Rz. 38

[Autor/Stand] Der Beschuldigte/Angeklagte kann während eines Strafverfahrens nach seiner Wahl beliebig viele Strafverteidiger, steuerliche Berater oder Hochschullehrer mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragen, jedoch nicht mehr als drei (Wahl-)Verteidiger gleichzeitig (§ 137 Abs. 1 StPO). Grundsätzlich sind die Kosten mehrerer Verteidiger jedoch gem. § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO i.V.m. § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO nur insoweit erstattungsfähig, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen[2] oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste.

Gleiches gilt über die Einbeziehung des § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO in § 408 AO für die Hinzuziehung mehrerer steuerlicher Berater[3].

Die Mehrkosten eines Verteidigerwechsels sind nur dann erstattungsfähig, wenn der Wechsel erforderlich war und weder der Stpfl. noch der zunächst beauftragte Rechtsanwalt ihn verschuldet haben[4]. Auch wenn der Beschuldigte sich nach Abgabe der Steuerstrafsache von der FinB an die StA entschließt, seine Verteidigung von dem steuerlichen Berater auf einen Anwalt zu übertragen, sind die bis zur Abgabe der Sachen entstandenen Aufwendungen erstattungsfähig. Es liegt ein notwendiger Wechsel in der Person des Verteidigers aufgrund gesetzlicher Vorschriften vor (vgl. § 392 Abs. 1 AO, s. § 392 Rz. 66, 69, 91 ff.)[5].

 

Rz. 39

[Autor/Stand] Umstritten ist, ob die begrenzte Kostenerstattung auch im Falle der gemeinschaftlichen Verteidigung durch einen Rechtsanwalt und einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe gem. § 392 Abs. 1 Halbs. 2 AO gilt.

 

Rz. 40

[Autor/Stand] Dies wird von einer Ansicht bejaht. Danach sind grds. nur die Auslagen für einen Verteidiger zu erstatten bzw. für beide nur in Höhe der Gebühren eines Rechtsanwalts[8]. Eine Ausnahme von der Regelung der § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO, § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO zugunsten der Angehörigen der steuerberatenden Berufe sei nicht zulässig.

 

Rz. 41

[Autor/Stand] Demgegenüber enthält anderer Ansicht nach § 408 AO eine Ausnahmeregelung von dem Grundsatz, dass nur die Kosten für einen Verteidiger zu ersetzen sind. Die Erstattung der Kosten für den steuerlichen Berater kann demnach neben den Anwaltskosten beansprucht werden[10]. Ob die Mitwirkung eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe notwendig war, sei nicht zu prüfen. Zur Begründung wird auf die Regelung des § 392 AO, den Wortlaut des § 408 AO ("auch", d.h. zusätzlich), die vergleichbare Handhabung im Zivilprozess bei Hinzuziehung eines Patentanwalts sowie auf das Prinzip der Waffengleichheit verwiesen (s. näher Rz. 44).

 

Rz. 42

[Autor/Stand] Die Rspr. legt § 408 AO überwiegend eng aus. Nach Ansicht des LG Hildesheim[12] sind die Auslagen eines neben einem Rechtsanwalt herangezogenen Steuerfachmannes nur erstattungsfähig, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich waren. Da in dem vom LG Hildesheim entschiedenen Fall nach dessen Ansicht die steuerlichen Grundfragen bereits im Vorverfahren weitestgehend geklärt waren, habe für das anschließende gerichtliche Verfahren deshalb keine Notwendigkeit bestanden, neben dem Verteidiger einen besonderen Steuerfachmann heranzuziehen, zumal die in dem Verfahren auftretenden Probleme steuerstrafrechtlicher und -verfahrensrechtlicher Art gewesen seien, für die der bereits bestellte Rechtsanwalt die erforderliche Kompetenz besessen habe. Die gegen diesen Beschluss des LG Hildesheim eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG nach § 93a Abs. 3 BVerfGG nicht zur Entscheidung angenommen und die Auffassung des LG bestätigt[13].

Auch das LG Münster[14] hat die Erstattung doppelter Verteidigerkosten bei Beauftragung eines Steuerberaters als weiterem Verteidiger in der Hauptverhandlung nach Verfahrenseinstellung abgelehnt.

Das KG[15] hat demgegenüber die Erstattungsfähigkeit doppelter Auslagen unter der Voraussetzung bejaht, dass die gemeinsame Verteidigung erforderlich sei. Hinsichtlich der Gebühren für den Angehörigen der steuerberatenden Berufe ist nach Ansicht des KG die jeweilige Mittelgebühr in aller Regel als angemessene Vergütung anzusehen.

 

Rz. 43

[Autor/Stand] Es bleibt festzuhalten, dass das BVerfG die doppelte Kostenerstattung bei der gemeinsamen Verteidigung durch einen Rechtsanwalt und einen Berufsangehörigen nicht grds. ausgeschlossen hat, sondern es hat lediglich die Nichterstattung im Entscheidungsfall (die steuerlichen Fragen waren bereits im Ermittlungsverfahren geklärt) aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht beanstandet sowie die Erstattung der gesamten Kosten der gemeinschaftlichen Verteidigung in jedem Fall für nicht geboten erachtet.

Das LG Münster verkennt zudem Sinn und Zweck der §§ 392, 408 AO, wenn es offenbar davon ausgeht, dass der steuerliche Berater in Steuerstrafsachen generell als Alleinverteidiger auftreten könne, so dass die Kosten eines Steuerberaters neben denen eines Rechtsanwalts nur zu erstatten seien, wenn ein Fall notwendiger (gemeinschaftlicher) Verteidigung i.S.d. § 392 Abs. 2 AO, § 138 Abs. 2, § 140 StPO vorliege[17]. Eine solc...

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