Nachgehend

OLG München (Urteil vom 28.09.2011; Aktenzeichen 7 U 711/11)

 

Tenor

I. Die Klagen werden abgewiesen.

II. Die Kläger sowie die dem Rechtsstreit auf Seiten der Kläger beigetretenen Nebenintervenienten tragen die Kosten des Rechtsstreits zu gleichen Teilen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger sowie die dem Rechtsstreit auf Seiten der Kläger beigetretenen Nebenintervenienten können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 105 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht vor der Vollstreckung die Beklagte jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Der Streitwert wird auf EUR 500.000,– festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des einzigen auf der außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 5.10.2009 gefassten Beschlusses über einen Squeeze out.

I.

1. Die Beklagte war im Zeitpunkt ihrer außerordentlichen Hauptversammlung am 5.10.2009 eine börsennotierte Aktiengesellschaft. Ihr Unternehmensgegenstand lag in der Leitung einer internationalen Unternehmensgruppe, die insbesondere im Bereich der Immobilienfinanzierung, immobilienbezogener Bankgeschäfte, des Immobiliengeschäfts sowie aller damit jeweils in Zusammenhang stehender Finanzierungs-, Beratungs-, Vermittlungs- und sonstiger Dienstleistungen aller Art sowie im sonstigen Bankgeschäft; die Gesellschaft konnte auch Beteiligungen an Kreditinstituten, insbesondere Pfandbriefbanken sowie Finanzdienstleistungsinstituten halten, wobei nur solche Geschäfte von ihrem Unternehmensgegenstand ausgenommen waren, die einer staatlichen Genehmigung bedürfen, insbesondere das Betreiben von Bankgeschäften sowie von Finanzdienstleistungsgeschäften im Sinne von § 1 Abs. 1 und Abs. 1 a KWG. Das operative Bankgeschäft übten mehrere 100%-ige Tochtergesellschaften der Beklagten aus.

Infolge der sich verschärfenden Finanzmarktkrise in der zweiten Hälfte des Jahres 2008 und des Zusammenbruchs der US-amerikanischen Investmentbank L. B. kam ab Mitte September 2008 der Interbankenmarkt, auf dem sich Banken untereinander Geld leihen, fast vollständig zum Erliegen, wodurch die Beklagte in eine ihre Existenz bedrohende Krise geriet. Ohne Zuführung erheblicher zusätzlicher Mittel drohte die Schließung der Beklagten durch die Aufsichtsbehörden. Am 31.12.2008 hatte die Beklagte eine Bilanzsumme von EUR 419,7 Mrd. und zählte damit zu den größten Kreditinstituten Deutschlands.

Am 23.3.2009 beschloss der Vorstand der Beklagten mit Zustimmung des Aufsichtsrats das ursprüngliche Grundkapital der Beklagten im Rahmen einer Barkapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital um EUR 60 Mio. auf EUR 633.253.560 durch die Ausgabe von 20 Millionen neuen, auf den Inhaber lautenden Stückaktien unter Ausschluss des Bezugsrechts zu erhöhen. Der SoFFin zeichnete die 20 Millionen neuen Aktien am 28.3.2009 zu einem Bezugspreis von EUR 3,– je Aktie. Am 31.3.2009 erfolgte die Eintragung dieser Kapitalerhöhung in das Handelsregister.

Im Anschluss daran unterbreitete die Bundesrepublik Deutschland, handelnd durch den Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (im Folgenden: SoFFin), am 9.4.2009 den Aktionären der Beklagten ein öffentliches Übernahmeangebot zum Erwerb ihrer Aktien an der Beklagten zum Kaufpreis von EUR 1,39 je Aktie. Die Annahmefrist für dieses freiwillige öffentliche Übernahmeangebot endete am 4.5.2009. In Folge dieses Übernahmeangebots erhöhte sich durch Aktienerwerb die Beteiligung des SoFFin an der Beklagten auf ca. 47,31% des damaligen Grundkapitals und der Stimmrechte.

Die Hauptversammlung der Beklagten vom 2.6.2009 fasste den Beschluss, das Grundkapital der Beklagten von EUR 693.253.560,– gegen Bareinlagen um bis zu EUR 5.639.282.040,– auf bis zu EUR 6.332.535.600,– durch Ausgabe von bis zu 1.879.760.680 neuen, auf den Inhaber lautenden Stückaktien jeweils mit einem auf die einzelne Stückaktie entfallenden anteiligen Betrag am Grundkapital von EUR 3,– zu erhöhen; die neuen Aktien sollten sämtlich vom Finanzmarktstabilisierungsfonds gezeichnet und das gesetzliche Bezugsrecht der Aktionäre dementsprechend ausgeschlossen werden. Gegen diesen Beschluss erhoben mehrere Aktionäre Anfechtungsklagen, die beim Landgericht München I unter dem Aktenzeichen 5 HK O 12377/09 geführt werden.

Infolge der Durchführung dieser Kapitalerhöhung flossen der Beklagten neue Mittel in Höhe von EUR 2.959.632.240,– zu. Am 8.6.2009 erfolgte die Eintragung der Durchführung im Handelsregister der Beklagten; der SoFFin verfügte danach über einen Anteil am Grundkapital sowie einen Stimmrechtsanteil von 90 %. Die Bundesrepublik Deutschland übermittelte der Beklagten darauf hin am 8.6.2009 folgende Mitteilung (Anlage B 20):

„Stimmrechtsmitteilung gemäß § 21 Abs. 1 WpHG

Mitteilungspflichtige:

Bundesrepublik Deutschland, handelnd durch den Finanzmarktstabilisierungsfonds, …, Deutschland, dieser vertreten durch die Finanzmarktstabilisierungsanstalt, c/o …, Deutschland.

Emittent:

Hypo Real Estate Holding AG

Bundesrepublik Deutschland

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