Rn. 35

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Der steuerrechtliche ArbN-Begriff ist ein Typusbegriff, der sich nicht durch Aufzählung feststehender Merkmale abschließend bestimmen lässt, s BFH BStBl II 2008, 981; 2009, 374. Das Gleiche gilt für den Begriff des Dienstverhältnisses. Eine Definition der nichtselbstständigen Arbeit fehlt in § 19 EStG. Die Abgrenzung zwischen selbstständiger und nichtselbstständiger Arbeit im steuerrechtlichen Sinn kann nicht generell nach dem Inhalt der geleisteten Tätigkeit oder nach Berufsgruppen vorgenommen werden. Es ist immer eine einzelfallbezogene Würdigung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse vorzunehmen. Dabei müssen die für und gegen ein Dienstverhältnis sprechenden Merkmale gegeneinander abgewogen werden, s BFH BStBl II 2008, 933.

 

Rn. 36

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

§ 19 EStG zählt einzelne typische Bsp von Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit auf, wie Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen, Wohngelder, Ruhegelder, Witwen- und Waisengelder und erfasst alle sonst noch möglichen Erscheinungsformen mit dem Sammelbegriff "andere Bezüge und Vorteile". Die nichtselbstständige Arbeit umschreibt § 19 EStG als "Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst".

Durch die Ergänzung in § 19 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG (VAStrRefG vom 03.04.2009, BGBl I 2009, 700) wird ab 01.01.2009 klargestellt, dass es sich auch bei Leistungen, die eine ausgleichsberechtigte Person aufgrund der Teilung einer Direktzusage oder der Leistungen aus einer Unterstützungskasse erhält, um Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit handelt.

Die näheren Erläuterungen der Begriffe ArbN, ArbG und Arbeitslohn befinden sich in §§ 1, 2 LStDV. § 1 Abs 1 LStDV definiert den Begriff ArbN, Abs 2 den des Dienstverhältnisses und grenzt in Abs 3 die selbstständige Tätigkeit ab. Nach der Rspr des BFH beinhalten die in § 1 LStDV zur Bestimmung des ArbN gebrauchten Begriffe eine zutreffende Auslegung des Gesetzes, s BFH BStBl II 1984, 654; 1985, 661; 1986, 184.

 

Rn. 37

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

In der Literatur werden zum Teil Zweifel geäußert, ob eine solche Form der Begriffsbestimmung in der LStDV durch § 51 Abs 1 Nr 1 EStG gedeckt sei, s Eisgruber in Kirchhof/Seer, § 19 EStG Rz 1a (21. Aufl); Brick, Europäische Hochschulschriften, Bd 1299, 9. Während nämlich die in § 51 Abs 1 Nr 2 und 3 EStG gegebenen Ermächtigungen auf eng umgrenzte Tatbestände abstellen, ist die Ermächtigung der Nr 1 sehr ungenau gefasst. Bei der Umschreibung des Zwecks durch die Merkmale "Wahrung der Gleichmäßigkeit bei der Besteuerung, zur Beseitigung von Unbilligkeiten in Härtefällen oder zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens" fehlt eine deutliche Abgrenzung, s Brick, aaO. Nach dieser Ansicht müsste das EStG selbst den Begriff des Dienstverhältnisses definieren. Nach hM erhalten die §§ 1, 2 LStDV hingegen eine zutreffende Auslegung des Gesetzes, s BFH BStBl II 1986, 184.

ME ist der hM zu folgen, da in der Definition der LStDV nur das enthalten ist, was der Gesetzgeber in den §§ 19, 8 Abs 1 EStG als seine Vorstellung vom Begriff der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit hat erkennen lassen. Insofern beinhaltet § 2 LStDV lediglich eine Konkretisierung des § 19 Abs 1 EStG (s BFH BStBl II 1980, 705; Stolterfoht, DStJG Bd 5 (1982), 282, Fn 42).

1. Person des ArbN

 

Rn. 38

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Der Begriff "ArbN" wird im EStG oft verwendet, jedoch nur in § 1 Abs 1 LStDV definiert. Der Bezug von Arbeitslohn ist nicht Tatbestandsmerkmal des ArbN-Begriffs, sondern nur Folge der Tätigkeit des ArbN, nämlich Empfang der Gegenleistung für eine durch das Dienstverhältnis veranlasste Beschäftigung.

Verzichtet der ArbG auf die Arbeitsleistung (zB im Fall einer Freistellung), steht dieses der ArbN-Eigenschaft des StPfl nicht entgegen, s Krüger in Schmidt, § 19 EStG Rz 25 (42. Aufl).

Im Rahmen einer "Ich-AG" tätige Personen beziehen keine Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Dies gilt, obwohl dieser Personenkreis in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht wie ein ArbN behandelt wird, s Reiserer, DStR 2003, 292.

ArbN kann nur eine natürliche Person, nicht dagegen eine juristische Person sein. Im Vordergrund steht die Persönlichkeit des ArbN, anders als im Römischen und im Gemeinen Recht, das Miete von Diensten annahm, s BFH BStBl II 1986, 465.

 

Rn. 39

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Im Übrigen kann ArbN auch sein, wer keine Dienstleistungen erbringt, da ArbN auch ist, wer aus einem früheren oder künftigen Dienstverhältnis Arbeitslohn bezieht, s Rn 27ff. ArbN im steuerrechtlichen Sinne ist auch der Rechtsnachfolger eines ArbN (§ 1 Abs 1 LStDV). Der ArbN braucht nicht unbeschränkt geschäftsfähig, insbesondere nicht volljährig zu sein. Ebenso kommt es auf die unbeschränkte StPfl (s Rn 8ff), die Staatsangehörigkeit, das Vorliegen einer Arbeitserlaubnis usw nicht an.

2. Sachliche Anknüpfung

 

Rn. 40

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Der ArbN ist dadurch gekennzeichnet, dass er Arbeitslohn aus einem eigenen oder fremden Dienstverhältnis bezieht. Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Beschäftigte seine Arbeitskraft schu...

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