–10.

cb) Subsidiär gegenüber ca) nach allgemeinen Völkerrechtsgrundsätzen (Art 25 GG)

 

Rn. 1125

Stand: EL 170 – ET: 01/2024

Soweit der Entsendestaat des Konsularbeamten dem WÜK noch nicht beigetreten ist, ist noch die Verwaltungsanordnung der Bundesregierung vom 13.10.1950 (MinBlFin 1950, 631) anzuwenden, aus der sich die Steuerbefreiung ergibt.

cc) Subsidiär gegenüber ca) und cb) nach § 3 Nr 29 EStG

 

Rn. 1126

Stand: EL 170 – ET: 01/2024

Soweit hier noch § 3 Nr 29 EStG anwendbar ist, gilt die Steuerbefreiung für Berufskonsuln (Art 1 Abs 1 Buchst d WÜK, also nicht: Wahlkonsuln = Honorarkonsuln, s H 3.29 EStH 2021; Ross in Frotscher/Geurts, § 3 Nr 29 EStG Rz 6), für Konsulatsangehörige ...

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