Rn. 1401

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Eine echte Realteilung liegt nach BFH v 16.03.2017, IV R 31/14, BStBl II 2019, 24 vor, wenn die Mitunternehmerschaft aufgelöst und das (gesamte) BV an die Mitunternehmer verteilt wird. Darüber hinaus ist nicht eindeutig geklärt, unter welchen Voraussetzungen von einer echten Realteilung ausgegangen werden kann. Die vorstehende Definition lässt anklingen, dass der BFH allein darauf abstellt, dass die gesellschaftsrechtliche Form, die den Rahmen der Mitunternehmerschaft bietet, aufgelöst und abwickelt wird (ebenso BMF v 19.12.2018, BStBl I 2019, 6 Tz 1). In vielen Fällen mag diese Auflösung der Mitunternehmerschaft zugleich eine Aufgabe des Betriebs darstellen, vor allem, wenn der Betrieb als solcher aufgeteilt wird und die einzelnen Mitunternehmer Einzel-WG in ihre jeweiligen Betriebe übernehmen. Dennoch ist es fraglich, ob auch dann eine Betriebsaufgabe iSd § 16 Abs 3 S 1 EStG vorliegt, wenn die Mitunternehmerschaft aufgelöst wird, einige Mitunternehmer Einzel-WG (keine wesentlichen Betriebsgrundlagen) übernehmen, während ein Mitunternehmer, zB der Hauptgesellschafter, den Betrieb in seinem Einzelunternehmen fortführt (vgl auch die Kritik bei Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz 535 (39. Aufl)). Der Betrieb ist in diesem Fall, bis auf die Rechtsform, faktisch der gleiche, hier von einer Betriebsaufgabe zu sprechen, ist daher zweifelhaft. Auch der Wortlaut der Norm, die ja auf eine Aufgabe des Betriebs, nicht auf eine Aufgabe der Mitunternehmerschaft abstellt, würde hier gegen eine Betriebsaufgabe sprechen.

 

Rn. 1402

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Diese Zweifel werden auch nicht durch den Umstand beseitigt, dass eine Mitunternehmerschaft nach derzeitigem Verständnis nur einen steuerlichen Betrieb (und ggf mehrere Teilbetriebe) haben kann. Die Gesellschaft "hat" den Betrieb, "ist" aber nicht der "Betrieb". So wie die Mitunternehmerschaft ohne Betrieb fortbestehen kann, kann grds auch der Betrieb ohne die Mitunternehmerschaft fortbestehen. Allgemein zu den Voraussetzungen der Beendigung einer Mitunternehmerschaft s § 15 Rn 20f (Bitz).

 

Rn. 1403

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Die Frage ist deshalb von Relevanz, weil sich hieran die Unterscheidung zwischen echter und unechter Realteilung anknüpft und diese Differenzierung wiederum für die Frage bedeutsam ist, auf welcher Ebene Gewinne, die aus der Entnahme einzelner WG in das PV resultieren, zu versteuern sind (s Rn 1751). Diese steuerlichen Folgen lassen sich zwar in der Praxis durch entsprechende Berücksichtigung in der Realteilungsvereinbarung regeln, es wird aber deutlich, dass die von der Rspr vorgenommene Unterscheidung zu Unstimmigkeiten führt. Die Rspr behilft sich im Hinblick auf diese semantische Unklarheit damit, dass sie für die Frage, ob eine Betriebsaufgabe vorliegt, auf die Sicht der Gesellschaft abstellt (BFH v 15.01.2019, VIII R 24/15, BFH/NV 2019, 940). Dennoch ist insoweit der Begriff der Betriebsaufgabe aufgrund echter Realteilung inhaltlich ein anderer als der bei der "originären" Betriebsaufgabe nach § 16 Abs 3 S 1 EStG; zu deren Voraussetzungen bzw Merkmalen s Rn 951f.

 

Rn. 1404

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Die echte Realteilung verwirklicht somit – auf Ebene der Mitunternehmerschaft – den Tatbestand der Betriebsaufgabe iSd § 16 Abs 3 S 1 EStG (BFH v 16.03.2017, IV R 31/14, BStBl II 2019, 24; BMF v 19.12.2018, BStBl I 2019, 6 Tz 1; Günther, ErbStB 2019, 57; Hess, BB 2019, 239), mit der in § 16 Abs 3 S 2 EStG statuierten speziellen Rechtsfolge der Buchwertfortführung.

 

Rn. 1405

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Damit ist diese Form der realteilungsbedingten Betriebsaufgabe von der originären Betriebsaufgabe durch eine Mitunternehmerschaft abzugrenzen (dazu auch s Rn 928). Bei Ersterer wird die Mitunternehmerschaft aufgelöst und das BV auf die bisherigen Mitunternehmer in der Weise verteilt, dass es jedenfalls teilweise in andere BV der Mitunternehmer übertragen wird.

Die originäre Betriebsaufgabe durch eine Mitunternehmerschaft setzt eine solche Übertragung auf die BV der Mitunternehmer nicht voraus, sondern erfolgt durch Einstellung des bisherigen Betriebs in einem einheitlichen Vorgang.

 
Betriebsaufgabe durch die Mitunternehmerschaft Echte Realteilung als Sonderfall der Betriebsaufgabe
Mitunternehmerschaft muss nicht aufgelöst werden Mitunternehmerschaft wird aufgelöst
Bisheriger betrieblicher Organismus wird in einem einheitlichen Vorgang beendigt Betrieblicher Organismus kann von bisherigem Mitunternehmer fortgeführt werden
WG der Mitunternehmerschaft müssen nicht BV der bisherigen Mitunternehmer werden WG der Mitunternehmerschaft müssen (zum Teil) in BV der bisherigen Mitunternehmer übernommen werden
Entstehung eine Aufgabegewinns durch Ansatz des gemeinen Werts Kein Aufgabegewinn aufgrund Buchwertfortführung
Vergünstigung nach §§ 16, 34 EStG möglich Keine Vergünstigung, auch nicht bei Entnahme/Veräußerung einzelner WG

Wenn man mit der Rspr für die Frage, ob bei einer echten Realteilung eine Betriebsaufgabe vorliegt, auf die Sicht d...

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