Fallen bei einem linear abgeschriebenen Gebäude (bzw. selbstständigen Gebäudeteil) nachträgliche Anschaffungs-/Herstellungskosten an, führt dies zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage.

Wann im Laufe des Jahres die Aufwendungen entstehen, ist unerheblich, da die nachträglichen Aufwendungen so berücksichtigt werden können, als wären sie zu Beginn des Jahres aufgewendet worden.[1]

Nach ständiger Rechtsprechung führen nachträgliche Herstellungskosten an Gebäuden, die den typisierten AfA-Sätzen nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG unterliegen, dazu, dass der bisherige AfA-Satz auf die um die nachträglichen Aufwendungen erhöhte Bemessungsgrundlage angewandt und damit grundsätzlich der bisherige Abschreibungszeitraum verlängert wird.[2] Dies gilt auch, soweit das ursprüngliche AfA-Volumen schon vollständig abgeschrieben worden ist. Wird in den Fällen des § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG auf diese Weise die volle Absetzung innerhalb der tatsächlichen Nutzungsdauer nicht erreicht, kann die AfA vom Zeitpunkt der Beendigung der nachträglichen Herstellungsarbeiten an nach der Restnutzungsdauer des Gebäudes bemessen werden.[3]

 
Praxis-Beispiel

AfA nach nachträglichen Baumaßnahmen

Bei einem im Januar 2006 fertiggestellten Mietwohngrundstück (Herstellungskosten 900.000 EUR) fallen in 2023 100.000 EUR nachträgliche Herstellungskosten an.

Variante 1 (AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG): Das Gebäude wird mit 2 % linear abgeschrieben.

Variante 2 (AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG): Da die tatsächliche Nutzungsdauer (= 25 Jahre) des Gebäudes unter der gesetzlichen fiktiven Nutzungsdauer des § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG liegt, erfolgt die Abschreibung nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG mit 4 %.

Lösung Variante 1

Fallen bei einem Wirtschaftsgut, das nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG abgeschrieben wird, nachträgliche Herstellungskosten an, führt dies zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage. Der Abschreibungssatz erfährt keine Änderung.[4] Die Abschreibung erfolgt bis zur Vollabschreibung des Wirtschaftsguts. Hierdurch kann sich der Abschreibungszeitraum über 33, 25, 50 oder 40 Jahre hinaus verlängern.

 
2006–2022 je 2 % von 900.000 EUR = 18.000 EUR
2023–2055 je 2 % von (900.000 EUR + 100.000 EUR) = 20.000 EUR
31.12.2055 34.000 EUR (Restwert nach insgesamt 50 Jahren)
AfA 2055 = 20.000 EUR
AfA 2056 Rest 14.000 EUR

Lösung Variante 2

Fallen im Zusammenhang mit einem Wirtschaftsgut, das nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG abgeschrieben wird, nachträgliche Herstellungskosten an, bemisst sich die weitere AfA vom Jahr der Entstehung der nachträglichen Herstellungskosten nach der Restnutzungsdauer.[5] Beim Anfall von nachträglichen Herstellungskosten ist die Restnutzungsdauer unter Berücksichtigung des Zustands des Gebäudes im Zeitpunkt der Beendigung der nachträglichen Herstellungsarbeiten neu zu schätzen.[6]

Für den Fall nachträglicher Herstellungskosten (ohne Änderung der Restnutzungsdauer):

 
2006–2022 je 4 % von 900.000 EUR = 36.000 EUR
2023–2030

(Restbuchwert + nachträgliche Herstellungskosten) : verbleibende Restnutzungsdauer = neue Jahres-AfA

(288.000 EUR + 100.000 EUR) : (25 Jahre – 17 Jahre) = 48.500 EUR

Für den Fall nachträglicher Herstellungskosten (Restnutzungsdauer z. B. 20 Jahre):

 
2006–2022 je 4 % von 900.000 EUR = 36.000 EUR
2023–2050

(Restbuchwert + nachträgliche Herstellungskosten) : neu geschätzte Restnutzungsdauer = neue Jahres-AfA

(288.000 EUR + 100.000 EUR) : 20 Jahre = 19.400 EUR

Die Finanzverwaltung lässt aus Vereinfachungsgründen aber auch zu, die weitere AfA nach dem bisher angewandten Vomhundertsatz zu bemessen.[7] Eine Schätzung der Restnutzungsdauer kann dann unterbleiben. Die ursprüngliche Bemessungsgrundlage ist um die nachträglichen Herstellungskosten zu erhöhen.

Lösung nach R 7.4 Abs. 9 Satz 2 EStR:

 
2006–2022 je 4 % von 900.000 EUR = 36.000 EUR
2023–2030 je 4 % von (900.000 EUR + 100.000 EUR) = 40.000 EUR
2030 68.000 EUR (Restwert ist am Ende der ­tatsächlichen Nutzungsdauer ebenfalls ­abzusetzen).

Die Inanspruchnahme erhöhter AfA nach § 7i EStG führt zu einem gesonderten Abschreibungsvolumen im Umfang der begünstigten Aufwendungen. Der Teil der Anschaffungskosten bzw. der Herstellungskosten, der nicht die Voraussetzungen des § 7i EStG erfüllt, bildet eine eigene Bemessungsgrundlage für die restliche lineare oder degressive Gebäude-AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG bzw. § 7 Abs. 5 EStG. Ein nach Ende des Begünstigungszeitraums des § 7i EStG etwaiger verbleibender Restwert erhöht die normale Gebäude-AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG oder § 7 Abs. 5 EStG und ist im Ergebnis wie nachträgliche Herstellungskosten zu behandeln.[8]

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