Rz. 1

[Autor/Stand] Vorbild und Vorläufer des § 407 AO ist § 441 RAO a.F. § 441 RAO war durch das 1. AOStrafÄndG v. 10.8.1967 in die RAO eingefügt worden. Durch die Regelung waren die früheren Vorschriften der AO (§§ 467, 472 RAO 1931) abgelöst worden, durch die dem FA kraft Gesetzes, d.h. ohne das Erfordernis einer Anschlusserklärung und ohne gerichtliche Zulassung (§ 396 StPO), die Rechte des Nebenklägers (§ 397 StPO) eingeräumt waren. Das vormalige Nebenklagerecht wurde auf ein Anhörungs- und Fragerecht reduziert[2] und die FinB kann seitdem nicht mehr als Nebenklägerin angesehen werden[3].

In § 407 AO sind die Rechtsgedanken des § 441 RAO 1967 übernommen und die Stellung der FinB durch Erweiterung ihrer Befugnisse ausgebaut worden (vgl. § 407 Abs. 1 Satz 3 und 5 AO[4]). Dass in § 407 AO im Gegensatz zu § 441 RAO von der "Finanzbehörde" statt von dem "Finanzamt" die Rede ist, ergibt sich daraus, dass nach § 386 Abs. 1 Satz 2 AO im Steuerstraf- und Bußgeldverfahren neben dem FA auch das HZA, das BZSt und die Familienkasse Ermittlungsbehörden sind.

 

Rz. 2

[Autor/Stand] Bereits der Umstand, dass die §§ 406 und 407 AO sich in einem gemeinsamen Unterabschnitt befinden, macht den zwischen den beiden Vorschriften bestehenden Sachzusammenhang deutlich. Beide betreffen die Stellung der FinB im gerichtlichen Verfahren. Während § 406 AO der FinB im Strafbefehlsverfahren und im selbständigen Verfahren für das Verfahrensstadium vor Eröffnung einer Hauptverhandlung noch weiterhin staatsanwaltschaftliche Befugnisse einräumt, ist sie im übrigen gerichtlichen Verfahren nach § 407 AO nur zu beteiligen. Vergleichbares regelt § 403 AO für die Beteiligung der FinB im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren.

Eine Beteiligung i.S.d. § 407 AO ist in all den Fällen anzunehmen, die nicht dem § 406 AO unterfallen, namentlich also

Das zur Ausübung der Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte gebotene Akteneinsichtsrecht ist in § 395 AO geregelt.

 

Rz. 3

[Autor/Stand] Durch die Einräumung besonderer Beteiligungsrechte soll die FinB Gelegenheit erhalten, im Strafverfahren die Gesichtspunkte geltend zu machen, die aus ihrer Sicht für die Entscheidung des Gerichts von Bedeutung sind. Damit soll sichergestellt werden, dass die Sachkunde der FinB insb. auf steuerrechtlichem Gebiet auch im gerichtlichen Verfahren nutzbar gemacht wird[7]. Gleichzeitig wird im Interesse der Strafverfolgung ein Widerstreit verschiedener konkurrierend zuständiger Behörden vermieden.

Die Bedeutung des Beteiligungsrechts der FinB wird dadurch unterstrichen, dass § 407 AO im Unterschied zu § 76 Abs. 2 OWiG nicht als bloße Ermessensvorschrift ausgestaltet ist, sondern dem Gericht die Pflicht auferlegt wird, der FinB Gelegenheit zur Äußerung zu geben[8].

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2020
[2] Vgl. den Bericht des Finanzausschusses zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung strafrechtlicher Vorschriften der AO, BT-Drucks. V/1941, 3 unten links.
[3] Vgl. auch BGH v. 17.12.2014 – 1 StR 324/14, ZWH 2015, 113 m. Anm. Beckschäfer = AO-StB 2015, 120 = wistra 2015, 191; Tormöhlen in HHSp., § 407 AO Rz. 9; Webel in Flore/Tsambikakis2, § 407 AO Rz. 1; Güntge in ERST, § 407 AO Rz. 1; a.A. Klaproth in Schwarz/Pahlke, § 407 AO Rz. 2b: gesetzliche Nebenklägerschaft in modifizierter Form.
[4] S. auch Bericht BT-Drucks. VI/1982, 201; BT-Drucks. 7/1261, 52 zu Nr. 42.
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2020
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2020
[7] Vgl. auch Joecks in JJR8, § 407 AO Rz. 2; Tormöhlen in HHSp., § 407 AO Rz. 4.
[8] Vgl. Tormöhlen in HHSp., § 407 AO Rz. 6; Güntge in ERST, § 407 AO Rz. 1.

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