Rz. 168

[Autor/Stand] Die Grundsteuermesszahl für den Äquivalenzbetrag der Wohnflächen wird gemäß § 4 Abs. 2 HmbGrStG von Amts wegen um 25 Prozent ermäßigt, wenn eine normale Wohnlage vorliegt. Mit der Begünstigung der normalen Wohnlage will der hamburgische Gesetzgeber Stadtentwicklungsaspekte berücksichtigen, um durch eine niedrigere Grundsteuerbelastung normale Wohnlagen für Mieter sowie Eigentümer attraktiver zu machen. Die Begünstigung ist nach Auffassung des hamburgischen Gesetzgebers angebracht, da Flächen in guten Wohnlagen eine typisiert höhere Nutzbarkeit für Wohnzwecke aufweisen sollen und wohnwerterhöhende Faktoren wie die Nähe zu Parks, Schnellbahnhaltestellen und anderen Infrastruktureinrichtungen, die Gegenstand öffentlicher Investitionen sind, eine wichtige Rolle bei der Bestimmung der Wohnlage spielen.[2] Die Ermäßigung um 25 Prozent für Wohnflächen in normaler Lage wird zusätzlich zu der Ermäßigung für Wohnflächen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 HmbGrStG gewährt, sodass sich die Grundsteuermesszahl in diesen Fällen um 47,5 Prozent auf 52,5 Prozent (70 %–25 %) verringert. Sofern weitere Ermäßigungen zusätzlich greifen (vgl. § 4 Abs. 3 und 4 HmbGrStG) kann die Grundsteuermesszahl in Einzelfällen sogar auf rd. 29,5 Prozent sinken.

 

Rz. 169

[Autor/Stand] Der Senat wird nach § 4 Abs. 2 Satz 2 HmbGrStG ermächtigt, durch Rechtsverordnung für Zwecke der Grundsteuer ein Verzeichnis für gute und normale Wohnlagen zu erlassen. Hierzu wird die Rechtsverordnung des Hamburger Wohnlagenverzeichnisses für Zwecke der Grundsteuer künftig – ausgehend vom anerkannten und bewährten Verfahren der Mietenspiegel- und Wohnlagenverzeichnis-Erhebung – regelmäßig angepasst, um neue Erkenntnisse zu den Wohnlagen abzubilden. Das Wohnlageverzeichnis berücksichtigt neben Bodenrichtwerten auch andere Komponenten (z.B. die Erreichbarkeit des ÖPNV, dem Grünflächenanteil, die Entfernung zum Einzelhandel, den Statusindex) und soll damit ein genaues Bild der Lage und der Förderungswürdigkeit bilden.

 

Rz. 170

[Autor/Stand] Das bisherige methodische Konzept der Wohnlagenzuordnung im Hamburger Mietenspiegel stammt aus dem Jahr 1995; damals wurde mithilfe multivarianter statistischer Analysen der Einfluss einzelner Merkmale und Indikatoren (wobei teilweise mehrere Einzelmerkmale einen Indikator bilden) auf die Wohnlageneinstufung untersucht; ferner wurde untersucht wie groß der jeweilige Einfluss des Gebietsstatus (Bodenwert, Bevölkerungsstruktur, Wohnlagenniveau), der Verdichtung (Bebauungsdichte, Einwohnerdichte, durchschnittliche Stockwerkszahl), Grünflächenanteil, ÖPNV-Anbindung, Lärmquellen (zum Beispiel Gewerbe, Schulen) und der Verkehrsbelastung ist. Im Jahr 2017 wurde eine weitreichende Überprüfung und Erweiterung des zugrundeliegenden Indikatorenkatalogs, eine Aktualisierung der Datenbasis sowie eine komplette Neuberechnung für alle Blockseiten in Hamburg vorgenommen. Einteilungskriterien sind insgesamt neun Indikatoren: der Statusindex, der Bodenrichtwert, Grünflächen, die Einwohnerdichte, die Art der Straße (4+ Spuren), die Entfernung zur U-/S-Bahn/AKN, Lärmbelästigung, die Entfernung zum Metrobus und die Entfernung zum Einzelhandel. Die Gewichtung der jeweiligen Lageindikatoren kann dem Wohnlagenverzeichnis nicht entnommen werden. Zuletzt wurde das Wohnlagenverzeichnis 2021 veröffentlicht.[5]

 

Rz. 171

[Autor/Stand] Die Berücksichtigung des Bodenrichtwerts und anderer m.E. auch wertbeeinflussender Faktoren könnte dazu führen, dass es sich bei dem Wohnlagemodell um ein sog. Mischmodell handelt, da das wertunabhängige Flächenmodell mit wertabhängigen Faktoren (wenn auch nur im Rahmen einer Begünstigung für bestimmte Flächen) vermischt wird. Anders als im hessischen Flächen-Faktor-Modell und im niedersächsischen Flächen-Lage-Modell sieht das Wohnlagemodell allerdings keinen bodenrichtwertabhängigen Faktor für alle wirtschaftlichen Einheiten vor. Die Begünstigung von Wohnen und der besonderen Begünstigung von Wohngrundstücken in normalen Lagen wird mit der Berücksichtigungsmöglichkeit von Stadtentwicklungsgesichtspunkten begründet.[7] Die Förderung von Wohnen beruht also auch in diesem Modell auf politischen Zielen. Die Ermäßigung für Wohngrundstücke in normalen Lagen wird darüber hinaus mit dem Äquivalenzprinzip gestützt. Grundstücke in guten Lagen sollen demnach mehr von dem Angebot der kommunalen Infrastruktur profitieren und deshalb höher belastet werden.[8] Dies kann im Wohnlagemodell m.E. tatsächlich überzeugen, da die Einteilung der Grundstücke in normale und gute Lagen anhand von insgesamt neun Kriterien – darunter u.a. die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und die Entfernung zu Grünflächen – erfolgt. Die kommunale Infrastruktur spielt in diesem Modell damit – im Gegensatz zum Flächen-Faktor- und Flächen-Lage-Modell tatsächlich eine Rolle. Es könnte in diesem Zusammenhang allerdings kritisch zu betrachten sein, dass die insgesamt neun Indikatoren dennoch nur für eine grobe zweifache Differenzierung (gute/normale Lage) verwen...

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