Rz. 3

[Autor/Stand] Alle Maßnahmen der FinB, die unmittelbar in die Rechtsstellung von Personen eingreifen, müssen den davon Betroffenen formlos bekannt gemacht werden (§ 50 Abs. 1 Satz 1 OWiG). Wird durch die Bekanntmachung allerdings eine Rechtsbehelfsfrist in Gang gesetzt, wie z.B. beim Bußgeldbescheid (§ 67 OWiG), bei Kostenentscheidungen (§ 108 Abs. 1 OWiG) oder bei der nachträglichen Einziehungsanordnung (§ 100 Abs. 2 OWiG), so erfolgt die Zustellung durch förmlichen Bescheid mit Rechtsbehelfsbelehrung (§ 50 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 OWiG). Mit der Zustellung beginnt gem. § 67 OWiG die Rechtsbehelfsfrist (z.B. für den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid).

Wegen der Einzelheiten vgl. die Kommentierung zum VwZG bei HHSp.[2]

 

Rz. 4

[Autor/Stand] Als Zustellungsarten nennt das VwZG (wahlweise, vgl. § 2 Abs. 3 VwZG) die Zustellung durch die Post (Postzustellungsurkunde, § 3 VwZG; nach Nr. 116 AStBV (St) 2020 [s. AStBV Rz. 116] die Regelzustellungsart; Einschreiben, § 4 VwZG) oder durch Aushändigung durch die Behörde gegen Empfangsbekenntnis (§ 5 VwZG), die Ersatzzustellung (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwZG i.V.m. § 178 ZPO)[4], bei Verweigerung der Annahme (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 VwZG i.V.m. § 179 ZPO), die elektronische Zustellung (§ 5a VwZG), die Zustellung im Ausland (§ 9 VwZG) und die öffentliche Zustellung (§ 10 VwZG)[5].

 

Rz. 5

[Autor/Stand] Nach § 412 Abs. 1 Satz 2 AO i.V.m. § 51 Abs. 1 Satz 2 OWiG genügt es bei Ausfertigung des Bußgeldbescheids mittels automatischer Einrichtungen, dass das Schriftstück mit dem Abdruck des Dienstsiegels der Verwaltungsbehörde versehen ist.

 

Rz. 5.1

[Autor/Stand] Nach § 412 Abs. 1 Satz 2 AO i.V.m. § 51 Abs. 2 OWiG ist der Bescheid nicht nur dem Betroffenen zuzustellen, sondern, wenn er einen gesetzlichen Vertreter hat, ist er auch diesem (formlos) mitzuteilen. Wahlverteidiger, deren Vollmacht sich bei den Akten befindet, sowie Pflichtverteidiger gelten als zustellungsermächtigt (§ 51 Abs. 3 OWiG). Die Vorlage einer "außergerichtlichen" Vollmacht durch den Anwalt zwecks Verjährungsfalle hält die Rspr. (s. Nachw. bei § 410 Rz. 77) für rechtsmissbräuchlich. Zu Recht wird dem entgegengehalten, dass eine Notwendigkeit einer schriftlichen Bevollmächtigung nicht besteht (s. § 392 Rz. 659 f.)[8]. Daher muss es genügen, wenn der Verteidiger seine ordnungsgemäße Bevollmächtigung und seine Berechtigung zum Empfang von Zustellungen anwaltlich versichert oder eine in Schriftform vorhandene Strafprozessvollmacht nicht vorlegt[9].

Erfolgt die Zustellung an den Verteidiger (mit den Formerleichterungen des § 5 Abs. 4 VwZG), so muss der Betroffene hiervon unterrichtet werden. Bei Zustellung an den Betroffenen erhält der Verteidiger eine entsprechende (formlose) Mitteilung. Die fehlende Benachrichtigung des anderen Empfangsberechtigten soll nicht das rechtliche Gehör verletzen[10]. Zu Recht hält Tormöhlen[11] diese Auffassung für nicht überzeugend. Sie lässt sich jedenfalls nicht mit dem Charakter der Benachrichtigungspflicht als bloßer "Ordnungsvorschrift" begründen.

 

Rz. 5.2

[Autor/Stand] Durch die Zustellung wird die Rechtsmittelfrist in Gang gesetzt (§ 67 Abs. 1 Satz 1 OWiG; s. § 410 Rz. 76 f.).

 

Rz. 5.3

[Autor/Stand] Nach § 412 Abs. 1 Satz 2 AO i.V.m. § 51 Abs. 4 OWiG beginnt die Rechtsmittelfrist bei einer Zustellung an mehrere Empfangsberechtigte (z.B. Betroffener und Verteidiger) mit der zuletzt bewirkten Zustellung. Nach § 412 Abs. 1 Satz 2 AO i.V.m. § 51 Abs. 5 OWiG finden folgende Bestimmungen des VwZG keine Anwendung: § 6 Abs. 1 VwZG (Zustellung an den gesetzlichen Vertreter bei Geschäftsunfähigkeit), § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 und Abs. 2 VwZG (Zustellung an Bevollmächtigte) sowie die entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen.

 

Rz. 5.4

[Autor/Stand] Werden bei der Zustellung zwingende Formvorschriften missachtet[15] oder kann die Behörde den Zugang nicht nachweisen[16], führt dies zur Unwirksamkeit der Zustellung. Der Bescheid wird dadurch aber nicht unwirksam, sondern es wird nur keine Frist in Gang gesetzt[17].

 

Rz. 5.5

[Autor/Stand] Eine unwirksame Zustellung muss wiederholt werden. Die Heilung von Zustellungsmängeln ist für Bundesbehörden aufgrund der generellen Verweisung in § 51 Ab. 1 Satz 1 OWiG auf das VwZG, und damit auf § 8 VwZG möglich; für Landesbehörden (z.B. das FA) gilt Entsprechendes nach Landesrecht[19].

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2020
[2] HHSp., § 1 VwZG Rz. 1 ff.
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2020
[5] Einzelheiten dazu bei Seitz/Bauer in Göhler17, § 51 OWiG Rz. 31 ff.; Rebmann/Roth/Herrmann, § 51 OWiG Rz. 4 ff.; Tormöhlen in HHSp., § 412 AO Rz. 5–15a m.w.N.
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2020
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2020
[8] Vgl. Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt62, vor § 137 StPO Rz. 9; Bach in ERST, § 412 AO Rz. 4; a.A. Jäger in Klein14, § 392 AO Rz. 7.
[9] So die Empfehlung von Bach in ERST, § 412 AO Rz. 4.
[10] BVerfG v. 2.5.1978...

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