Rn. 89

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Dem zivilrechtlichen Eigentümer ist grds die Beteiligung zuzurechnen, wenn er zugleich auch wirtschaftlicher Eigentümer iSd § 39 Abs 2 Nr 1 AO ist. Daher ist für die Zurechnung der Gesellschaftsanteile nicht nur auf das zivilrechtliche, sondern auch auf das wirtschaftliche Eigentum abzustellen. Voraussetzung für die Zurechnung einer Beteiligung iSd § 17 EStG ist demzufolge, dass (zumindest) wirtschaftliches Eigentum vorliegt (BFH vom 25.05.2011, IX R 23/10, BStBl II 2012, 3 mwN).

Wirtschaftliches Eigentum erlangt, wer nach dem Inhalt der getroffenen Abrede alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögens- und Verwaltungsrecht, insbesondere Gewinnbezugs- und Stimmrecht) ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann (BFH vom 05.10.2011, IX R 57/10, BStBl II 2012, 318).

 

Rn. 90

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

IdR werden rechtliches und wirtschaftliches Eigentum bei einem Geschäftsanteilskaufvertrag mit Abtretung der Anteile gemäß §§ 433, 398 BGB nicht auseinanderfallen.

Geht jedoch formal zivilrechtlich das Eigentum über, ohne dass der Erwerber wirtschaftlicher Eigentümer wird, begründet dies nach der Rspr des BFH keine maßgebliche Beteiligung iSd § 17 EStG (BFH vom 05.10.2011, IX R 57/10, BStBl II 2012, 318; hierzu Schiffers/Köster, DStZ 2012, 871, 891; s Rn 113).

In der neueren Rspr wird der Fokus verstärkt auf das wirtschaftliche Eigentum gelegt und steht somit auch verstärkt im Brennpunkt bei der FinVerw (FG Mchn vom 18.06.2015, 13 K 1276/13, EFG 2015, 1891, Urteil aufgehoben und an das FG Mchn zurückverwiesen durch BFH vom 08.11.2017, IX R 35/15, BFH/NV 2018, 347).

a) Treuhand

 

Rn. 91

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Bei Treuhandverhältnissen sind die Anteile an der KapGes dem Treugeber zuzurechnen (BFH vom 16.05.1995, VIII R 33/94, BStBl II 1995, 870). Unabhängig von den zivilrechtlichen Eigentumsverhältnissen sind die Anteile typischerweise gemäß § 39 Abs 2 Nr 1 S 2 AO steuerlich dem Treugeber zuzurechnen. An die steuerliche Anerkennung von Treuhandverträgen sind hohe Anforderungen zu stellen, da das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse wegen der von dem zivilrechtlichen Eigentum abweichenden Zurechnungsfolge eindeutig erkennbar sein muss.

Treuhandverhältnisse sind steuerrechtlich nur anzuerkennen, wenn sie auf ernst gemeinten, zivilrechtlich wirksam abgeschlossenen und klar nachweisbaren Vereinbarungen zwischen Treugeber und Treuhänder beruhen und überdies auch tatsächlich durchgeführt werden (BFH vom 04.07.2007, VIII R 14/05, BFH/NV 2008, 745). Auch eine sog Quotentreuhand ist zulässig (BFH vom 06.10.2009, IX R 14/08, BStBl II 2010, 460).

Wesentliche Kriterien zur Anerkennung eines steuerlich beachtlichen Treuhandverhältnisses sind Regelungen im Vertrag hinsichtlich der Stimmrechtsausübung, der Weisungsgebundenheit des Treuhänders, des Gewinnbezugsrechts sowie des Herausgabeanspruchs (BFH vom 14.10.2003, VIII R 22/02, BFH/NV 2004, 620). Sind Aktien Gegenstand eines Treuhandvertrags, so sind die Anteile steuerlich dem Treugeber nur dann zuzurechnen, wenn der Treugeber – sowohl nach den mit dem Treuhänder getroffenen Absprachen als auch bei deren tatsächlichem Vollzug – das Treuhandverhältnis in vollem Umfang beherrscht (BFH vom 24.11.2009, I R 12/09, BStBl II 2010, 590).

Ein Treuhandverhältnis kann steuerlich auch anerkannt werden, wenn mehrere Treugeber ihre Rechte gegenüber dem Treuhänder grundsätzlich nur gemeinschaftlich (Pool) ausüben können (BFH vom 21.05.2014, I R 42/12, BStBl II 2015, 4).

 

Rn. 92

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Treuhandverhältnisse gibt es in drei Erscheinungsformen:

  • Erwerbstreuhand (der Treuhänder erwirbt einen Anteil für den Treugeber): Sie stellt für den Treugeber einen Anschaffungsvorgang dar und ist erst im Fall der Veräußerung der Anteile ein stpfl Vorgang iSd § 17 EStG.
  • Vereinbarungstreuhand (ein bestehender Anteil wird vom Gesellschafter künftig als Treuhänder für einen anderen Treugeber gehalten): In diesem Fall kann eine Veräußerung iSd § 17 EStG vorliegen, wenn sich der Anteilsinhaber gegenüber einem Dritten verpflichtet, für diesen die Anteile treuhänderisch zu halten, obwohl sich das zivilrechtliche Eigentum nicht ändert (glA Schmidt in H/H/R, § 17 EStG Rz 92 (August 2018)).
  • Übertragungstreuhand (Treugeber überträgt einen bestehenden Anteil auf den Treuhänder). In diesem Fall liegt keine Veräußerung iSd § 17 EStG vor, wenn der Treugeber (= wirtschaftlicher Eigentümer) die Anteile mit dinglicher Wirkung auf den Treuhänder (= zivilrechtlicher Eigentümer) überträgt, da sich die wirtschaftliche Zuordnung nicht ändert (glA Schmidt in H/H/R, § 17 EStG Rz 92 (August 2018)).

b) Unterbeteiligungen

 

Rn. 93

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Bei der atypisch stillen Unterbeteiligung sind die der Beteiligungsquote entsprechenden Anteile zuzurechnen, wenn der Unterbeteiligte am Ertrag und an der Substanz der KapGes beteiligt ist und er die Verwaltungsrechte ausüben kann. Die 1 %-Grenze ist jeweils für den Hauptbeteiligten auf seinen "Restanteil" und den Unterbeteiligten getrennt zu...

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